Rund 20.000 Haushalte im Murtal verbrachten die Nacht auf Sonntag ohne Strom. Kein Licht, kein warmes Wasser und oft auch kein Handynetz. Die „Krone“ beim Lokalaugenschein in der finsteren Obersteiermark. Manche genossen das Mittelalter-Comeback, Bauern wiederum standen beim Melken vor neuen Herausforderungen. Kurz vor 17 Uhr wurde wieder Licht!
„Unglaublich, in acht Stunden sind 40 Zentimeter Schnee gefallen“, sagt Klaus Bischof und setzt sich auf die Eckbank, wo es sich auch schon die Katze gemütlich eingerichtet hat und zufrieden vor sich hin schnurrt. Die Familie Bischof in Reifling nahe Judenburg ist eine von rund 20.000 Haushalten, welche die Nacht auf Sonntag ohne Strom verbringen musste. Kein Licht, kein warmes Wasser, mitunter kein Telefonnetz. Die wunderweiße Nacht haben die Bischofs in der warmen Stube samt Holzofen genossen. „Ein Winter wie damals“, sagt Klaus Bischof, der mit seiner Frau Karin eine kleine Nebenerwerbslandwirtschaft betreibt.
Als Lichtquelle in der guten Stube diente ein Adventkranz. „Wir haben ihn Samstag - einen Tag früher als geplant - angezündet, sind zusammengesessen und haben einfach miteinander geredet und gelacht. Es war ein schöner Abend, mein Bruder ist auch noch vorbeigekommen.“ Fernseher, Internet - es geht auch ohne. „Nur jetzt könnte es dann bald wieder funktionieren“, schmunzelt Tochter Eli, die der „Krone“ beim Lokalaugenschein Sonntagvormittag leichte „Entzugserscheinungen“ beichtet.
Die stille Winterzauberwelt ohne Strom hatte für die Bischofs auch was Angenehmes - sie mussten nicht so früh wie sonst aus den Federn. „Normalerweise gehen wir gegen fünf Uhr in der Früh zum Melken in den Stall. Doch ohne Licht ist das nicht möglich, daher sind wir heute später raus.“
Erinnerungen an Peter Rosegger
Ohne Strom keine Melkmaschine. Daher wurde gestern wie in der guten alten Zeit mit der Hand gemolken. Drei Kühe und zwei Pferde stehen im Bischof-Stall - unweit davon steht der Muhr-Bauernhof. Bei 70 Kühen kommt man mit der Handarbeit nicht weit. Ein Notstromaggregat hat dem Bauern beim weißen Gold seiner Kühe aus der Patsche geholfen. Vier davon waren in der Gegend im Einsatz, die Bauern haben sie weitergereicht, damit jeder seiner Arbeit nachgehen konnte.
Während rotwangige Kinder die Winterlandschaft, die an Peter Roseggers Geschichten aus der Waldheimat erinnerten, in vollen Zügen auskosteten, arbeiteten rund 50 Mann oben am Berg an der Wiederherstellung des Stromnetzes im finsteren Murtal. „Wir haben die ganze Nacht durchgearbeitet“, erzählt Peter Hopf, der die Energie Steiermark mit den nötigen Maschinen im unwegsamen Gelände unterstützt hat. Nur ein Tee am Morgen wärmte die unermüdlichen Heinzelmännchen im Morgengrauen.
Beim Krone-Besuch hatte der Tross die Heidenarbeit schon fast vollbracht. „Kommt nichts mehr dazwischen, gibt es in zwei, drei Stunden endlich wieder Strom“, sagt ein Techniker der Energie Steiermark, während hinter ihm ein provisorischer Strommast errichtet wird. Dahinter der „Übeltäter“, der das Murtal für eine Nacht zurück ins finstere Mittelalter katapultiert hat: Der 110kw-Gittermast war ob der Schneemassen eingeknickt wie ein Streichholz. Wie eine Trauerweide nach einem Blitzschlag stand er in der prachtvollen Winterlandschaft.
Am Sonntag kurz vor 17 Uhr war es dann endlich wieder so weit - das Murtal hatte wieder Strom.
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