Traurige Geschworenenverhandlung in St. Pölten, nur drei Wochen vor Weihnachten. Dort nahm am Montag jene Mutter im großen Schwurgerichtssaal Platz, die im Sommer ihre beiden Töchter (sieben Jahre und sieben Monate alt) in Absdorf (NÖ) im Pool ertränkt hatte und anschließend mit ihrem Auto in suizidaler Absicht gegen einen Baum raste. Die Entscheidung auf Einweisung in eine Anstalt fiel nach weniger als einer Stunde Beratung einstimmig.
„Sie wissen, warum Sie heute hier sind“, leitet der Richter ein, nachdem der Betroffenen von Justizwachebeamten die Handschellen abgenommen wurden. „Natürlich“, antwortet die 37-Jährige. „Weil ich meine Kinder getötet habe“, sagt sie in klaren Worten. Die zierliche Frau wirkt zu Beginn der Verhandlung gefasst.
„Sah Welt als Hort des Bösen!“
Verteidigerin Astrid Wagner spricht in ihrem Plädoyer über die schwere psychische Erkrankung der Frau: „Es war ihr unmöglich, in ihrem Wahn das Unrecht ihrer Tat zu erkennen. Sie sah die Welt als Hort des Bösen“, führt Wagner aus. „Können Sie sich noch an den 24. Juli erinnern?“, fragt der Richter. „Eher vage“, antwortet die Frau. Auf Details zu dem schrecklichen Vorfall, der durch die Aufzeichnung einer beim Pool montierten Videokamera dokumentiert ist, wird von allen Prozessparteien verzichtet.
„Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor?“ „Wenn ich das wüsste. Ich denke, dass ich die Maßnahme durchmache und mir dann ein neues Leben aufbaue.“ In der Verhandlung geht es nicht um eine Freiheitsstrafe, sondern um die Unterbringung der Frau, die Ausbildungen zur Krankenpflegerin und zur Logopädin absolviert hat, in einem forensisch-therapeutischen Zentrum.
Ich denke, dass ich die Maßnahme durchmache und mir dann ein neues Leben aufbaue.
Frau P. im Gericht über ihre Zukunft.
Irrationale Ängste und Sorgen um die Kinder
Jetzt kommen die Gutachter zu Wort. Deutliche Worte findet Peter Hofmann, der psychiatrische Sachverständiger. Er berichtet davon, wie sich bei Frau P. in den letzten Jahren eine schwerwiegende, nachhaltige Geisteskrankheit manifestierte: „Sie entwickelte zunehmend hypochondrische Ideen und wahnhafte Überzeugungen.“ Zuerst betrafen diese sie selbst, sie dachte, sie hätte Krebs oder andere unheilbare Krankheiten. „Nach außen hin war sie leistungsfähig und fit, doch im Inneren wuchs eine schwere Zwangskrankheit.“
„Empathieloser Vorgang“
Letztlich entwickelten sich irrationale Ängste, die ihre Töchter betrafen: „Der Erlösungsgedanke spielte eine Rolle“, sagt Hofmann, der aber auch klar festhält: „Es war ein rücksichtsloser, empathieloser Vorgang. Für die Frau hat sich alles so verengt und so verdichtet, dass alles andere egal war. Die Töchter hatten ihr Leben noch vor sich.“ Als Hofmann diesen Satz spricht, greift sich Frau P. zu den Augen.
Geschworene entscheiden einstimmig
Die Geschworenen, durch die Bank männlich, entscheiden kurz nach 11 Uhr einstimmig auf Unterbringung von Sabine P. in einem forensisch-therapeutischen Zentrum. Schon jetzt ist die Betroffene in einer Anstalt bei Amstetten in Behandlung. Einmal jährlich wird dort geprüft, ob die Gefährlichkeit der Frau abnimmt und keine Gefahr mehr von ihr ausgeht. In diesem Fall käme eine Entlassung in Frage: „Die Prognose ist sehr ungünstig“, führt Hofmann aus.
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