Agenda-Austria-Studie:

Digitale Verwaltung bei uns „viel zu kompliziert“

Web
04.12.2023 11:53

Österreichs Verwaltung will digitaler werden. Vor wenigen Wochen kündigte der zuständige Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) mehr Geld für diesen Bereich an, etwa den digitalen Personalausweis oder die digitale eCard. Die Finanzspritze scheint notwendig: Einer Studie des Thinktanks Agenda Austria zufolge hat Österreich Aufholbedarf.

Österreichs öffentliche Hand rangiere im Digitalranking nur im Mittelfeld. „Es ist schon sehr viel möglich, aber an der Nutzbarkeit scheitert es“, sagte Studienautor Hanno Lorenz.

„Viel zu kompliziert“
Konkret seien es 90 Prozent der öffentlichen Dienstleistungen, die man inzwischen online erledigen kann. Mit 200 digitalen Amtswegen in 80 Apps biete die Verwaltung ein großes Angebot. „Ein zu großes“, kritisiert Lorenz. „Bei vielen Angeboten weiß man gar nicht, dass es sie gibt, und wenn, sind sie oft viel zu kompliziert in der Anwendung.“

Finanzonline biete beispielsweise rein technisch eine Vielzahl an Services, an der „usability“ hapere es aber noch.Lorenz fehlt dabei ein Gesamtkonzept und „das Gefühl für Funktionalität.“ „Man braucht für alles eine eigene App. Wenn ich es nicht schaffe einen Mehrwert für die Nutzer zu schaffen, brauche ich mich nicht wundern, wenn keiner meine Leistungen in Anspruch nimmt.“

Österreich nur im EU-Mittelfeld
Im Digital Economy and Society Index (DESI) landete Österreich 2022 auf Platz 10. Im aktuellen „eGovernment-Benchmark“ der Europäischen Kommission erreicht Österreich in Bezug auf digitale Dienste für die Bürger den 14. Platz in der EU, bei den Dienstleistungen für Unternehmen ist es Platz 15. Im weltweiten Index der Vereinten Nationen kommt Österreich seit bald zwei Jahrzehnten um den 20. Platz herum zu liegen.

Der Abstand zum Spitzenfeld im Norden des Kontinents ist groß. Dreh- und Angelpunkt von E-Government ist eine digitale Identität, in Österreich also die „ID-Austria.“ Diese nutzen hierzulande allerdings lediglich 9 Prozent (38 nutzen noch die Handysignatur) der Bevölkerung über 15 Jahren, in den nordischen Ländern hingegen weit über 90 Prozent.

Wie es andere Länder machen
Während die Menschen in Finnland, Norwegen, Dänemark und Schweden einfach ihre Bankidentifikation nutzen können, um digitale Verwaltungsleistungen in Anspruch zu nehmen, schaffte es die estnische Regierung, die Bevölkerung von e-IDs zu überzeugen. Obwohl es in Estland keine verpflichtende digitale Kommunikation für die Bürger gibt, machen diese trotzdem fast alles online. 99 Prozent der Steuererklärungen und der Krankheitsdaten werden elektronisch übermittelt, auch wählen, heiraten und ab kommenden Jahr sich scheiden lassen ist dort online möglich. In Dänemark ist jeder über 15 Jahren verpflichtet, elektronische Post von den Behörden empfangen zu können. Die Lösung der skandinavischen Staaten scheint für Österreich jedoch schwierig, da nur 73 Prozent der Menschen Online-Banking nutzen.

Immer noch vor Deutschland
Österreich vergleicht sich gerne mit Deutschland, und zumindest bei der online Verwaltung sei man dem großen Nachbarn deutlich voraus. „Es hilft aber auch nichts, wenn man besser ist als ein Land, das seit zehn Jahren keine Fortschritte mehr gemacht hat.“ Deutschland sei bei der Digitalisierung zwar gut gestartet, habe dann aber „völlig den Faden verloren.“

Eine große Hemmschwelle aufseiten der Bevölkerung ist für Lorenz das Vertrauen in die Politik. Besonders in Sachen Datenschutz hegen viele ein Misstrauen, dem man entgegensteuern sollte. „Analog weiß ich überhaupt nicht, was mit meinen Daten passiert.“ Hier müsse die Regierung „auf die Menschen zugehen“ und vor allem Transparenz schaffen. „Man kann einen rechtlichen Rahmen schaffen, der Datenschutz garantiert.“ Nicht nur sollten bereits bestehende Dialoge digitalisiert werden, man könne „digital auch etwas schaffen, was analog gar nicht möglich ist und damit die Effizienz steigern und den Servicecharakter für die Bürger verbessern.“

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