Nach dreieinhalb Jahren Umbau und Sanierung wird das Wien Museum endlich eröffnet. Und soll ab nun ein Ort der Bildung und des gemütlichen Verweilens werden. Die „Krone“ hat Direktor Matti Bunzl zu einem ersten Rundgang getroffen.
Die Vorfreude war ihm dieser Tage anzumerken, auch wenn er kaum zur Ruhe kam. Im nicht enden wollenden Eilmarsch ging es treppauf, treppab durch 8000 Jahre Geschichte, um noch überall nach dem Rechten zu sehen. „Ich bin von Glück erfüllt“, gestand Matti Bunzl, Direktor des im frischen Glanze erstrahlenden Wien Museums beim „Krone“-Rundgang. Denn jetzt ist es endlich so weit: Das Wien Museum wird heute, Mittwoch, unter großem Medienrummel von Bürgermeister Michael Ludwig offiziell eröffnet!
Kosten und Dauer ganz nach Plan
Dreieinhalb Jahre lang wurde der Oswald-Haertl-Nachkriegsbau nach den Entwürfen der Architekten Ferdinand Certov, Roland Winkler und Klaudia Ruck umgebaut, saniert und neu gestaltet. Wobei man sehr stolz darauf ist, dass alles ganz nach Plan verlaufen ist - sowohl in Sachen Zeit als auch Budget. Trotz Corona- und Energie-Krise konnten die veranschlagten Kosten von 108 Millionen Euro eingehalten werden, so Bunzl.
Nun präsentiert sich das neue Museum als „Wohnzimmer der Wiener“. Denn wenn es nach dem Direktor geht, dann soll das Haus nicht nur ein spannender Ort der Bildung sein, sondern auch zum Verweilen. Mit Café, Restaurant - und der „Terrasse mit dem schönsten Blick auf die Karlskirche“.
Große und kleine Geschichten
Das Wohnzimmer selbst ist trotz der neuen, opulenten Dimensionen ziemlich vollgepackt. Drei Etagen können nun bespielt werden - insgesamt 3.300 m2. Aber 8000 Jahre Stadtgeschichte brauchen halt auch ihren Platz, wenn man sie so richtig erzählen will. Und genau darum geht es Bunzl und seinen Kuratoren. „Die alte Ausstellung war sehr traditionell museal aufgebaut, man wollte vor allem die bedeutsamsten Objekte präsentieren“, so Bunzl. „Uns geht es um die Erzählung - die große Geschichte und viele kleine.“
20. Mai 1887: Gründung des Historischen Museums Wien
26. Juni 1888: Das Museum wird gemeinsam mit der Schausammlung des Waffenmuseums im neuen Wiener Rathaus eröffnet.
23. April 1959: Das Museum zieht um - Eröffnung des neuen Hauses nach einem Entwurf von Oswald Haerdtl auf dem heutigen Standort am Karlsplatz.
2015: Ausschreibung eines internationalen Architekturwettbewerbs, für den Einreichungen von 274 Architekturbüros aus 26 Ländern eintreffen, davon 117 aus Österreich. Der Zuschlag geht schließlich an den Entwurf von Certov, Winkler+Ruck Architekten. Prominentes Merkmal ist ein Zubau aus Glas und Stahlbeton, der aus dem Altbau herauswächst.
1. Oktober 2015: Matti Bunzl tritt als Direktor die Nachfolge von Wolfgang Kos an.
6. Dezember 2023: Wiedereröffnung des Museums nach fast vier Jahren Umbau- und Sanierungsarbeiten.
So gesellt sich nun zu einem früher schon gezeigten Porträt von Maria-Theresia das einer Dienstbotin. „Wir binden das Bild in die Erzählung über das Leben am Hof ein - aber auch in das der kleinen Leute. Wer waren die politischen und religiösen Eliten ihrer Zeit - aber wie lebte auch Otto-Normalverbraucher, das zeigen wir.“
Kein abgehobenes Museumserlebnis
Der Kulturwissenschaftler Matti Bunzl lebte fast 25 Jahre in den USA. Eine Zeit, die ihn auch in der Museumsgestaltung stark prägte. Und so steht, wie es die Amerikaner wirklich herausragend vormachen, das Erlebnis und die Vermittlung im Vordergrund. „Die wissenschaftliche Tradition von Museen mag ich auch sehr, aber sie wirkt oft etwas abgehoben. Und wir wollen ja ein breites Publikum erreichen“, erklärt er. „Deswegen haben unsere Kuratoren auch ganz eng mit Bildungsexperten zusammengearbeitet. Wir haben quasi die Wissenschaft und die Vermittlung in einem großen Pool zusammen gebracht - mit dem Ziel der besseren Verständlichkeit für die Besucher.“
Frisch renovierte Hexe bei der Toilette
Wiens Geschichte kann man nun durch die Dauerausstellung in einem großen Rundgang folgen - unterteilt in 13 Kapitel beginnend mit der Frühzeit und den ersten Besiedelungen bis hin in die Stadtgestaltung unserer Gegenwart. Rund 1700 Objekte erzählen auf diesem Weg von Wiens Werdegang. Darunter so bekannte und beliebte „Superstars“ wie der Praterwal „Poldi“, die barocken Figuren des Donnerbrunnens, das Stephansdom-Modell, die Kutsche des Bürgermeisters und Alfred Hrdlickas Waldheim-Pferd.
Zu Bunzls persönlichen Favoriten gehört z. b. die ausdrucksstark-rebellische Skulptur „Hexe bei der Toilette für die Walpurgisnacht“, mit der die damals 21-jährige Teresa Feodorowna Ries zur Jahrhundertwende für Furore sorgte. Über die Jahre nahm sie massiv Schaden - für die Dauerausstellung hat man die fehlenden Stücke von der Nasenspitze bis zur resolut eingesetzten Nagelschere rekonstruiert.
Und natürlich ist das große Stadt-Modell ein Herzstück für Bunzl: „Das hat mich schon in der Volksschule begeistert“, gesteht er. „Da ist mir erst aufgegangen, wie sich eine Stadt verändert. Das war ein echter Aha-Moment für mich.“ Einer, den er nun auch möglichst vielen Besuchern bescheren will. Und das möglichst oft. Denn dank des Gratis-Eintritts in die Dauerausstellung „Wien. Meine Geschichte“ steht den Wienern ihr Wohnzimmer jederzeit und immer wieder offen.
Alles über das neue Wien Museum erfahren Sie hier.
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