Die Mehrheit der Beschäftigten im Handel nagt einer neuen Auswertung zufolge sozusagen am Hungertuch. Sie sollen mit ihrem Gehalt nämlich nur kaum oder gar nicht über die Runden kommen.
Mitten in den stockenden KV-Verhandlungen im Handel stellt eine Sonderauswertung des Arbeitsklimaindex von der Arbeiterkammer Oberösterreich der Branche kein gutes Zeugnis aus. Die Einkommenszufriedenheit der Handelsangestellten sei deutlich geringer als im Durchschnitt aller Branchen, sagte AK-Oberösterreich-Präsident Andreas Stangl.
„Ich gehe davon aus, dass die Sozialpartnerschaft funktioniert und am Donnerstag ein Abschluss gelingt. Aber wenn nicht, unterstütze ich die Gewerkschaft bei einem Arbeitskampf“, sagte Stangl am Mittwoch bei einem Pressegespräch. Die Kollektivvertragsverhandlungen im Handel gehen am Donnerstag bereits in die fünfte Runde. Sollte es erneut keine Einigung geben, will die Gewerkschaft die Warnstreiks und Proteste am 8. und 9. Dezember fortsetzen.
Warnstreiks bei über 300 Händlern
Zuletzt hatte es Warnstreiks bei über 300 Händlern in ganz Österreich gegeben. Dass Beschäftigte dabei von manchen Arbeitgebern unter Druck gesetzt worden seien, sich nicht an den Streiks zu beteiligen, empörte den AK-Oberösterreich-Präsident. „Ich würde den Unternehmen empfehlen, das nicht zu machen. Konsumenten sind auch mündig und damit wird eine Solidaritätswelle zu den Beschäftigten ausgerollt und manche entscheiden sich vielleicht dafür, dort nicht mehr einzukaufen.“
Im Vergleich mit anderen Branchen sei die Arbeitszufriedenheit im Handel geringer, was hauptsächlich am Einkommen liege, sagte Stefan Friesenbichler vom Meinungsforschungsinstitut IFES. Während im Einzelhandel nur sechs Prozent der Befragten von ihrem Einkommen gut leben können, sind es in anderen Branchen mit 13 Prozent mehr als doppelt so viele. Für 56 Prozent der Handelsbeschäftigten reicht das Einkommen gerade so aus, zehn Prozent finden mit ihrem Einkommen gemäß der Befragung gar kein Auskommen. „Daher verwundert es wenig, dass im Einzelhandel mehr Beschäftigte einen Jobwechsel anstreben als in allen anderen Branchen“, so Friesenbichler.
Hohe Arbeitsbelastungen
Die Arbeitsbelastungen seien im Einzelhandel ähnlich hoch wie in anderen Branchen. Zeitdruck, ständiger Kundenkontakt und Schmerzen aufgrund stehender Tätigkeit werden von den Beschäftigten als besonders belastend angesehen. In der Weihnachtszeit käme die „Dauerbeschallung“ durch Weihnachtslieder noch hinzu. „Wenn du zum 700. Mal ‚Last Christmas‘ gehört hast, kann sich jeder vorstellen, wie es einem geht“, sagte Stangl. Die Beschäftigten hätten es verdient, respektvoll behandelt und ordentlich entlohnt zu werden.
Für den Arbeitsklimaindex werden jährlich 4000 Beschäftigte interviewt. Für die aktuelle Sonderauswertung waren 2022 und in den ersten beiden Quartalen 2023 etwas mehr als 720 Handelsbeschäftigte im Sample.
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