Zwei Jahre nach der Rodung von etwa 18 Hektar Wald neben der Westautobahn in Ohlsdorf (für ein Betriebsbaugebiet, wo noch immer keine Betriebe sind) ist nun ein brisanter Prüfbericht vom Bundesrechnungshof da. Kernaussage: Weder bei der Antragstellung noch bei der Bewilligung waren die gesetzlichen Voraussetzungen für die Rodung erfüllt.
„Rodung von Waldflächen ohne ausreichende Prüfung der Voraussetzungen, unverbindliche allgemeine Grundlagen in der Raumordnung, unvollständige Begründung zur Umweltverträglichkeit“: Das stellt der Rechnungshof unter anderem in seinem heute veröffentlichten Bericht „Betriebsbaugebiet Ehrenfeld II Viecht in der Gemeinde Ohlsdorf“ fest. Bei der Entwicklung des Betriebsbaugebiets wurde eine mehrheitlich bewaldete Fläche umgewidmet und gerodet. Die Fläche von 18,81 Hektar umfasste Grundstücke, die im Eigentum der Bundesforste, der ASFINAG und einer Privatperson standen und an ein Privatunternehmen verkauft wurden. Das Privatunternehmen verkaufte die Flächen an ein Immobilienunternehmen weiter und erzielte dabei einen Mehrerlös von 12,20 Millionen Euro. Überprüfter Zeitraum waren die Jahre 2017 bis 2022.
Aufsichtsbehörde fehlten Grundlagen
Die Gemeinde Ohlsdorf liegt im Bezirk Gmunden im Traunviertel. Das Betriebsbaugebiet Ehrenfeld II befindet sich im nordöstlichen Teil des Gemeindegebiets und umfasst eine Fläche von 18,23 Hektar, die als Bauland-Betriebsbaugebiet ausgewiesen ist. Die dafür erforderliche Umwidmung von Grünland in Bauland-Betriebsbaugebiet beschloss der Gemeinderat der Gemeinde Ohlsdorf im Dezember 2018, die Oberösterreichische Landesregierung als Aufsichtsbehörde genehmigte sie im Jänner 2020. Der Aufsichtsbehörde fehlten jedoch klare, verbindliche Grundlagen, wie unterschiedliche Raumordnungsziele auf regionaler Ebene zu priorisieren beziehungsweise umzusetzen waren.
Fehlende Voraussetzungen für Rodungsbewilligung
Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden erteilte dem Privatunternehmen im Oktober 2021 die Rodungsbewilligung. Aufgrund von Informationen und Unterlagen, die dem Rechnungshof vorliegen, ist diesem zufolge jedoch davon auszugehen, dass das Privatunternehmen weder bei der Antragstellung noch bei der Bewilligung der Rodung über die gesetzlichen Voraussetzungen verfügte, diese zu beantragen.
WWF fordert Raumordnungs-Reform
Die Naturschutzorganisation WWF fordert anlässlich dieses Prüfberichts die vollständige Umsetzung aller RH-Empfehlungen und eine grundlegende Reform der Raumordnung durch den zuständigen Landesrat Markus Achleitner. „Der Raumordnungs-Landesrat muss seine politische Verantwortung wahrnehmen und deutlich stärker gegen den hohen Bodenverbrauch vorgehen. Der Flächenfraß darf nicht länger schöngeredet werden”, sagt WWF-Bodenschutzsprecher Simon Pories. „Das Betriebsgebiet in Ohlsdorf ist ein weiteres Beispiel, wie Äcker, Wiesen und Wälder regelmäßig für die Profite einzelner geopfert werden.”
Neos fordern Untersuchungskommission
Die Neos wollen das Thema im Landtag aufarbeiten - und zwar mittels einer Untersuchungskommission. Man müsse einem „Verdacht der politischen Einflussnahme und Mustern struktureller Korruption“ nachgehen, fordert Klubchef Felix Eypeltauer. Immerhin sei „ein ehemaliger ÖVP-Bürgermeister und ÖVP-Großspender der große Gewinner“ des nun vom Rechnungshof beanstandeten Deals. Allerdings: Das Einsetzen einer Untersuchungskommission ist in Oberösterreich vonseiten der Opposition nicht machbar - es ist, anders als in anderen Bundesländern, ein Mehrheitsrecht.
Kritik an fehlender Umweltverträglichkeitsprüfung
Auch die Grünen sind der Meinung, „dass die Aufarbeitung auf Landesebene noch lange nicht abgeschlossen ist“. Im Kontrollausschuss müsse untersucht werden, wie diese Rodung zustande gekommen ist. Der Bericht gebe auch vor, was zu tun sei, sagt Raumordnungssprecher Rudi Hemetsberger: „Es muss eine Konkretisierung und allenfalls auch eine Gewichtung der Raumordnungsziele sowie flächendeckende regionale Raumordnungsprogramme geben“.
Auf die Kritik des Rechnungshofs, dass für das Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt wurde, reagiert der dafür zuständige Landesrat Stefan Kaineder (Grüne) so: Sein Ressort hätte „liebend gerne“ eine UVP durchgeführt, jedoch seien die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt gewesen: „19 Hektar wurden beantragt, 20 Hektar sind der rechtliche Schwellenwert für die Durchführung einer UVP.“ Diese seien vom Antragsteller „offensichtlich ganz bewusst so gewählt worden, um eine UVP zu umgehen“.
Achleitner: „Empfehlungen werden geprüft“
„Wir werden im Bereich Raumordnung, für den ich die Ressortverantwortung trage, die Empfehlungen des Rechnungshofes selbstverständlich genau prüfen und ihnen entsprechend nachkommen“, betont Wirtschafts- und Raumordnungs-Landesrat Markus Achleitner (ÖVP). „Aufbauend auf den Grünzonenprogrammen in den Regionen Linz-Umland und Eferding werden bereits weitere Programme für jene Gebiete erarbeitet, in denen aufgrund des hohen Siedlungsdrucks dem Schutz des Grünraums besondere Bedeutung zukommt“, so Landesrat Achleitner.
„Unverändert geeignet für Betriebsansiedlungen“
Achleitner weiter: „Zum Betriebsbaugebiet Ehrenfeld II ist aus meiner Sicht festzuhalten, dass ich es unverändert für geeignet halte, dort Betriebe anzusiedeln. Denn es befindet sich direkt neben der Westautobahn und ist die Erweiterung des gegenüberliegenden Betriebsbaugebiets Ehrenfeld I. Darüber hinaus ist dies auch eine Entscheidung der INKOBA Salzkammergut Nord mit elf Gemeinden auf der Basis eines übergeordneten Raumplanungsgebietes. Im Hinblick darauf, dass die eineinhalbfache Waldfläche ersatzweise aufgeforstet werden muss und in Oberösterreich generell jährlich rund 360 Hektar Wald dazukommen, kann ich die Kritik an der Rodung nicht nachvollziehen. Wenn man direkt neben der Autobahn keine Betriebsansiedlung mehr machen kann, dann geht in Oberösterreich gar nichts mehr“, hebt Landesrat Achleitner hervor.
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