Der ungarisch-österreichische Physiker Ferenc Krausz hat am Sonntag in Stockholm den Physik-Nobelpreis 2023 entgegengenommen. Ein Jahr nach dem Physik-Nobelpreis für den Wiener Quantenphysiker Anton Zeilinger erhielt damit wieder ein österreichischer Staatsbürger vom schwedischen König Carl XVI. Gustaf die Nobelpreis-Medaille und -Urkunde.
Im Stockholmer Konzerthaus wurde der 61-jährige Krausz, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, mit seinen Co-Preisträgern in Physik, Pierre Agostini von der Ohio State University (USA) und Anne L‘Huillier von der Universität Lund (Schweden), ausgezeichnet.
„Eine Welt, die wir jetzt erforschen können“
Eva Olsson, Vorsitzende des Nobelkomitees für Physik, würdigte die drei Physik-Preisträger, die „für experimentelle Methoden zur Erzeugung von Attosekunden-Lichtpulsen für die Untersuchung der Dynamik von Elektronen in der Materie“ ausgezeichnet wurden. Die von ihnen entwickelte Attosekunden-Physik „ermöglicht uns die Beantwortung grundlegender Fragen“.
Die Attosekunde sei „die Zeitskala der Welt der Elektronen - eine Welt, die wir jetzt erforschen können“, sagte Olsson und erinnerte daran, dass Physik-Legende Werner Heisenberg 1925 noch meinte, diese Welt sei nicht zu sehen. „Aber dank der Attosekunden-Lichtpulse beginnt sich das langsam zu ändern.“
Kurz vor 16.30 Uhr erhielten dann die Physiker als Erste aus der Hand des Königs die mit der Auszeichnung verbundenen Insignien: die Nobelpreis-Medaille und -Urkunde.
Die Überreichung erfolgte dabei in alphabetischer Reihenfolge nach strengem Protokoll: Nach Erhalt von Urkunde und Medaille schüttelten die Preisträger dem König die Hand und verbeugten sich dreimal: einmal Richtung König, dann Richtung Akademie und schließlich Richtung Publikum.
„Müssen uns mehr denn je an Nobels Vision erinnern“
Die feierliche Zeremonie mit rund 1500 geladenen Gästen wurde mit dem Einzug der königlichen Familie - neben König Carl XVI. Gustaf und Königin Silvia auch Kronprinzessin Victoria und Prinz Daniel - und dem schwedischen Königslied „Kungssången“ eröffnet.
Die Vorsitzende der Nobelstiftung, Astrid Söderbergh Widding, erinnerte in ihrer Eröffnungsrede an die Überzeugung des Preisstifters Alfred Nobel, der „an die einzigartige Kraft von Wissenschaft, Literatur und Friedensinitiativen glaubte, um die Welt zum Wohle der Menschheit zu verändern“.
Söderbergh Widding zeigte sich überzeugt, „dass diese Botschaft umso wichtiger ist, wird doch heute der zu Nobels Zeit vorherrschende Optimismus von radikalem Pessimismus oder gar Resignation abgelöst und unser Verständnis über unsere Aufgabe in Wissenschaft, Kultur und Zivilgesellschaft durch neue Krisen infrage gestellt“. Gerade jetzt, in einer Zeit, in der die Polarisierung der Meinungen zunehme, in der Demokratien untergraben werden und in der Kriege und Konflikte in der ganzen Welt weiterhin so viele Opfer fordern, „müssen wir mehr denn je an die Vision von Nobel erinnern, der an Wissen, Aufklärung und das Streben nach Wahrheit glaubte“.
Literatur-Nobelpreis an Wahlösterreicher Fosse
Ebenfalls ausgezeichnet wurde der norwegische Dramatiker, Autor und Lyriker Jon Fosse. Der 64-jährige Wahlösterreicher, der einen Wohnsitz in Hainburg an der Donau in Niederösterreich hat, erhielt von Carl Gustaf den Literatur-Nobelpreis. Fosse habe mit seiner Literatur die Grenzen der menschlichen Existenz erkundet, lobte Söderbergh Widding gleich zu Beginn.
Der Vorsitzende des Nobelkomitees der Schwedischen Akademie, Anders Olsson, hob hervor, Fosse spreche immer wieder existenzielle Unsicherheiten an. In seinem Werk gehe es um die Orientierungslosigkeit des Individuums und die Schwierigkeiten, einen Weg im Leben zu finden. Fosse sei kein schwieriger Schriftsteller.
„Einer der meistgespielten Dramatiker“
„Er benutzt die einfachsten Worte und schreibt über Erfahrungen, mit denen wir alle etwas anfangen können: Trennung, Tod und die Verletzlichkeit der Liebe“, sagte Olsson. „Die Tatsache, dass er heute einer der meistgespielten Dramatiker ist, zeigt, dass dies eine Qual ist, die von vielen geteilt wird.“
Fosse ist der erste norwegische Literaturnobelpreisträger seit Sigrid Undset vor 95 Jahren. Er hat sich intensiv mit dem deutschen Mystiker Meister Eckhart (um 1260 bis 1328) auseinandergesetzt und ist ebenso wie Undset zum Katholizismus übergetreten. Nach seinem literarischen Erstlingswerk „Rot, Schwarz“ (1983) veröffentlichte Fosse Romane, Gedichtbände, Essaysammlungen und Kinderbücher. Sein erstes Drama auf Deutsch, „Der Name“, brachte ihm den Ibsen-Preis und den österreichischen Theaterpreis ein.
Medizin-Nobelpreis für mRNA-Forschung
Der Nobelpreis für Chemie ging an die in den USA tätigen Forscher Moungi Bawendi, Louis Brus und Alexei Ekimov, die für die Entdeckung und Entwicklung von sogenannten Quantenpunkten ausgezeichnet wurden. Quantenpunkte kommen unter anderem in modernen QLED-Fernsehern zum Einsatz.
Den Medizin-Nobelpreis nahmen Katalin Karikó und Drew Weissman entgegen, deren Arbeiten an der mRNA-Technologie unter anderem die Entwicklung der Corona-Impfstoffe ermöglicht haben. Den Wirtschaftsnobelpreis erhielt die US-Ökonomin Claudia Goldin für ihre Forschung zur Rolle von Frauen auf dem Arbeitsmarkt.
Die Verleihung fand heuer unter verstärkten Sicherheitskontrollen beim Einlass und begleitet von einer Demonstration von Klimaaktivisten sowie einer Solidaritätskundgebung für Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi statt.
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