Das geplante Bau-Projekt wirft bei der Opposition viele Fragen auf. Zum Beispiel, warum es nun doch kein „Gemeindezentrum“ wird, in dem auch eine neue Arztordination ihren Platz hat. Und ob die Bevölkerung wirklich damit einverstanden ist, dass die Umsetzung die Gemeinde drei Millionen Euro kostet.
Seit dreieinhalb Jahren gibt es in Zagersdorf, der ältesten Rotweinbaugemeinde Österreichs, kein Gasthaus mehr. Der letzte Wirt entschied zu Beginn der Corona-Pandemie, das über 90 Jahre alte Gebäude zu verkaufen. Ein Unternehmer aus der Nachbargemeinde bekam den Zuschlag.
Als dieser das Gasthaus im Vorjahr um 50.000 Euro teurer wieder auf den Markt warf, sicherte sich Bürgermeister Ivan Grujic im Namen der Gemeinde zwei Drittel der Liegenschaft, beauftragte die Projektentwicklung Burgenland (PEB) und versicherte: „Im Frühjahr 2023 wird mit den Bauarbeiten begonnen.“ Als Preis für den Neubau nannte er im Mai die Summe von „2,6 bis 2,7 Millionen Euro“ und betonte, dass Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil ihm zugesichert habe, dass das Land die Gemeinde mit Bedarfszuweisungen finanziell unterstützen werde.
Unmut in der Bevölkerung
„Im Mietkaufvertrag ist von einem Gemeindezentrum die Rede. Daher fiel der Gemeinderatsbeschluss für den Kauf der 250.000 Euro teuren Immobilie im Jahr 2022 einstimmig aus, denn auch der ÖVP war klar, dass Zagersdorf ein Gemeindezentrum braucht, in dem Platz für Vereine und eine neue Arztordination ist, möglicherweise auch Platz für einen Nahversorger“, erklärt ÖVP-Mandatar Günther Mayer, der ab Jänner 2024 Gemeindevorstand wird.
Seither wurden erste Entwürfe gefertigt und Gastro-Berater hinzugezogen, doch das alte Gasthaus steht immer noch. Das sorgt bei etlichen Zagersdorfern für Unmut. Manche glauben nicht mehr daran, dass das Projekt realisiert wird. Der Gemeinderatsbeschluss ist nämlich immer noch ausständig und ohne ihn erfolgt keine Detailplanung.
Teuerste Investition
Zwar könnte Grujic mit den 14 Stimmen der SPÖ den Bau im Alleingang beschließen, doch das tut er nicht. Er will auch die fünf ÖVP-Mandatare „mit ins Boot holen, damit alle geschlossen hinter dem Projekt stehen“, sagt er. Verständlich, denn laut einem Vertragsentwurf belaufen sich die Kosten des Gasthauses abzüglich Bedarfszuweisungen auf 2.994.917 Euro. Daher warnt Mayer:
Das bedeutet für die Gemeinde eine monatliche Mehrbelastung von über 10.000 Euro in den nächsten 25 Jahren! So ein kostspieliges Projekt hat es in der Geschichte unseres Dorfes noch nie gegeben.
Günther Mayer, designierter Parteivorstand der ÖVP
Die Bürger sollen befragt werden
Bisher sei jedenfalls noch nicht kommuniziert worden, ob es sich bei dem Betrag nur um die Baukosten handelt oder ob auch schon die Kosten für das Inventar inbegriffen seien: „Auch die Frage, welches Konzept der Pächter verfolgt und wie sichergestellt wird, dass dieser nicht abspringt, wurde bisher nicht beantwortet.“ Dazu Grujic: „Für die Einrichtung ist der Pächter zuständig.“
Nachdem in der Umgebung Gastrobetriebe schließen, möchte die ÖVP nun eine Bürgerversammlung und eine Volksbefragung zum Planungsprozess und zur Nutzbarmachung initiieren. Erst dann könne und solle der Gemeinderat über das Projekt entscheiden.
Sitzung noch vor Weihnachten
Dabei gehe es um die Frage, ob sich die Zagersdorfer diesen Preis leisten wollen oder ob es nicht sinnvoller wäre, die medizinische Grundversorgung im Ort abzusichern und in den nächsten Jahren das Kinderbetreuungsangebot auszubauen - Stichwort Krippe. „Der Bürgermeister ist im Wahlkampf zur Gemeinderatswahl sogar einen Schritt weiter gegangen, da er damals gemeint hat, dass er sich auch eine Volksabstimmung vorstellen kann“, so Mayer.
Und was sagt Grujic? „Mir ist seit Start des Projekts im Sinne unserer kleinen Gemeinde wichtig, Konsens zu erreichen. Die nächste Sitzung des Gemeinderates wird am 21. Dezember stattfinden. Dann soll über die beiden Punkte zum Gasthaus, die zuletzt wegen Krankheit des PEB-Geschäftsführers von der Tagesordnung genommen wurden, abgestimmt werden, damit die Detailplanung beginnen kann. Der Beschluss kann mehrheitlich gefasst werden, dementsprechend liegt die volle Verantwortung bei mir bzw. meiner Fraktion. Ob mit oder ohne ÖVP: Ich werde mein Wahlversprechen einhalten und das Projekt umsetzen."
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