Volksoper

Wenn sich der braune Sumpf den Weg bahnt

Bühne
13.12.2023 07:00

Mit der Uraufführung von „Lass uns die Welt vergessen“ stellt sich die Wiener Volksoper zu ihrem 125-Jahre-Jubiläum dem eigenen dunklen Kapitel in der Nazi-Zeit.

(Bild: kmm)

Drinnen auf der Bühne herrschte Operettenseligkeit - doch immer mehr bahnte sich der braune Sumpf seinen Weg in diese heile Welt. 1938 wurde gerade die Operette „Gruß und Kuss aus der Wachau“ geprobt, als die Machtübernahme der Nazis auch in der Volksoper brutale Spuren hinterließ.

Immer mehr jüdische Mitarbeiter wurden entlassen, verfolgt, mussten fliehen, politische Diskussionen und Anschuldigungen vergifteten das Klima.

Operette trifft auf die dunkle Nazi-Wirklichkeit
Im Stück „Lass uns die Welt vergessen“ von Regisseur Theu Boermans wird dieses dunkle Kapitel nun aufgerollt. „Es gibt drei musikalische Welten. Die erste begleitet die Proben der Operette ,Gruß und Kuss aus der Wachau‘. Hier erklingt die Musik aus der Original-Operette, von der nur ein Klavierauszug erhalten war, den ich neu orchestriert habe“, so Keren Kagarlitsky, die die musikalische Leitung innehat. „Das habe ich sehr bewusst gemacht, ohne das Textbuch von Theu Boermans zu kennen. Ich wollte die Komposition ganz ohne Kontext angehen, damit es wie eine neue, frische, lustige Operette klingt.“

Premiere ist am Donnerstag, 14. 12., in der Wiener Volksoper. (Bild: Volksoper Wien)
Premiere ist am Donnerstag, 14. 12., in der Wiener Volksoper.

Die zweite musikalische Welt gibt den Ton an für „die Szenen im Privatleben der Künstler. Als starken Kontrast zu der fröhlichen Operettenwelt hört man da Musik von jüdischen Komponisten, die damals verboten wurden, Mahler, Schönberg, Ullmann. Und die dritte Ebene sind meine eigenen Kompositionen. Ich musste eine neue musikalische Welt finden, die die ersten beiden verbindet. Diese Musik ist erst während der Proben entstanden, weil ich dafür ganz tief in das Stück eintauchen wollte. Ich habe die Musik also erst im letzten Monat komponiert, nach dem 7. Oktober“, erzählt die junge Israelin.

Nicht nur eine Erinnerung, sondern eine Warnung
Die Terroranschläge und der wieder so spürbare Antisemitismus bewegen sie sehr. „Es ist so traurig, dass ein Stück wie dieses gerade jetzt so aktuell und relevant ist. Als ich zum ersten Mal von dem Projekt hörte, dachte ich, dass es nur ein Spiegel der Geschichte sein wird, nur eine Erinnerung. Aber jetzt ist es eine Warnung: Es gibt zu viel Hass, der ignoriert wird, zu viele Blinde in der Gesellschaft. Die Welt muss wirklich aufpassen.“

Premiere ist am 14. Dezember in der Wiener Volksoper

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