Der Prozess rund um den Milliardenverlust durch Flöttls Spekulationen mit BAWAG-Geldern muss in wesentlichen Teilen wiederholt werden, da der Oberste Gerichtshof das erstinstanzliche Urteil von Richterin Claudia Bandion-Ortner gekippt hatte. Sowohl Elsner als auch Zwettler werden in dem neuen Verfahren aber nur noch als Randfiguren auftreten - die Anklagepunkte gegen die ehemaligen Bank-Bosse werden von der Staatsanwaltschaft nicht weiter verfolgt.
Im Mittelpunkt der Neuauflage stehen laut Anklage nun die "kleinen Vorstände" sowie Elsners ehemalige rechte Hand Peter Nakowitz, Ex-Bankenprüfer Robert Reiter, Ex-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger sowie der frühere Investmentbanker Flöttl.
Justiz will ihre Fehler ausbügeln
Staatsanwältin Sonja Herbst eröffnete die "zweite Prozessrunde" mit der Ausführung der Anklage und verteidigte die Arbeit der Justiz. Der Rechtsmittelentscheid, der zur teilweisen Aufhebung der Ersturteile geführt hatte, sei ein Zeichen für ein funktionierendes Gerichtswesen. Nun habe man die Möglichkeit, Fehler aus dem ersten Prozess auszubügeln.
Die Staatsanwältin kritisierte dann die Sondergeschäfte der BAWAG mit Flöttl in den 1990er-Jahren. Statt nach den ersten großen Verlusten die Geschäfte zu beenden und die Verluste einzugestehen, habe der Vorstand eine Lösung gesucht, um alles zu vertuschen. "Eine Bank ist kein Glücksspielautomat", verwies sie auf die Aussage eines Zeugen im ersten Verfahren.
"Warum eine Bank in der Bank?"
Auch der ÖGB als ehemaliger BAWAG-Eigentümer hat sich dem Verfahren angeschlossen. Neben Schadenswiedergutmachung gehe es der Gewerkschaft um Aufklärung, führte Michael Rovina als ÖGB-Vertreter aus: Warum bestand eine "Bank in der Bank"? Warum wurden Gesetze ignoriert und neuerlich hochriskante Geschäfte eingegangen, obwohl alte Geschäfte mit Totalverlust endeten? Für den ÖGB habe das "Karibik-Abenteuer" großen Schaden und den Abgang Tausender Mitglieder gebracht.
Der extrem rasche Bankverkauf habe ebenfalls Schaden verursacht. "Die Beiträge von 1,2 Millionen Gewerkschaftsmitgliedern wurden leichtfertig durch die BAWAG aufs Spiel gesetzt", empörte sich Rovina. Heute seien aber die gröbsten Sanierungsprobleme gelöst.
BAWAG will Elsners Pensionsabfindung zurück
Der Vertreter der BAWAG, Markus Fellner, forderte die Verurteilung sämtlicher Angeklagter - von damals neun sind nun noch sieben übrig. Elsner und Flöttl hätten der BAWAG mit ihren "Casino-Geschäften" enormen Schaden zugefügt. Elsner - rechtskräftig zu zehn Jahren Haft verurteilt - muss sich noch wegen einer sogenannten Subsidiaranklage der Bank verantworten: Die BAWAG fordert seine Pensionsabfindung zurück und hat ihn auf rund sechs Millionen Euro geklagt.
Die Vorwürfe, dass Flöttl BAWAG-Geld gestohlen habe, bezeichnete dessen Anwalt Herbert Eichenseder als von Elsner konstruierte Verschwörung. Die Justiz habe sehr wohl den Verbleib des Geldes untersucht. Der in New York in der Park Avenue lebende Flöttl sagte bei der Einvernahme zu seinen Personalien, er besitze "eine Million Euro in liquiden Anlagen". Die BAWAG hatte Flöttl für Finanzgeschäfte über eine Milliarde Euro überlassen, die er nach eigenen Angaben bei riskanten Spekulationen verloren hat.
"Von Elsner hintergangen und manipuliert"
Die angeklagten früheren BAWAG-Spitzen fühlen sich von Elsner hintergangen und manipuliert, wie ihre Anwälte argumentierten. Aufsichtsratspräsident Weninger sei von Elsners "Farce" getäuscht worden, so dessen Anwalt Richard Soyer. Elsners früherer Generalsekretär Nakowitz habe nur dessen Anordnungen ausgeführt, die drei früheren Vorstände Christian Büttner, Josef Schwarzecker und Hubert Kreuch seien zudem unvollständig informiert gewesen und konnten die Beschlüsse nicht beurteilen, hieß es vonseiten ihrer Verteidiger.
Nach exakt drei Stunden war der erste Verhandlungstag unter Vorsitz von Richter Christian Böhm beendet - auch zur körperlichen Erleichterung aller Beteiligten. Im prall gefüllten Saal 203 des Straflandesgerichts war es dermaßen stickig, dass Böhm die Verhandlung mehrmals für "Luftpausen" unterbrechen musste.
Am Donnerstag geht das Verfahren weiter - unter anderem stehen die ersten Befragungen der Angeklagten an. Bisher sind 20 Verhandlungstage für den Prozess angesetzt. Das erstinstanzliche Verfahren hatte von Juli 2007 bis Juli 2008 insgesamt 117 Tage gedauert.
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