Andreas Hopferwieser bringt als Vereinsobmann des A-Teams Modellrennsport-Begeisterte zusammen. Zum Schrauben, Zusammensitzen aber auch zum Trainieren für Wettkämpfe. Das Skurrile und Alltägliche hinter dem Hobby vieler junger und alter Männer.
Fokussiert auf das, was vor ihm liegt, sitzt ein Mann in schwarzer Daunenjacke und hellblauen Jeans an einem Biertisch in der Halle einer ehemaligen Straßenbahnremise. Neben ihm sein blondhaariger Sohn, um sie herum Chips, eine Cola und haufenweise Ersatzteile. Er beugt sich über das Skelett eines Autos in Miniaturversion, schnappt sich die dazugehörige Karosserie und schraubt sie behutsam am Wagen fest. Sie ist mit rot-gelben Pfeilen auf schwarz-blauem Hintergrund lackiert, so wie alle Modelle an diesem Tisch - quasi das Familienwappen der beiden Hobbyschrauber.
In den Wintermonaten findet man Andreas Hopferwieser und seinen Sohn Konrad verlässlich jeden Freitag genau hier, am ersten Biertisch der umfunktionierten Straßenbahnhalle in Graz Mariatrost. Der Hallenboden ist zum Großteil mit grauem Filz bedeckt, auf dem sich aus Holzlatten gebaute Bahnen schlängeln. Am Rande davon eine Reihe Tische, überladen mit Bauteilen wie Babyreifen und Akkus, daneben ein Pizzaofen und ein Getränkeautomat. Alles hier baut auf Hopferwiesers Engagement, auch Industrieheizstrahler hat er organisiert, die laut im Hintergrund brummen.
Mittlerweile sind auch andere Kinder gekommen und spielen auf der Rennbahn, wenn gerade kein Auto vorbeidüst. Einer davon ist Noah, auch er ist der Sohn eines leidenschaftlichen Modellautofahrers. Gemeinsam setzen sie sich auf eine selten befahrene Stelle, um zu tratschen. „Zu Weihnachten wünsch’ ich mir einen 4WD”, Noah ist ganz hibbelig und hat viel zu sagen. Konrad wirkt neben ihm sehr gelassen und erzählt von seiner Schwester Sarah, die bald auch mitkommen will.
Sogar österreichische Meisterschaften werden in Graz gefahren
Laut Hopferwieser kennt Modellautofahren kein Alter, auch wenn manch einer behauptet, „das machen ja nur Kinder”. Mit Maximalgeschwindigkeiten von 150 Kilometer pro Stunde ist ein ferngesteuertes Fahrzeug „nicht wirklich ein Spielzeug, wenn es auf Rennniveau bewegt wird“, meint auch Gerhard Steinbock. Er ist Obmann des Österreichischen Funkmodellautoverbands und möchte den Sport ins rechte Licht rücken. „Das Problem ist, wir sehen uns als Sportart, allerdings sind wir keine anerkannte Sportart”, erklärt Steinbock. So bleiben öffentliche Förderungen aus und statt Staatsmeisterschaften dürfen nur österreichische Meisterschaften gefahren werden.
Österreichische Meisterschaften fanden auch auf der Rennstrecke in Gratkorn, direkt zwischen Autobahnauffahrt und Murufer, statt. Dort liegt das Vereinsgelände des A-Teams, dessen Obmann Andreas Hopferwieser ist. Rund um Graz gibt es eine Handvoll Modellrennsport-Clubs, aber mit etwa 80 Mitgliedern ist sein Verein in Sachen Erfolg und Beliebtheit ganz vorne dabei. In diesem Ort steckt viel Leidenschaft und Arbeit, das merkt man Hopferwieser an.
An Renntagen steht Hopferwieser hinter dem Griller. Bewerbe gibt es sowohl für Elektromodelle als auch für Verbrenner. Die Verbrennerbahn erkennt man an der Mini-Boxengasse. Da so ein Tank gerade mal 125 Milliliter fasst, muss knapp alle zehn Minuten nachgetankt werden. Dafür fährt das Modellauto in die Boxengasse ein, wo schon ein Vereinskollege wartet und sich das Auto schnappt. Karosserie runter, Treibstoff in den Tank einspritzen und schnell zurück auf die Bahn. Jede Sekunde zählt.
In den Klassen für größere Modelle haben wir leider Gottes nur mehr über 50- bis 60-Jährige, die sich das leisten können.
Gerhard Steinbock, Obmann des Österreichischen Funkmodellautoverbands
Über Generationen wird die Begeisterung für den Modellrennsport von Papa an Sohn weitergegeben. Töchter interessieren sich oft nicht für die kleinen, ferngesteuerten Autos und werden seltener mit auf die Rennbahn genommen. Daraus resultiert, dass sich die männlichen Strukturen kaum verändern. Gerhard Steinbock schätzt den Frauenanteil auf etwa fünf Prozent. Junge Quereinsteiger gibt es faktisch nicht, denn mit mehreren Hundert Euro Startkapital muss man für eine halbwegs vernünftige Ausrüstung schon rechnen. Richtig teuer wird es in den Klassen für größere Modelle mit mehreren Tausend Euro pro Saison. „Dort haben wir leider Gottes nur mehr über 50- oder 60-Jährige, die sich das leisten können“, sagt Steinbock.
Modellautos als lukratives Geschäft
Manfred Neuhold, auch Mani genannt, macht genau damit sein Geschäft. Das teuerste Modell in seinem Laden ist ein 11.000 € Vollmetall-Bagger. Ferngesteuert, 125 Kilogramm schwer, 1,5 Meter groß. „Mani’s RC Shop“ findet man sowohl online als auch in einem hellblauen Blechgebäude in einer Nebengasse der Kärntnerstraße. Eine unscheinbare Tür führt in ein viel zu kleines Lager für all die Teile, die darin gelagert werden. Überquellende Regale bilden Reihen, die kaum noch als solche erkennbar sind. An einem Tisch im Eck sortiert ein Mann in blauen Jeans, knallorangen Hoodie und dazugehöriger Kappe Bauteile und notiert sich mit aschigen Fingern deren Kenndaten.
Es ist wieder Freitag und damit ein weiterer Hallentag. Hopferwieser werkelt entspannt an seinem Stammtisch. Noah kommt vorbei, um zu fragen, ob Konrad auch vorbeischauen wird. „Der Konrad nicht, aber die Sarah kommt.” Noah freut sich bald seine mitgebrachten Marshmallows mit ihr teilen zu können. Aber auch Hopferwieser bedeutet es viel, seine Tochter ein Stück weit für den Modellrennsport begeistern zu können. Gemeinschaft und Familie hat für ihn höchste Priorität. Das erkennt man auch an den Modellautos, die am ersten Tisch der Halle liegen. Allesamt mit rot-gelben Pfeilen auf schwarz-blauem Hintergrund, denn das ist bekanntlich das Familienwappen der Hopferwieser.
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