Schwerst geschockt blieben die Bewohner eines Asylheims in der Grazer Mitterstraße am 11. September 2010 zurück: An jenem Tag wurde sie durch eine Detonation aus dem Schlaf gerissen. Vor dem Eingang war eine Bombe explodiert, die offenbar den 35 Bewohnern galt. 13 Jahre später wird nun drei damals jugendlichen Steirern der Prozess gemacht.
Nur den Umständen war es zu verdanken, dass niemand schwer verletzt oder sogar getötet wurde, denn die Splitter flogen bis zu zehn Meter weit. Der Verfassungsschutz nahm die Ermittlungen auf und konnte sogar ein Bild des Verdächtigen aus einer Videokamera sicherstellen. Doch trotz dieses Hinweises verliefen sich die Spuren im Sand, das Verfahren wurde sogar eingestellt und gegen den unbekannten Täter abgebrochen.
Zehn Jahre später kam wieder Schwung in die Geschichte. Es meldete sich ein Informant bei der Polizei, der sagte, den jungen Mann am Bild zu kennen. Ein Volltreffer, wie sich herausstellen sollte! Als die Polizei den Verdächtigen konfrontierte, gab er alles zu. Er sei als damals 15-Jähriger als Einzelgänger unterwegs gewesen und wollte wo dazugehören.
14-Jähriger zog Mutprobe durch
So kam es, dass er Kontakte zur aktiven Nazi-Szene in der Obersteiermark knüpfte. Sebastian lernte dort einen Gleichaltrigen und einen 19-Jährigen, beide aus der Steiermark, kennen. Sofort gewährten sie ihm allerdings keinen Zugang zu ihrer radikalen Szene, er müsse schon etwas dafür tun. Die irre Idee des Älteren: ein Bombenanschlag auf besagtes Asylheim! Damit Sebastian die Tat durchziehen konnte, besorgten ihm seine neuen „Freunde“ Gewand und Sprengstoff-Utensilien. Fuhren mit ihm nach Graz, wo der 15-Jährige seine Mutprobe durchzog. Nach getaner Arbeit verhalfen ihm seine Kumpanen zur Flucht.
Nach dem heißen Tipp des Informanten im Jahr 2020 fanden Hausdurchsuchungen bei den Verdächtigen, zu denen die Beamten über Sebastians Facebook-Profil stießen, statt. Ihre Gesinnung dürften die heute jungen Männer beibehalten haben. Denn es wurden einschlägige Nazi-Gegenstände wie Hakenkreuz-Fahnen gefunden, einen Angeklagten „ziert“ sogar eine dementsprechende Tätowierung.
Nach der Tat wurde gegen mehrere Personen ermittelt. Das Verfahren gegen die anderen wurde damals eingestellt und gegen den damals noch unbekannten Täter abgebrochen. Zehn Jahre später hat sich ein Informant gemeldet, sodass die Ermittlungen wieder aufgenommen wurden.
Hansjörg Bacher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz
Haupttäter ist geständig, „Freunde“ leugnen
Der heute 29-jährige Sebastian ist geständig, hat der Polizei von der Mutprobe, zu der er angestiftet worden ist, erzählt. Seine beiden Freunde von damals leugnen, alles sei Blödsinn, man wolle sie eintunken, außerdem hätten sie mit ihm viele Jahre schon keinen Kontakt mehr. Vorübergehend saßen sie sogar in Untersuchungshaft, das Oberlandesgericht entschied, sie auf freien Fuß zu setzen, weil der Tatverdacht zwar gegeben, die Haftgründe (Verdunkelungs-, Flucht- und Tatbegehungsgefahr) aber nicht mehr gegeben waren.
Am Dienstag wird den drei Männern in Leoben der Prozess gemacht. Da sie die Taten im Jugendalter begangen haben, kommt das Jugendstrafrecht zu tragen. Im Falle einer Verurteilung müssen sie mit jahrelangen Gefängnisstrafen rechnen.
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