Ukraine-Hilfen

Nächster Akt der EU-Erpressung hat begonnen

Ausland
16.12.2023 06:00

Ungarn will sich die Zustimmung zu Ukraine-Hilfen abkaufen lassen. Bei einem Sondergipfel im Jänner geht das Tauziehen weiter. Das zwölfte Sanktionspaket gegen Russland wurde hingegen beschlossen.

„Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“ Dieses Zitat wird zwar dem ehemaligen deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer zugeschrieben, es trifft aber wohl auch auf Ungarns Regierungschef Viktor Orbán zu. Sagte der Premier zu Beginn des EU-Gipfels am Donnerstag noch, dass es nicht sein Stil sei, ungarische Interessen mit der Frage der Ukraine zu verknüpfen, klang er am Freitag schon völlig anders. Ganz unverblümt machte Orbán seine Zustimmung zu weiteren Hilfen für die Ukraine von der Freigabe blockierter EU-Mittel für sein Land abhängig. Ungarn verlange „nicht die Hälfte, nicht ein Viertel, sondern alles“, so Orbán. Also noch rund 20 Milliarden Euro, die Brüssel wegen Mängeln bei der Rechtsstaatlichkeit und wegen Korruptionsvorwürfen zurückhält.

Ungarns Regierungschef Viktor Orbán (Bild: AFP)
Ungarns Regierungschef Viktor Orbán

Zehn Milliarden Euro und ein deutscher Trick
Mit seiner Erpressungstaktik hatte Orbán beim Gipfel bereits Erfolg. Er hatte angekündigt, die Beitrittsgespräche mit der Ukraine zu blockieren. Die EU ließ sich offenbar auf das ungarische Pokerspiel ein: Ausgerechnet einen Tag vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs gab Brüssel zehn Milliarden Euro für Ungarn frei. Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz griff dann noch in die Trickkiste und überzeugte Orbán davon, bei der Abstimmung aus dem Raum zu gehen – somit gab die EU einstimmig grünes Licht für die Beitrittsverhandlungen. Olaf Scholz, sonst nicht gerade für seinen Humor bekannt, zeigte sich am Freitag gut gelaunt und durchaus launig: „Das ist nichts, was man jedes Mal machen sollte, sondern etwas für besondere Momente“, sagte er über seinen Kunstgriff, den der niederländische Premier Mark Rutte „genial“ nannte.

EU-Ratspräsident Charles Michel (Bild: AP)
EU-Ratspräsident Charles Michel
Deutschlands Kanzler Scholz (Bild: AFP/Miguel Medina)
Deutschlands Kanzler Scholz

Brüssel hat notfalls einen Plan B und einen Plan C
Aber Orbán geht nun aufs Ganze und macht mit seiner Erpressung weiter – auf Kosten aller in Europa. Die anderen 26 Länder der EU verständigten sich auf die Aufstockung des mehrjährigen Finanzrahmens, zu dem auch weitere 50 Milliarden Euro für die Ukraine gehören (siehe Video oben). Ungarn soll nun bei einem Sondergipfel im Jänner umgestimmt werden. Ob dies auch ohne ein neues Geldgeschenk an Budapest funktionieren kann, ist fraglich. Scholz gibt sich jedenfalls zuversichtlich. Und in Brüssel ist zu vernehmen, dass es sowohl einen Plan B als auch einen Plan C gibt. Notfalls könnte die Ukraine-Hilfe auch ohne Ungarn außerhalb des EU-Budgets vereinbart werden.

Österreich: Vorbehalte wegen Raiffeisen?
Österreichs Kanzler Karl Nehammer war vor allem mit der Änderung des Plans beim Finanzrahmen zufrieden – es sind nun wesentlich mehr Umschichtungen anstelle von frischem Geld geplant. Beschlossen wurde beim Gipfel auch das zwölfte Sanktionspaket gegen Russland. Österreich leistete vorerst noch Widerstand – wegen Raiffeisen, wie zu hören war. Die Regierung soll darauf gedrängt haben, dass die Ukraine den Bankenkonzern von ihrer Liste der „Internationalen Sponsoren des Krieges“ streichen lässt. Dazu sagte Kanzler Nehammer nach dem Gipfel: Österreich habe dem Sanktionspaket zugestimmt, damit sei dieses auch angenommen. „Die Raiffeisen Bank International war im Rat der Regierungschefs definitiv kein Thema“, so Nehammer.

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