Wütende Proteste

Geisel-Familien: „Nehmen nur Leichen in Empfang“

Ausland
16.12.2023 20:36

Die Angehörigen der weiter im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln der Hamas haben Israel aufgefordert, mit den Kampfhandlungen aufzuhören. „Wir nehmen nur Leichen in Empfang“, sagte etwa Noam Perry, deren Vater Haim Perry sich noch in den Händen der Terroristen befindet. 

„Wir wollen, dass Sie den Kampf beenden und Verhandlungen beginnen“, sagte sie bei einer Veranstaltung des Forums für Geiseln und vermisste Familien in Tel Aviv am Samstag.

Skandal um Tötung von Israelis
In Israel hat die versehentliche Tötung dreier Geiseln durch israelische Soldaten Trauer und Proteste ausgelöst. Die Männer waren während Kämpfen in Shejaiya im Norden des Gazastreifens erschossen worden.

Tausende Menschen protestierten auch am Samstagabend gegen die israelische Führung.  (Bild: AP)
Tausende Menschen protestierten auch am Samstagabend gegen die israelische Führung. 

Erste Untersuchungen ergaben, dass die Männer mit einer behelfsmäßigen weißen Fahne auf die Soldaten zugegangen waren, was von letzteren aber als Bedrohung wahrgenommen wurde - obwohl die Getöteten oberkörperfrei waren. Die Geiseln hätten zudem auf Hebräisch um „Hilfe“ gerufen. Ein Soldat rief dennoch „Terroristen“ und anschließend wurde das Feuer eröffnet.

Wütende Proteste in Tel Aviv
Kurz nach Bekanntwerden des Vorfalls versammelten sich vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv hunderte Menschen, die ein rasches neues Abkommen mit der Hamas zur Freilassung der verbliebenen Geiseln forderten. Nach jüngsten israelischen Angaben befinden sich noch immer 129 Geiseln in der Gewalt der radikalislamischen Palästinenserorganisation.

Angehörige wie Ruby Chen hatten Bilder ihrer Liebsten bei sich. (Bild: AP)
Angehörige wie Ruby Chen hatten Bilder ihrer Liebsten bei sich.

„Wir fühlen uns wie beim russischen Roulette“, sagte Ruby Chen, Vater einer 19-jährigen Geisel am Samstag. „Sie haben uns erklärt, dass die Bodenoffensive die Entführten zurückbringen würde“, sagte Chen. Seitdem seien zwar Geiseln zurückgekehrt, „aber nicht lebendig“, kritisierte er.

Netanyahu deutet Gespräche an
Der Druck auf die israelische Führung dürfte ist mittlerweile enorm. Israels Premier Benjamin Netanyahu deutet an, dass neue Verhandlungen über die Freilassung von Geiseln laufen. Israels Offensive im Gazastreifen habe dazu beigetragen, dass es im November ein Teilabkommen zur Freilassung von Geiseln gegeben habe, sagte Netanyahu am Samstag vor Journalisten. „Die Anweisungen, die ich dem Verhandlungsteam gebe, beruhen auf diesem Druck, ohne den wir nichts haben.“

Zuvor hatte der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad den Ministerpräsidenten von Katar getroffen. Katar vermittelt in dem Krieg. Netanyahu bekräftigte zudem trotz wachsender Kritik etwa der USA am harten Vorgehen im Gazastreifen seinen bisherigen Kurs. Israel sei in einem „existenziellen Krieg“. Dieser müsse trotz der Kosten und des Drucks bis zum Sieg fortgeführt werden. Nachdem die Hamas besiegt worden sei, werde der Gazastreifen entmilitarisiert und unter die Sicherheitskontrolle Israels gestellt.

Nach von der Nachrichtenagentur AFP zusammengestellten Informationen handelt es sich bei den verbliebenen Geiseln größtenteils um Zivilisten und dabei um Männer. Die radikalislamische Hamas hält aber auch 16 Frauen sowie Soldaten in ihrer Gewalt. Zudem sind vermutlich einige der 129 Verschleppten, die Israel offiziell als Geiseln zählt, bereits tot.

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