Wegen der Liebe zu einem ihrer Trainer gehen Franziska Gritsch und der ÖSV - zumindest bis Saisonende - getrennte Wege. Wie der Skiverband und Gritsch am Montag verkündeten, wird die Athletin mit ihrem Lebensgefährten Florian Stengg bis auf Weiteres als Privatteam unterwegs sein. Dieser Schritt erschien alternativlos, weil Stengg als Co-Trainer im Weltcup-Team der Frauen für den ÖSV nicht tragbar ist, solange die Beziehung besteht. Gritsch aber will nur mit ihm arbeiten.
„Aufgrund der privaten Situation zwischen meinem Vertrauenstrainer im ÖSV, Florian Stengg, und mir konnte unsere Zusammenarbeit innerhalb des ÖSV-Teams nicht fortgesetzt werden, was mir persönlich aber ein sehr großes Anliegen ist und weshalb wir uns gemeinsam dazu entschlossen haben dieses Herzensprojekt weiter zu verfolgen“, schrieb Gritsch auf Facebook. „Immer dem Herzen nach bedeutet manchmal neue Wege zu gehen, oftmals die Komfortzone zu verlassen und immer mutige Schritte zu wagen, um dem Bauchgefühl zu folgen und treu zu bleiben.“ Sie habe sich diese Entscheidung „wohl überlegt“, obwohl sie sich der zusätzlichen Herausforderungen bewusst sei.
Wäre „keine faire Sache“
Das Verhältnis der beiden habe sich in diesem Jahr zu etwas Festem entwickelt, klärte ÖSV-Alpinchef Herbert Mandl in Alta Badia auf. „Wir hätten ihm angeboten, andere Tätigkeiten weiter zu machen, nur nicht in der Mannschaft. Aber nachdem sie sich entschlossen haben, diesen Weg privat zu gehen, muss er ausscheiden als Trainer“, sagte er. Stengg „kann sich nicht so verstellen, dass er sie nicht irgendwie bevorzugt“, lieferte der Niederösterreicher die Erklärung. Den Teamkolleginnen gegenüber wäre das laut Mandl „keine faire Sache“ und würde zwangsläufig zu Irritationen führen.
„In bestem Einvernehmen“ habe man sich daher auf eine Auflösung des Dienstverhältnisses von Stengg mit Monatsende geeinigt, sagte ÖSV-Generalsekretär Scherer. Ein möglicher Nationenwechsel von Gritsch sei nie zur Sprache gekommen, versicherte er. „Sie wird weiterhin ÖSV-Kaderathletin bleiben, sie wird weiterhin vom ÖSV nominiert werden. Sie wird auch weiterhin sämtliche Richtlinien, sprich Bekleidungsreglements, einhalten.“ Ihr Servicemann, der von der Firma Head gestellt wird, bleibt der 26-Jährigen erhalten. „Man wird in vier, fünf Monaten ein Fazit ziehen, wie es weitergeht. Für uns ist das Schönste, wenn sie erfolgreich ist.“
Massive Auswirkungen
Massive Auswirkungen gibt es für Gritsch dennoch: Sie kann an keinen ÖSV-Trainings teilnehmen, zudem dürfen sie und ihr Freund im Weltcup nicht in denselben Unterkünften wie das ÖSV-Team wohnen. Scherer: „Wo sie Anrecht hat auf eine freie Unterkunft oder wir sowieso Beschickungskosten budgetiert hatten, werden wir die Kosten aber übernehmen.“
Stengg werde nicht mehr über den Skiverband für Rennen akkreditiert werden. Neben seinem Gehalt verliert der Tiroler auch den Fuhrpark und die über den Verband bezogene Ausrüstung. Quasi als Ersatz für den 34-Jährigen haben die ÖSV-Verantwortlichen schon vor einiger Zeit Meinhard Tatschl, den ehemaligen Vertrauenstrainer von Anna Veith, zurück ins Weltcup-Trainerteam beordert.
Die Beharrlichkeit von Gritsch ist im ÖSV schon bekannt. Vor drei Jahren hatte sich die Allrounderin mit der Weigerung, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen, für Aufsehen gesorgt. Die Ötztalerin verpasste dadurch ein Antreten bei den Weltcup-Rennen in Killington und raubte sich frühzeitig auch einer reellen Chance auf eine Olympia-Nominierung für Peking. Über den Europacup kämpfte sie sich in dieser Saison zurück und eroberte sich fixe Startplätze in mehreren Disziplinen.
Vor knapp 20 Jahren hat es schon einmal einen ähnlich gelagerten Fall bei den ÖSV-Frauen gegeben. Seinerzeit fanden Michaela Kirchgasser und der damalige Slalom-Cheftrainer zueinander. Kirchgassers Teamkolleginnen protestierten allerdings bald gegen die Beziehung, weshalb der Trainer vom ÖSV in den Nachwuchsbereich versetzt wurde.
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