Der ehemalige Finanzminister Hartwig Löger ist am Montag als Zeuge im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (beide ÖVP) wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss befragt worden. Dabei belastete er seinen einstigen Chef zwar nicht wirklich, bestätigte aber einen gewissen Einfluss auf Postenbesetzungen in der Staatsholding ÖBAG. Richter Michael Radasztics stimmte unterdessen dem Antrag der Kurz-Verteidigung zu und wird zwei russische Geschäftsleute als Zeugen laden, die Thomas Schmid im Sommer in Amsterdam traf.
„Ich habe ein Erinnerungsdilemma.“ Dieser Satz von Hartwig Löger in Bezug auf einen Sideletter zur politischen Postenaufteilung in der staatlichen ÖBAG führt dazu, dass Richter Michael Radasztics um Ruhe im Gerichtssaal ersuchen muss. Weil sich einige Beobachter ein Auflachen nicht verkneifen konnten. Der frühere Finanzminister, der als Zeuge im Prozess gegen Sebastian Kurz geladen ist, kann sich oft nicht erinnern, wer wann und mit wem über die Positionen in der Öbag gesprochen hatte.
Löger verspürte keinen Druck vom Ex-Kanzler
Die Gretchenfrage: War Altkanzler Kurz bei der Bestellung des Öbag-Chefs und der Aufsichtsräte tatsächlich nur „involviert, im Sinne von informiert“, wie er es im U-Ausschuss aussagte, oder bestimmte er aktiv mit? - „Sebastian Kurz hat sich immer wieder interessiert gezeigt“, findet Löger einen weiteren Begriff mit „i“, der die damalige Rolle des Ex-Kanzlers beschreiben soll. Bezüglich Namen habe es Austausch gegeben. Letztlich habe aber er, Löger, „versucht, die verschiedensten Vorschläge entsprechend einzuordnen“ - Druck vom Ex-Kanzler verspürte er diesbezüglich nie.
Fazit nach sieben Stunden: Schmids Angaben will Löger nicht stützen; Sebastian Kurz will er offensichtlich nicht belasten und sich selbst schon gar nicht. Zwischen diversen Chats, die auf die Leinwand projiziert werden, ein Drahtseilakt
Löger ist Zeuge Nummer drei in dem Prozess, der Gefahr läuft, sich zu einem Strudelteig zu entwickeln. Es zieht sich. Und wirkt, als würden weder Radasztics noch Oberstaatsanwalt Adamovic tiefgehende Antworten von Beschuldigten und Zeugen erwarten. Zwei Monate wird bereits über die vorgeworfene Falschaussage mit bis zu drei Jahren Strafrahmen verhandelt. Ein Prozessende ist nicht in Sicht.
Im Gegenteil. Am Montag entschied der Richter über die Ladung weiterer Zeugen. So lässt er etwa jene zwei russischen Geschäftsleute zu, die via Kurz-Anwalt Otto Dietrich eine mysteriöse eidesstattliche Erklärung abgegeben hatten.
Im Sommer führte Schmid mit ihnen in Amsterdam ein Bewerbungsgespräch für einen Top-Job in einem Öl-Unternehmen im georgischen Tiflis. Der Hauptbelastungszeuge habe den Männern gegenüber erklärt, dass er von der WKStA unter enormen Druck gesetzt werde. Auch habe er in Amsterdam falsche Aussagen über Sebastian Kurz getätigt. Dietrich will mithilfe der beiden neuen Zeugen die Glaubwürdigkeit von Thomas Schmid untergraben.
Adamovic: „Provoziertes Beweismittel?“
Doch kann das gelingen? Denn das ominöse Treffen und dessen Inhalte werfen viele Fragen auf. Adamovic formuliert es am Montag so: „Es muss geprüft werden, ob dies ein provoziertes Beweismittel ist.“ Ungewiss auch, ob die Russen der Zeugenladung folgen werden
Nicht befragt werden jedenfalls Sigi Wolf und Heinz-Christian Strache. Einen Antrag der WKStA auf deren Ladung schmetterte Radasztics ab.
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