Neues Migrationssystem
Überwiegend positive Reaktionen auf EU-Asylpakt
Das Asylsystem in der EU wird grundlegend reformiert. Nach jahrelangen Diskussionen verständigten sich Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments auf entsprechende Gesetzestexte. Ziel ist es, die irreguläre Migration einzudämmen. Die Reaktionen.
Nach der am Mittwoch erzielten Einigung ist die Erleichterung über das finale Abkommen vielerorts groß. An der Reform wurde seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 intensiv gearbeitet. Nun muss die Einigung noch vom Plenum des Europaparlaments und den EU-Staaten bestätigt werden - das gilt als Formalität.
Karner vorsichtig optimistisch
Für Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ist das Ergebnis „ein Schritt in die richtige Richtung. Strenge und schnelle Verfahren an den EU-Außengrenzen sowie Zusammenarbeit mit Drittstaaten waren und sind die klaren Forderungen Österreichs, mit dem Ziel einer deutlichen Entlastung unseres Landes.“
„Lösungen mit politischem Willen“
Positiv fiel auch das Fazit von ÖVP-EU-Mandatar Othmar Karas aus. „Einmal mehr zeigt sich: Wenn der politische Wille vorhanden ist, liefern wir Lösungen.“
Kritik von den Grünen
„Menschenrechte gelten für alle und müssen eingehalten werden. Es ist unverantwortlich, dass ein so weitreichendes und einschneidendes Gesetzespaket knapp vor Weihnachten durchgedrückt wurde“, so Monika Vana, Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im EU-Parlament.
Scholz: „Deutschland entlastet“
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet von der Reform der EU-Asylpolitik eine Erleichterung für Deutschland. „Damit begrenzen wir die irreguläre Migration und entlasten die Staaten, die besonders stark betroffen sind - auch Deutschland“, so der SPD-Politiker.
Faeser: „Funktionierende Verfahren erreichen“
Ungeachtet der Kritik von Flüchtlingsrechtsorganisationen ist auch die deutsche Innenministerin Nancy Faeser hochzufrieden mit der Einigung: „Wenn wir das Europa der offenen Grenzen im Inneren bewahren wollen, müssen wir die Außengrenzen schützen und funktionierende Verfahren erreichen.“
Von der Leyen: „Historische Einigung“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gab auf X bekannt: „Ich begrüße die historische Einigung über den Pakt zu Migration und Asyl. Ich gratuliere dem Europäischen Parlament und dem Rat zu ihrer Einigung über diesen bahnbrechenden Vorschlag für dieses Mandat.“
NEOS: Verpflichtender Solidaritätsmechanismus positiv
Die NEOS begrüßen die Einigung auf die gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik ebenfalls. „Besonders positiv sehen wir, dass es künftig einheitliche Verfahren an den EU-Außengrenzen geben soll“, so Migrationssprecherin Stephanie Krisper. „Wobei hier nicht nationale Behörden das Verfahren durchführen sollten, sondern unbedingt eine EU-Behörde. Ebenso positiv sei der verpflichtende Solidaritätsmechanismus zur fairen Verteilung von Migranten auf die EU-Länder.
Was im Pakt noch fehle, seien die Schaffung legaler Fluchtwege für besonders schutzwürdige Personen bzw. der Ausbau von Resettlement-Programmen sowie funktionierende Rückführungsabkommen, so Krisper: „Das wäre effektiver als abgelehnte Asylwerber in sichere Drittstaaten abzuschieben.“
FPÖ: „Pakt wird nichts an illegaler Massenzuwanderung ändern“
„Machen wir uns nichts vor: Der EU-Migrationspakt wird an der seit Jahren anhaltenden illegalen Massenzuwanderung unter Missbrauch des Asylrechts nichts ändern. Denn er geht in keiner Weise das Grundproblem der offenen Grenzen an, das daraus entsteht, dass jedem, der es bis an die EU-Außengrenze schafft, ein Asylverfahren gewährt wird“, so Harald Vilimsky, freiheitlicher Delegationsleiter im Europaparlament.
„Kernproblem kommt im Migrationspakt nicht einmal vor“
„Jedem sollte klar sein, dass der Schlüssel zur Lösung der Massenmigration nach Europa nur darin liegen kann, endlich damit aufzuhören, jedem ein Asylverfahren zuzugestehen - ganz gleich woher er kommt, ganz gleich durch wie viele sichere Länder er bereits gereist ist. Ohne Zurückweisungen an den Außengrenzen wird die illegale Massenzuwanderung weitergehen. Genau dieses Kernproblem kommt im Migrationspakt nicht einmal vor“, so der freiheitliche EU-Abgeordnete.
Die ÖVP-Europaabgeordneten Angelika Winzig und Lukas Mandl begrüßen hingegen die Einigung. „Als nächste Schritte muss die EU viel mehr geopolitisches Gewicht entwickeln, um mit anderen Teilen der Welt wirksame Abkommen gegen irreguläre Migration treffen zu können. Außerdem braucht es einen robusten Außengrenzschutz. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex darf hier nicht alleingelassen werden“, so Mandl.
Amnesty International und Caritas enttäuscht
Wenig Grund zum Stolzsein sehen mehrere Menschenrechts- und Hilfsorganisationen: „Die heute erzielte Einigung ist ein menschenrechtlicher Dammbruch und ein deutliches Zeichen dafür, dass sich die EU für eine restriktive Migrationspolitik entschieden hat. Die beschlossenen Verschärfungen werden das europäische Asylrecht für die nächsten Jahrzehnte prägen und riskieren, die Rechtlosigkeit an den Außengrenzen zur Norm machen“, so etwa Shoura Hashemi, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich.
Lesen Sie auch:
Dass der beschlossene Kompromiss nicht zu einer Lösung der Asylprobleme der EU führen wird, befürchtet auch die Caritas Europa. „Anstatt das EU-Asylsystem zu stärken und gerechter zu gestalten, ziehen es die EU-Mitgliedsstaaten vor, ihre Asylzuständigkeit auf Nicht-EU-Länder zu verlagern, Ankünfte zu verhindern und die Rückführung zu beschleunigen, wodurch Migranten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt werden.“
- Künftig soll es einheitliche Grenzverfahren an den EU-Außengrenzen geben. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten.
- Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können.
- Die „Frontstaaten“ sollen künftig vom Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) begleitet werden, das „in eine vollwertige Agentur umgewandelt“ wird.
- Die Verteilung der Flüchtlinge unter den EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit einem „Solidaritätsmechanismus“ neu geregelt: Wenn ein Land keine Flüchtlinge aufnehmen will, muss es Unterstützung leisten, etwa in Form von Geldzahlungen.
- Abgelehnte Asylwerber sollen künftig leichter in sichere Drittstaaten abgeschoben werden können.
Macron will Verfassungsmäßigkeit prüfen
Auch in Frankreich wurde ein umstrittenes Einwanderungsgesetz beschlossen. Reguläre Migranten sollen laut diesem Sozialleistungen wie Wohnzuschüsse oder Familiengeld erst später als bisher erhalten. Auch sollen Doppelstaatler, die Straftaten gegen Ordnungskräfte begehen, die französische Nationalität verlieren. Präsident Emmanuel Macron will dessen Verfassungsmäßigkeit prüfen lassen.
Schweiz will Erneuerung von Migrationsabkommen
Das Schweizer Parlament verlangt von der Regierung unterdessen Verhandlungen über ein neues Migrationsabkommen mit Österreich. Dieses Abkommen soll die Rückübernahme von Personen mit illegalem Aufenthalt im Land gewährleisten. Das bestehende Abkommen zwischen Österreich, Liechtenstein und der Schweiz ist seit Anfang 2001 in Kraft.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.