Buwog, Meinl

Chats & Co.: Kritik an viel zu langen Verfahren

Politik
21.12.2023 06:00

Die nächste juristische Diskussion zu Chats & Co. ist eingeläutet. Zentraler Punkt: Entschädigung für Unschuldige und die teils exorbitant langen Verfahrensdauern wie bei Buwog oder Meinl, die zudem enorme Kosten verursachen. Strafverteidiger Manfred Ainedter übt massive Kritik. 

Die VfGH-Entscheidung, dass die Sicherstellung von Datenträgern wie Handys verfassungswidrig sei und ein neues Gesetz bis spätestens 1. Jänner 2025 hermüsse, sorgt für Aufsehen. Schließlich veränderten Chats nachhaltig die Politlandschaft.

Haft für Straftat mit Handy? 
Am Mittwoch legten die Rechtsanwälte bei einer Tagung nach. Präsident Armenak Utudjian fordert neben einer „echten gerichtlichen Begründung“ für Sicherstellungen auch die Bedingung, dass die Straftat zumindest mit einem Jahr Haft bedroht sein müsste bzw. mit dem Handy verübt worden sein soll. Der Betroffene sollte über das Sichergestellte informiert werden. Der Rechtsanwaltskammertag hat für Missstände die Plattform www.wahrnehmungsbericht.at für die rund 7000 Rechtsvertreter eingerichtet.

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Vor 15 Jahren haben Staatsanwälte noch zügig entschieden. Heute wird der Akt hin- und hergeschoben. Entscheidungsfreudigkeit ist abhandengekommen.

Staranwalt Manfred Ainedter

Ermittlungen gegen Grasser starteten bereits 2009
Weiteres großes Thema: die Entschädigung bei Freisprüchen und Einstellungen. Es müssten die Anwaltskosten ersetzt werden. Damit einhergehend müssten die Verfahren kürzer werden - vor allem bei prominenten Fällen. Beispiel Buwog. Vor sechs Jahren begann der Prozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Co. Ermittlungen starteten Ende 2009. Vor 2025 ist mit keiner rechtskräftigen Erledigung zu rechnen. Oder Meinl: Nach 15 Jahren dürfte demnächst die Causa eingestellt werden.

Karl-Heinz-Grasser (Bild: Markus Tschepp)
Karl-Heinz-Grasser

Anwalt kritisiert „totes Recht“
„Es gibt immer noch zu wenig Beschuldigtenrechte“, sagt Staranwalt Manfred Ainedter. Er vertritt u. a. Grasser. Drei Jahre seien im Gesetz für Verfahren vorgesehen - die könnten jedoch immer verlängert werden. Die Staatsanwaltschaft nenne Gründe, die Gerichte seien dafür empfänglich. „Es ist totes Recht.“

Gegen Karl-Heinz Grasser läuft seit 2009 das Buwog-Verfahren. Strafverteidiger Manfred Ainedter (li.) übt Kritik an der viel zu langen Verfahrensdauer. (Bild: APA/HERBERT NEUBAUER / APA-POOL)
Gegen Karl-Heinz Grasser läuft seit 2009 das Buwog-Verfahren. Strafverteidiger Manfred Ainedter (li.) übt Kritik an der viel zu langen Verfahrensdauer.

Auch Fall Kurz dauert schon drei Jahre
Auch bei vermeintlich simplen Fällen wie aktuell zu Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Falschaussage. Das dauert schon drei Jahre. „Da heißt es dann: weil so viele Zeugen beantragt wurden. Das muss ja ratzfatz gehen“, sagt Ainedter. Er berichtet von ähnlichen, nicht clamorösen Causen, die sich „brutal in die Länge ziehen. Das ist unerträglich.“ Denn selbst ohne Schuldspruch bleibe Schaden an Reputation und Finanzen. „Vor 15 Jahren haben Staatsanwälte noch zügig entschieden. Heute wird der Akt hin- und hergeschoben. Entscheidungsfreudigkeit ist abhandengekommen.“

Sebastian Kurz (Bild: APA/Helmut Fohringer)
Sebastian Kurz

Kostenersatz für freigesprochene Mandanten gefordert
Die Strafanwälte fordern adäquaten Kostenersatz für freigesprochene Mandanten. „Dann würde man sich genau überlegen, ob es Anklage gibt. Zumal bei vielen Fällen ohnehin nichts rauskommt.“ Spesen werden in jedem Fall fällig. Das Buwogverfahren habe in Summe - inklusive Steuergeld für Ermittlungen, Staatsanwälte und Richter - rund 15 Mio. gekostet.

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