Lang, lang ist’s her - vor rund viereinhalb Jahren hat Benedikt Zech den Absprung vom SCR Altach gewagt, die Heimeligkeit des alpin geprägten Vorarlberg gegen die Weiten Polens getauscht. Und dort ist der Defensiv-Spezialist seither bei Pogoń Szczecin nicht wegzudenken, ist der 33-Jährige Jahr um Jahr immer wieder Stammspieler. Im Gespräch mit krone.at verrät Zech, was das Geheimnis seiner anscheinend ewigen Jugend ist, wie man in seiner Familie Weihnachten begeht, was er mit Pogoń noch zu erreichen trachtet und was er von einem Verbot gefährlicher Sportarten hält ...
krone.at: Warszawa statt Wien, Gliwice statt Graz oder Lubin statt Linz - seit viereinhalb Jahren spielst Du in der Beletage von Polens Klub-Fußball für Pogoń Szczecin. Ist Dir bewusst, dass Du inzwischen praktisch genauso viele Spiele in Polen wie in Österreichs Bundesliga hinter Dich gebracht hast?
Benedikt Zech: (lacht) Ach so? Nein, das habe ich nicht gewusst! Ich habe mir schon gedacht, dass es mittlerweile einige Spiele sein müssen, aber nein, das war mir echt nicht bewusst. Jedenfalls gut zu hören: Denn das heißt, dass ich in den letzten viereinhalb Jahren Vieles richtig gemacht haben muss ...
krone.at: Bist Du somit fußballerisch überspitzt gesagt bald mehr Pole als Österreicher?
Zech: Auf jeden Fall Österreicher, Vorarlberger! (lacht) Das geht nicht mehr raus aus mir ...
krone.at: 6.,3., 3. und 4. - das sind die Platzierungen, die Pogoń seit Deiner Ankunft in Polen eingefahren hat. Das zeugt zwar von Stabilität über die vergangenen Jahre, aber habt ihr da nun auch einen Plafond erreicht?
Zech: Ich glaube, dass wir mittlerweile ein Verein sind mit Ambitionen auch für ganz oben. Diesem Anspruch hinken wir diese Saison ein bisschen hinterher, weil die Liga extrem wild ist und jeder gegen jeden gewinnen kann. Ich habe kürzlich eine Tabelle nach „Expected Points“ gesehen, abgeleitet von den „Expected Goals“ - und nach der müssten wir eigentlich führen ...
krone.at: Und doch liegt Pogoń aktuell „nur“ auf Platz 6 ...
Zech: Der Verein hat sich stetig entwickelt, seit ich hier im Nordwesten Polens bin. Früher war Pogoń immer Mittelmaß, man hat eher unten herum gekämpft. Ich würde sagen, dass man für die Entwicklung dem früheren Coach, dem Kosta Runjaić, Kredit zollen muss. Mit ihm und vor allem auch durch das neue Stadion ist der Klub auf ein anderes Niveau gehoben worden - und damit auch die Ansprüche. Ich glaube, wir haben es recht gut hingekriegt in den vergangenen Jahren. Wir haben in Polen jetzt definitiv das Standing eines Top-4 Teams.
„Die Liga ist verrückt, jeder kann gegen jeden gewinnen!“
Benedikt Zech
krone.at: Abseits der Überraschungsteams Śląsk Wrocław und Jagiellonia Białystok ist Pogoń wieder einmal in einem Paket mit Lech Poznań, Raków Częstochowa und Legia Warszawa ganz vorne mit dabei. Wie schätzt Du Eure Chancen ein, heuer ganz vorne zu landen?
Zech: Das ist ganz schwer zu sagen. Leider haben wir jetzt schon elf Punkte Rückstand auf Platz 1, aber ...
krone.at: Ja?
Zech: Ohne respektlos wirken zu wollen: Śląsk schätze ich nicht ganz so stark ein, dass die da oben bleiben. Obwohl sie ja natürlich bis jetzt irgendwas richtig gemacht haben müssen, sonst hätten sie nicht so viele Punkte gesammelt. Alles in allem ist Pogoń von den Top-Mannschaften, die mit den schlechtesten Karten, weil wir einfach schon zu viele Punkte liegenlassen, haben ... (denkt kurz nach) Aber wie vorhin gesagt: Die Liga ist verrückt, jeder kann gegen jeden gewinnen. Wenn man da einmal in einen Lauf hineinkommt und fünf, sechs Spiele hintereinander gewinnt, dann kann einen das schon wieder vorkatapultieren.
krone.at: Realistischer als der Gewinn der Meisterschaft ist wohl ein Sieg im Pokal-Bewerb, im „Puchar Polski“. Da steht ihr immerhin bereits ...
Zech: ... im Viertelfinale, nach einem Sieg gegen Lukas Podolskis Gornik Zabrze.
krone.at: Könnte das euer Bewerb werden?
Zech: Der Verein hat in seiner Geschichte noch nie eine Trophäe gewonnen. Man kann es kaum noch erwarten, dass wir einmal einen Titel gewinnen, die ganze Stadt wartet darauf. Und da wir in den vergangenen Jahren eine gute Mannschaft hatten, werden sie auch ein bisschen ungeduldig ... (denkt kurz nach) Wir haben jetzt mit Lech Posen auswärts ein schweres Los bekommen - aber wenn du den Cup gewinnen willst, muss man eben auch in so einem Spiel bestehen. Insofern: Ja, es ist schon unser Ziel, dass wir da am Schluss die Trophäe hochhalten.
„Ich war jetzt doch fast ein halbes Jahr nicht mehr in Vorarlberg ...“
Benedikt Zech
krone.at: Bald kommen wir am Ende von 2023 an - ein guter Zeitpunkt, um das Jahr Revue passieren zu lassen. Wie schaut es mit Deinem persönlichen Resümee aus zur heurigen Saison?
Zech: Ich muss zufrieden sein! Anfang der Saison habe ich mich verletzt, habe Oberschenkel-Probleme gehabt - aber seitdem bin ich sehr gut durchs Jahr gekommen. Die Form hat mehr oder weniger auch gestimmt.
krone.at: Nach der Partie gegen Widzew Łódź am 16. Dezember ist die Ekstraklasa in eine Winterpause bis Anfang Februar gegangen. Wie verbringst Du jetzt diese Zeit?
Zech: Direkt nach dem Spiel ist’s von Łódź nach Warschau zum Flughafen gegangen, das liegt eh nur eine Stunde entfernt, und von dort bin ich heimgeflogen. Ich war jetzt doch fast ein halbes Jahr nicht mehr in Vorarlberg. Und dann werde ich einmal die Zeit daheim genießen, wieder alle Freunde treffen, mit der Familie beisammen sein. Das dauert dann eh immer genau die drei Wochen - das heißt, es wird schön stressig ... (lacht)
krone.at: Wie wird bei Deiner Familie und Dir privat Weihnachten gefeiert?
Zech: So wie ziemlich überall in Österreich, würde ich sagen, auf jeden Fall mit der Familie. Zuerst am Heiligen Abend mit der Familie meiner Frau, weil wir gleich daneben wohnen, und am 25. geht’s zu meiner Familie heim. Da wie dort wird gemeinsam gefeiert: mit einem guten Essen und Geschenken unterm Baum.
krone.at: Wenn wir schon von Geschenken sprechen - wenn Du beim Christkind einen sportlichen Wunsch freigehabt hättest: Was wäre Dein Wunsch für die kommende Saison gewesen?
Zech: Zuerst einmal auf jeden Fall fit zu bleiben - und dass ich am Schluss wirklich endlich mal irgendeine Silberware oder eine Trophäe in Händen halten kann. Das wäre super!
„Ich kann mir vorstellen, dass ich nochmals verlängere.“
Benedikt Zech
krone.at: Apropos Heimaturlaub: Ohne jemanden bei Deinem Klub auf böse Gedanken bringen zu wollen, aber denkt man in Polen überhaupt daran, Spielern so etwas wie ein Wintersport-Verbot in den Vertrag zu schreiben?
Zech: (lacht) Ich bin mir nicht sicher, aber es wird schon eine Klausel drinnen stehen, dass ich keine gefährliche Sportart machen soll. Aber ich bin ja quasi mit Skiern geboren und aufgewachsen - insofern ist Skifahren für mich kein gefährlicher Sport … (lacht) So kann man das ein bisschen umgehen …
krone.at: Gibt’s vom Feiern von Weihnachten eigentlich Unterschiede zwischen Polen und Österreich?
Zech: Weihnachten wird in Polen sehr, sehr ähnlich gefeiert wie bei uns daheim. Konkret bei unserem Klub muss ich einmal unser Marketing und alle, die mithelfen, loben: Schon ab dem 1. Dezember kommt man in die Kabine oder ins Stadion und es ist alles geschmückt. Überall hängen die Lichter und die Christbaum-Kugeln - da kommen schnell Weihnachtsgefühle auf. Allgemein macht man das Gleiche wie in Österreich - die Familie steht im Vordergrund, das Zusammensein und Feiern mit der Familie, einfach die zu Zeit genießen.
krone.at: Du bist inzwischen 33 Jahre alt, spielst seit 2019 für Pogoń, bist seit Deiner Ankunft in Stettin de facto Stammspieler. Hat der Benedikt Zech gar kein Ablaufdatum?
Zech: Ich hoffe nicht! (lacht) Ich fühle mich wohl und ich fühle mich fit. Solange mein Körper alles mitmacht und ich Spaß habe, werde ich das auskosten. Vielleicht kommt mir jetzt ein bisschen zugute, dass ich als Kind bzw. als Jugendlicher immer ein Spätzünder war. Vielleicht ist mein echtes biologisches Alter noch nicht ganz dort, wie es im Pass steht. Hoffentlich … (lacht)
krone.at: Jetzt ist zwar 33 heutzutage im Fußball kein Alter mehr, aber dennoch liegen wohl weniger Jahre als Aktiver auf dem Rasen vor als hinter Dir. Was für Ziele und Träume hast Du für die Zeit, die Dir noch bleibt?
Zech: Als ich vor eineinhalb Jahren meinen aktuellen Vertrag bis Sommer 2025 unterzeichnet habe, habe ich mir gedacht, dass das wahrscheinlich der letzte Vertrag hier in Polen sein wird. Mittlerweile kann ich mir alles vorstellen: Ich kann mir vorstellen, dass ich nochmals verlängere, aber auch, dass es mich doch nach Hause treibt. Ich lasse das jetzt einmal auf mich zukommen. Und wenn es einmal so weit ist, werde ich mich mit meiner Frau zusammensetzen, was am besten für unsere Familie ist.
„Aktuell ist das mit Abstand die beste Altacher Saison der vergangenen Jahre.“
Benedikt Zech
krone.at: Und wenn wir schon bei Plänen sind: Was macht der Benedikt Zech, wenn er die Fußball-Schuhe an den Nagel gehängt hat? Wirst Du im Fußball allgemein bleiben?
Zech: Ich kann mir schon gut vorstellen, dass ich im Fußball bleiben werde, weil sich mein ganzes Leben bisher um Fußball gedreht hat. Ich habe nichts anderes gemacht und einiges an Erfahrung sammeln können und dürfen. Aber falls sich eine andere Türe aufmacht, sage ich natürlich nicht nein. Wer weiß …
krone.at: Also, die Chance lebt, dass Du so in den nächsten zehn Jahren Trainer in Altach wirst?
Zech: Ich schließe mal gar nichts aus, sagen wir einmal so … (lacht)
krone.at: Wenn man mit Benedikt Zech spricht, muss man natürlich auch kurz auf seinen Ex-Klub SCR Altach eingehen: Was sagst Du zur heurigen Performance der Rheindörfler?
Zech: Aktuell ist das mit Abstand die beste Altacher Saison der vergangenen Jahre. Man sieht auch eine Entwicklung. Ich finde, der Kader ist auch besser zusammengestellt worden, der ist definitiv konkurrenzfähig. Die Punkteausbeute spiegelt nicht ganz die Leistung der Mannschaft wider, ich glaube, da wäre noch viel mehr drinnen gewesen. Sie haben einige Spiele nur unglücklich verloren, einige Punkte hergeschenkt.
krone.at: Abschließend noch zu etwas ganz anderem: Wie schaut’s mit deinen Polnisch-Kenntnissen nach über vier Jahren Legionärs-Dasein in Polen aus?
Zech: (lacht) Es schaut noch immer nicht so gut aus, wie es nach der langen Zeit sein sollte. Aber wir sind natürlich auch bei einem internationalen Klub mit sehr vielen Ausländern aus ganz Europa. Der vorige Trainer war ein Deutscher, der jetzige ein Schwede - da wird sowieso alles auf Englisch gehandhabt. Und fürs Brot kaufen beim Bäcker, dafür reichen meine Polnisch-Kenntnisse mittlerweile allemal … (lacht)
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