Ringen um Normalität

ÖBB-Chaos und hohe Preise: 30 € für einen Fixplatz

Österreich
22.12.2023 05:59

Nach der wetterbedingten ÖBB-Pannenserie mit Hunderten gestrandeten Passagieren auf der Süd- und Weststrecke dürften die Nachwehen noch bis Mitte Jänner zu spüren sein. Kunden berichten von Wucherpreisen und miesem Service. Die ÖBB geloben Besserung.

Stolze 30 Euro sollte ein Fahrgast für die Sitzplatzreservierung für die Strecke Linz - Salzburg zahlen. „Normalerweise kostet das drei Euro“, weiß Matthias N., der am Donnerstag kurzfristig ein Online-Ticket um 30 Euro für den Railjet gekauft hat. Eigentlich wollte er den Zug davor nehmen, doch im Internet sah er, dass dieser eineinviertel Stunden Verspätung hatte. Also wählte er den Zug um 12.45 Uhr. „Dieser war bummvoll, ich hatte Glück und habe noch einen Sitzplatz erwischt, aber etliche Fahrgäste mussten stehen“, so Matthias N. Die Rückfahrt von Salzburg in Richtung Wien habe aber einwandfrei funktioniert.

In diesem überfüllten Zug von Wien nach Klagenfurt bekam ein Fahrgast trotz Reservierung keinen Sitzplatz. (Bild: zVg)
In diesem überfüllten Zug von Wien nach Klagenfurt bekam ein Fahrgast trotz Reservierung keinen Sitzplatz.

Ähnlich die Situation bei Marcel R., der schon vor knapp zwei Wochen mit den ÖBB von Wien nach Klagenfurt gefahren ist - der Zug war maßlos überfüllt (siehe Foto oben). Der Ärger war groß, als R. - trotz gültiger Reservierung! - keinen Sitzplatz bekam: „Der Waggon, in dem mein Platz war, ist nämlich einfach ausgefallen“, sagt er im Gespräch mit der „Krone“.

Vier-Euro-Gutschein als Entschädigung
Als Entschädigung bekam der Kärntner vor Ort einen Vier-Euro-Gutschein fürs Bordrestaurant, also quasi einen Euro mehr als die Reservierung selbst kostet. „Dieser Gutschein ist der Versuch eines kleinen Entgegenkommens, die Hand auszustrecken, mit der Botschaft, dass es uns leidtut und dass wir bemüht sind, die Qualitätsmängel in den Griff zu bekommen. Wir entschuldigen uns in aller Form“, so die ÖBB.

Andere mussten den Zug sogar verlassen und durften gar nicht mitfahren - aus Sicherheitsgründen. Fahrgäste schildern Horrorerlebnisse am Bahnsteig. Die Ursache für das Ärgernis: die beschädigten und ausgefallenen Railjets, deren Platz nun alte Garnituren ohne WLAN und mit weniger Platz einnehmen. 

Preispolitik

  • Grundsätzlich gilt: Je früher man sein Ticket bucht, desto billiger.

  • Das billigste Ticket erhält man bei Buchung 180 - 15 Tage vor Abfahrt.

  • Einen höheren Preis bezahlt man bei einer Buchung 14 - 1 Tag(e) vor der Abfahrt. Achtung! Wer sein Ticket am Tag der Abfahrt kauft, bezahlt den höchsten Preis.

  • Wer sein Ticket online kauft, bezahlt einen günstigeren Preis als bei der Buchung am Automaten oder am Schalter.

„Durch die wettertechnisch bedingte Katastrophe - also durch massive Schneefälle und umgestürzte Bäume - gibt es immer noch betriebliche Störungen des gesamten Railjet-Systems. Dieses ist so komplex, dass es sich nach einem Totalzusammenbruch eben nur schrittweise wieder hochfahren lässt“, analysiert ein langjähriger erfahrener Bahnexperte und ÖBB-Kenner.

Nach den starken Schneefällen Anfang Dezember mussten mehrere Railjets in die Werkstätten beordert werden. (Bild: ÖBB/Christoph Posch)
Nach den starken Schneefällen Anfang Dezember mussten mehrere Railjets in die Werkstätten beordert werden.

Weihnachtsverkehr soll gesichert sein
Abgesehen davon sei der Railjet ein europaweites Erfolgsmodell. Dennoch kam es - wie berichtet - seit Anfang Dezember zu massiven Ausfällen, stundenlangen Verspätungen und auch menschlichen „Tragödien“, weil Hunderte Passagiere vor allem auf der Südbahnstrecke im Nichts gestrandet waren und mühsamen Schienenersatzverkehr in Anspruch nehmen mussten. Kernproblem: der Ausfall von vier RJ-Garnituren, die durch herabfallende Oberleitungen schwer beschädigt worden waren. Und das ausgerechnet vor den Feiertagen. „Wir mobilisieren alles“, versichert ÖBB-Personenverkehrs-Vorstand Klaus Garstenauer: „Am Mittwoch war der erste Railjet repariert und einsatzbereit.“ Weitere zwei sollen am Freitag wieder rollen.

Für die Behinderungen, im Zuge derer Passagiere in altes Wagenmaterial und sogar S-Bahn-Garnituren gestopft werden mussten, entschuldigt sich der Bundesbahner ausdrücklich. Die Aussichten für Weihnachten skizziert er so: 32.000 zusätzliche Sitzangebote. Man sei für die Festtage bestens gerüstet.

Zitat Icon

Es tut uns sehr leid, dass es zu diesen für unsere Passagiere sehr unangenehmen Problemen kam. Der schwere Schnee machte uns zu schaffen.

(Bild: Andreas Jakwerth/ÖBB)

ÖBB-General Mag. Andreas Matthä

Infrastruktur auf Südstrecke hinkt nach
Doch auch künftig wird mit Pannen zu rechnen sein. „Während auf der Weststrecke von Wien Richtung Salzburg durch den Ausbau der Bahninfrastruktur Fahrzeiten und Intervalle erreicht werden, die vorher kaum vorstellbar waren, ist die Südstrecke von den Bahninfrastrukturgegebenheiten für die Railjets betriebstechnisch weit weniger geeignet“, so der Bahnexperte weiter. Dies führe zu häufigeren betriebsbedingten Störungen, vergleichbar mit dem Deutschen Eck, und zu verkürzten Einsatzzeiten der Abnutzungsteile. Generell gingen die ÖBB bei der Planung der Kapazitäten für den Railjet von niedrigeren Fahrgastzahlen aus - doch dann kam bekanntlich das Klimaticket.

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