Die von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) eingesetzte U-Kommission, die der Frage nachgehen soll, ob die Volkspartei versucht hat, Einfluss auf Ermittlungen der Justiz auszuüben, ist jetzt komplett. Wie angekündigt, wird es auch eine Meldestelle geben, an die sich Hinweisgeber anonym wenden können.
Neben dem Korruptionsexperten Martin Kreutner, der bereits Anfang Dezember als Leiter der U-Kommission präsentiert worden war, sind noch sechs weitere Expertinnen und Experten vertreten. Die weisungsunabhängige Kommission ergänzen der ehemalige Präsident des bayrischen Verfassungsgerichtshofs, Peter Küspert, Strafrechtsprofessor Robert Kert (Wirtschaftsuniversität Wien), der ehemalige OGH-Vizepräsident Matthias Neumayr, die Präsidentin des Landesgerichts Feldkirch, Angelika Prechtl-Marte, sowie die im Justizministerium für Compliance zuständige Abteilungsleiterin Ruth Straganz-Schröfl und Oberstaatsanwältin Michaela Breier von der Oberstaatsanwaltschaft Linz.
Tonbandaufnahme Anlass für U-Kommission
Anlass für die Einsetzung der Kommission war das Auftauchen einer Tonaufnahme, auf der der verstorbene Sektionschef Christian Pilnacek, einst mächtigster Mann im Justizministerium, bei einer abendlichen Runde mit Bekannten im Wirtshaus Ende Juli gesagt hatte, die ÖVP habe verlangt, dass er Ermittlungen einstelle und Hausdurchsuchungen abdrehe, was er stets alles abgewehrt habe. Namentlich nannte er unter anderem Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka.
Aufklären soll die Kommission durch Aktenstudium und Interviews nun etwa, ob es vom 1. Jänner 2010 bis Dezember 2023 Einflussnahmen auf staatsanwaltschaftliche Vorgänge gegeben hat. Den Startzeitpunkt markiert dabei in etwa der Amtsantritt Pilnaceks als Sektionschef (Herbst 2010).
Endbericht soll Mitte Juni vorliegen
Ebenfalls untersucht wird, ob es Interventionen von politischen Parteien - etwa vonseiten der Volkspartei - auf die Justizverwaltung gegeben hat. Die Arbeit der Kommission soll am 31. Mai 2024 abgeschlossen sein, der Endbericht wird am 15. Juni vorgelegt und in der Folge veröffentlicht.
Zugriff auf die der Meldestelle übermittelten Informationen soll ausschließlich die U-Kommission haben. Über einen geschützten Postkasten sollen die Hinweisgeberinnen bzw. Hinweisgeber dann Informationen über das weitere Vorgehen erhalten. Die Zugangsdaten sollen anonym und für niemanden sichtbar sein, auch die Verwendung von Pseudonymen ist möglich. Erreichbar ist die Meldestelle über einen Link auf der Homepage des Justizministeriums.
Justizministerium sucht Nachfolger für Pilnacek
Indes ist das Justizministerium auf der Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger für den im Oktober verstorbenen, zuvor suspendierten Pilnacek. Die Leitung der „Sektion IV“ (Strafrecht) wurde am Freitag ausgeschrieben. Pilnacek war aufgrund diverser Vorwürfe - u.a. Verletzung des Amtsgeheimnisses - im Februar 2021 suspendiert worden. Im einzigen abgeschlossenen Prozess wurde er freigesprochen. Die Bewerbungsfrist läuft bis 26. Jänner 2024.
Die Sektion IV wurde zuletzt interimistisch von Christian Manquet geleitet, er trete Ende Jänner den Ruhestand an, hieß es aus dem Justizministerium. Bewerberinnen und Bewerber sollen u.a. eine langjährige und umfassende Erfahrung in der Strafrechtslegistik, eine mindestens dreijährige Führungserfahrung und ein „ausgeprägtes Verständnis für Grundrechte“ mitbringen.
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