Heimische junge Unterhaus-Kicker zeigten sich vor den Augen von amerikanischen College-Trainern und Scouts von ihrer besten Seite. Das Ziel: ein Stipendium, um Fußball und Studium in den USA zu kombinieren. Möglich macht das die Wiener Sport-Vermittlungsagentur „Students Go West“. Die beiden Gründer, Ex-Admiraner Fabio Rumpler und GAK-Nachwuchsspieler Luca Puster, wagten einst selbst den Schritt über den Atlantik. „Das hat mein Leben komplett auf den Kopf gestellt“, so Rumpler.
Im Sportcenter Donaucity fanden sich 40 Spieler im Alter zwischen 16 und 25 Jahren aus Regionalliga und Landesliga, aber auch ehemalige Zweitliga-Kicker zum sogenannten Showcase zusammen, um für ein Stipendium vor zehn US-Trainern von verschiedenen Universitäten vorzuspielen. Durch Highlight-Videos waren die Coaches bereits im Vorfeld auf einige Talente aufmerksam geworden. Beim Showcase stand der persönliche Kontakt im Mittelpunkt.
So funktioniert der College-Sport in den USA
Dazu muss man wissen: Der Sport in Amerika ist in das Bildungssystem integriert. Vereinsstrukturen - wie in Österreich - gibt es dort nicht. Universitäten und Colleges bieten in der Regel mehrere Sportarten an, für die sie hauptberufliche Trainer und meist hervorragende Trainingsbedingungen haben. Der College-Sport hat eine entsprechend starke identitätsstiftende Wirkung für die Studierenden. Soccer-Liga-Spiele vor 5000 Fans sind keine Seltenheit, sodass der Uni-Sport in den USA auch vermarktet werden kann. Unis und Colleges haben ebenso die Möglichkeit, europäische Spieler in Form von Stipendien zu verpflichten.
Besonders Spielern, für die der Traum vom Profivertrag vermeintlich geplatzt ist, bietet die Wiener Agentur „Students Go West“ Möglichkeiten an, Fußball und Ausbildung miteinander zu verbinden und die Karriere an College-Ligen in den USA fortzusetzen. Im vergangenen Jahr „exportierte“ man so über 30 Sportlerinnen und Sportler, heuer sollen es knapp doppelt so viele werden.
„Das hat mein Leben auf den Kopf gestellt“
Ganz nach dem Motto: von Sportler für Sportler. Geschäftsführer Fabio Rumpler erhielt einst bei der Admira nicht die Chance auf einen Profivertrag, kickte von 2013 bis 2016 bei den Juniors in der Regionalliga, ehe er sich für ein vierjähriges Studium in den USA entschied. Mit einem Bachelor-Zeugnis in der Hand reiste der Wiener zurück in die Heimat - der Startschuss für „Students Go West“. „Als ich damals keinen Profivertrag bei der Admira bekommen habe, war das für mich wie eine in die Gosch‘n. Aber aus dieser vermeintlich negativen Sache entwickelte sich was Positives. Das hat mein Leben komplett auf den Kopf gestellt.“ An der Creighton University, die zum damaligen Zeitpunkt als beste Uni-Mannschaft im Männer-Fußball galt, kickte er im Durchschnitt vor 3500 Zuschauern.
Erfahrungen, die er gemeinsam mit Partner Luca Puster an leidenschaftliche Unterhaus-Kicker weitergeben möchte. „Ich hätte mir damals gewünscht, dass mich jemand an der Hand nimmt und mir zeigt, was möglich ist. Uns geht es nicht darum, dass es jeder machen soll. Jeder, der die Möglichkeit vielleicht ins Auge fasst, soll darüber Bescheid wissen. Das ist uns das Wichtigste“, erklärt Puster.
Von der 2. Liga nach Florida
Einer, der aktuell seinen Traum in den USA lebt, ist Fabian Vyhnalek. Zwei Jahre spielte er für den SV Horn in der 2. Liga. Nach weiteren Stationen in Zwettl und Wiener Neustadt entschied er sich für ein Studium in Florida an der Lynn University. Für ihn sei es ein Schritt ins Ungewisse gewesen, aber er sei sehr dankbar, dass alles so gekommen ist. „Ich möchte für meine Zukunft das Beste herausholen und man entwickelt sich zudem persönlich enorm weiter.“
Für die 40 Unterhaus-Kicker stand beim Showcase viel auf dem Spiel. Drei Teams traten in 30-minütigen Partien gegeneinander an, spielten sich bestenfalls auf die Notizblätter und in die Köpfe der Coaches.
Österreicher bei US-Coaches beliebt
Dabei erfreuen sich heimische junge Spieler in den USA großer Beliebtheit. Tennant McVea, Trainer an der Old Dominion University in Virginia, schildert: „Die letzten Jahre hatte ich zwei Österreicher in meinem Team und war von deren Einstellung begeistert. Das Niveau hier ist wirklich gut und ich glaube viele von hier können in den College-Ligen eine wichtige Rolle spielen.“ Sein Kader besteht aus 26 Kickern, davon kann er sechs bis sieben Spieler mit Stipendien ausstatten. Ein einzelnes Stipendium hat im Durchschnitt einen Wert von rund 70.000 US-Dollar.
Deutscher über College und MLS-Draft zum Titel
Der Weg über das College kann für manche sogar den Sprung zum Profi bedeuten. Ein Paradebeispiel, wie es von der Uni auch in die Profi-Welt gehen kann, ist der Deutsche Julian Gressel. In vier College-Spielzeiten erzielte er in 84 Spielen 30 Tore und wurde 2017 im Draft der MLS ausgewählt. Der mittlerweile 30-Jährige spielte seither für Atlanta United, D.C. United, Vancouver Whitecaps und seit Sommer für Columbus Crew. Mit letzterem Team triumphierte er vor wenigen Wochen im MLS-Finale gegen Titelverteidiger Los Angeles (2:1).
Ein weiteres Aushängeschild ist der 27-jährige Premier-League-Profi Jack Harrison, der für Leeds United geigt und seit Sommer an Everton verliehen ist. 2015 erhielt der Brite ein Stipendium für die Wake Forest University in North Carolina, war anschließend bei New York City FC in der MLS und hat sich seit 2018 in Englands höchster Spielklasse etabliert.
„Möchte meine Chancen ausloten“
Diesen Traum verfolgt auch der 21-jährige Christoph Gruber, der beim Showcase die Trainer überzeugen wollte. Der Salzburger absolviert derzeit seinen Zivildienst und spielt bei Regionalligist TSV St. Johann. Gruber war bereits zwei Jahre in Übersee an der McKendree University. „Ich möchte jetzt meine Chancen ausloten und bestenfalls den nächsten Schritt zum Profi machen“, sagte Gruber. In Amerika habe er besonders athletisch einen riesigen Schritt gemacht. Davon profitiere er jetzt enorm in der Regionalliga.
Am Ende des Showcase konnte rund ein Viertel der Athleten aufzeigen und verdiente sich Recruiting-Gespräche bei den Coaches. Von dem ein oder anderen Kicker wird sicher noch zu hören sein ...
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