Attentat in Prag
„Das ist die schlimmste Weihnacht meines Lebens“
Fassungslosigkeit statt Feierlaune: Nach dem verheerenden Amoklauf mit 15 Toten überzieht Tristesse die sonst so lebhafte Goldene Stadt - ein „Krone“-Lokalaugenschein.
Bei unwirtlichem Schneeregen, eisigem Wind und wolkenverhangenem Himmel versammeln sich am Tag nach dem beispiellosen Blutbad vor der Prager Universität Hunderte Menschen. Sie legen Blumen ab, zünden Kerzen an, sprechen leise Gebete und haben Tränen in den Augen. In Interviews mit der „Krone“ schütteln sie nur entsetzt den Kopf und verfluchen den Amoklauf. Selbst Mütter mit Kinderwagen sind hier, um getöteten Angehörigen oder Freunden auf diese Art ihre letzte Ehre zu erweisen. Marek, ein junger Mann mit gelben Blumen in der Hand, erzählt: „Verflucht! Einer meiner besten Freunde wurde hier getötet. Das ist mit Abstand die schlimmste Weihnacht meines Lebens!“
Die Schüsse waren so laut, dass alle sofort in Deckung gegangen sind. Zum Glück war der Attentäter ein Einzeltäter - und zum Glück ist er tot.
Marek verlor durch den Schützen einen Freund
Nacht der Trauer
Touristen, die über die Karlsbrücke die Moldau passieren, haben angesichts dieser Weihnachtstragödie die Freude an der Kulturstadt ein wenig verloren. Im angrenzenden Café Museum sprechen wir mit Renata, einer Dame, die vorgestern das Massaker miterleben musste.
Aufgelöst zeigt sie uns auf ihrem Handy Fotos vom Polizeieinsatz und der Studenten, die sich auf Vordächer vor dem Todesschützen retten konnten. Auf dem gegenüberliegenden Prunkbau wehen sechs schwarze Fahnen. Weihnachten in Prag ist heuer nicht die Nacht des Friedens, sondern die Nacht der Trauer. „Wie lässt sich so ein Amoklauf verhindern?“, fragt eine tschechische TV-Reporterin in die Runde. Antwort bekommt sie keine.
Städtetourismus läuft weiter
Indes versucht eine private Security-Truppe in blauen Overalls den Tatort abzusichern. Jetzt, am Tag danach, wirken sie allerdings so hilflos wie Zinnsoldaten am Rande eines Kriegsschauplatzes. Während also über der Universität der Schatten des Blutbades liegt, läuft das Leben, sprich der Prager Städtetourismus, relativ normal weiter. Rund um den Wenzelsplatz brodelt es vor ausländischen Gästen.
Viele haben das Massaker gar nicht mitbekommen. Ein Pizza-Wirt spielt laut das Lied „Bella Ciao“. Ein Versuch, die gespenstische Stille in der Goldenen Stadt aufzubrechen. Zum Teil gelingt es ihm auch.
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