Radikaler als Taliban

Wien im Visier: Erste Details zu den Drahtziehern

Österreich
24.12.2023 13:41

Islamisten der Gruppe ISPK sollen Anschläge in Wien, Köln und Madrid geplant haben. Über die Feiertage hätten laut Angaben vor allem Gebetsstätten wie der Stephansdom ins Visier genommen werden sollen. Lesen Sie hier, was die Gruppe so gefährlich macht.

Der ISPK, Islamischer Staat in der Provinz Khorasan, steht derzeit bei Nachrichtendiensten unter besonderer Beobachtung. Die Gruppe ist aktuell erfolgreich darin, Terroristen nach Europa zu schleusen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa soll die Organisation für den jüngsten Terroralarm in Wien verantwortlich sein.

Bereits im Sommer war eine siebenköpfige islamistische Tadschiken-Zelle des ISPK in Deutschland und den Niederlanden gesprengt worden. Sie hatten ebenfalls einen größeren Terroranschlag geplant, bereits mögliche Ziele ausspioniert. Diese waren getarnt als Kriegsflüchtlinge mit falschen Papieren aus der Ukraine über Polen nach Deutschland geschleust worden.

Noch radikaler als Taliban
Bei den Terroristen handelt es sich um eine Splittergruppe des Islamischen Staates (IS). Nach dessen Zerschlagung haben sich die Mitglieder der Organisation verstreut. „Viele davon sind in Afrika. Doch die momentan aktivste nennt sich ISPK (auch ISKP oder ISIS-K) und sitzt in Zentralasien“, berichtet Peter R. Neumann, Professor für Sicherheitsstudien am King’s College London.

Der Extremismusforscher zur aktuellen Gefährdungslage:

Das „K“ in ISPK steht dabei für „Khorasan“ und damit für eine historische Region in Zentralasien. Die Drahtzieher, die hinter den aktuellen Anschlagsplänen stecken sollen, sitzen wohl in Afghanistan. Die Terroristen kämpfen dort gegen die aus ihrer Sicht zu lasche politische Führung. Allerdings gelang den ISPK-Anhängern bisher nur die Einnahme von wenigen Dörfern. Zur Erinnerung: Das Land wird seit dem Abzug westlicher Streitkräfte von Terroristen der Taliban regiert.

Anschläge sollen innenpolitisch stärken
„Wie häufig der Fall, reagierte die Gruppe auf Erfolglosigkeit im Inneren mit einer Strategie der Externalisierung. In den letzten Jahren hat ISPK zunehmend Ziele in der ‚Nachbarschaft‘ angegriffen und dort auch Kämpfer rekrutiert“, erklärt Neumann auf der Plattform X. Er nennt Länder wie Pakistan, Usbekistan und Tadschikistan. Bei den Verdächtigen in Wien soll es sich um Tadschiken handeln. Das Innenministerium bestätigte bisher lediglich vier Festnahmen. Mehr wird aus „kriminaltaktischen Gründen“ nicht genannt.

Die Polizei bewacht mit einem großen Aufgebot den Stephansdom. (Bild: Patrick Puchinger)
Die Polizei bewacht mit einem großen Aufgebot den Stephansdom.

Die Staatsanwaltschaft Wien sprach hingegen nur von drei Terrorverdächtigen. Die vierte Person sei im Zuge der Amtshandlung in Gewahrsam genommen worden. Es handle sich um erwachsene Männer und eine Frau, präzisierte die Staatsanwaltschaft am Nachmittag.

„Es gibt derzeit keine Anhaltspunkte, dass ein Anschlag in Wien unmittelbar bevorgestanden wäre“, meinte Behördensprecherin Nina Bussek im Gespräch mit der APA. Dessen ungeachtet dürfte die Verdachtslage gegen die drei Festgenommenen beträchtlich sein. Bei den Männern wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt und Datenträger sichergestellt. Diese müssen nun ausgewertet werden. Die Verdächtigen würden aktuell verhört.

Auf das Trio dürften die Staatsschutz- und Strafverfolgungsbehörden ein Mal mehr aufgrund von Hinweisen von ausländischen Partnerdiensten aufmerksam geworden sein.

Experte sicher: ISPK zu Anschlag fähig
Der ISPK baute in den vergangenen Jahren sein Netzwerk aus. Ermittlungen nach Festnahmen im Westen führen immer häufiger zu den Terroristen aus Zentralasien. Dem Extremismusexperten zufolge sind sie wohl der einzige IS-Ableger, der aktuell fähig wäre, im Westen einen großen, koordinierten Anschlag durchzuführen. Durch das Töten im Westen soll vor allem das Profil in der Heimat geschärft werden.

Bereits bei der Aushebung der Zelle im Sommer sei es Ziel der Festgenommenen gewesen, „in Deutschland öffentlichkeitswirksame Anschläge im Sinne des IS zu verüben“, erklärten Ermittler damals. Welche Gefahr von den Islamisten ausgeht, zeigt der aktuelle Fall.

Kontrollen werden verschärft
Die Schutzmaßnahmen in Wien sind daher im öffentlichen Raum und in den Bundesländern erhöht worden, gefährdete Orte und Objekte - etwa Kirchen, religiöse Veranstaltungen, Gottesdienste und Weihnachtsmärkte - würden der Polizei zufolge verstärkt bewacht. Zivile und uniformierte Einsatzkräfte seien mit besonderer Ausrüstung und Langwaffen im Einsatz. Wenn notwendig, könne es auch zu Zutrittskontrollen kommen.

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