Die Signa Prime Selection AG, die wichtigste Tochter im Firmengeflecht des Tiroler Immobilienjongleurs René Benko, hat am Donnerstagvormittag am Handelsgericht Wien einen Insolvenzantrag eingereicht. Das teilte das Unternehmen in einer Aussendung mit. Es werde ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung beantragt, hieß es. Am Freitag wird die Signa Development Selection AG einen Insolvenzantrag einreichen.
Die Signa Prime Selection packte schon marketinggerecht in ihren Namen, was sie im Benko-Firmenkonstrukt darstellen sollte: Die Crème de la Crème der Signa-Immobilien als größte Signa-Gesellschaft in diesem Bereich. Doch auch diese Hochglanzgesellschaft ist nun insolvent. Die Verbindlichkeiten betragen Gläubigerschützern zufolge etwa 4,5 Milliarden Euro, das Aktivvermögen liege bei rund 1,3 Milliarden Euro. 300 Gläubiger und 28 Arbeitnehmer seien betroffen.
Das Unternehmen bietet seinen Gläubigern eine Sanierungsquote von 30 Prozent zahlbar binnen zwei Jahren an - das wären 1,4 Milliarden Euro. Das Unternehmen soll fortgeführt werden.
Hauptsache Luxus
Zur Prime Selection gehören beispielsweise das Goldene Quartier mit dem Luxushotel Park Hyatt, das Kunstforum und das derzeit als Rohbau dastehende Möchtegern-Luxuskaufhaus Lamarr in Wien.
Das „Gross Asset Value“, also die Summe der Immobilienwerte, wurde auf der Homepage zuletzt mit 20,4 Milliarden Euro angegeben. In Medienberichten war jedoch von teils deutlich überbewerteten Immobilien die Rede - etwa in Berlin beim Upper West. Neben der ruhenden Lamarr-Baustelle in Wien steht beispielsweise auch der Bau des Wolkenkratzers Elbtower in Hamburg still.
Fokus laut Firmenangaben: Investition und langfristiges Halten außergewöhnlicher Immobilien in besten Innenstadtlagen. Seit 2010 habe man sich zu einer der größten Immobiliengesellschaften Europas entwickelt. Nun kam die Pleite, in der die Fortführung mit einer Sanierung gelingen soll.
Vorstandssprecher wurde schon zuletzt der Sanierer Erhard Grossnigg. Sein Vorgänger Timo Herzberg wurde per sofort als CEO enthoben, was dieser auch bei der zweiten besonders großen Signa-Immobiliengesellschaft Development Selection gewesen war. Aufsichtsratsvorsitzender beider Gesellschaften ist Ex-Bundeskanzler und -SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer. Stellvertreter ist der Ex-Generaldirektor der Casinos Austria, Karl Stoss.
Was passiert mit Protzimmobilien?
Herzeige-Projekte finden sich auch in deutschen Metropolen wie Düsseldorf (Carsch-Haus), München (Karstadt am Bahnhofplatz, Oberpollinger, Alte Akademie), Hamburg (Elbtower, Kaufmannshaus, Alster-Arkaden, Gänsemarktpassage) und Berlin (KaDeWe, Upper West, Karstadt Hermannplatz, P1). In kleineren Städten wie Innsbruck und Bozen gehören das Kaufhaus Tyrol bzw. das Museumsquartier am Virgl zur Prime.
In Wien ist auch der Austria Campus beim Nordbahnviertel Teil der Prime Selection. Das Meinl-Haus am Graben wurde schon zuletzt um angeblich 80 Millionen Euro an den Wohlfahrtsfonds der Wiener Ärztekammer verkauft. Auch die Postsparkasse gehört zum insolvenzbedingt vergilbenden Benko-Hochglanzreich.
Verschachtelte Eigentümerstruktur
Die gesamte Eigentümerstruktur ist sehr verschachtelt - elf Gesellschaften mit weiteren unterschiedlichen Besitzern, die zum Teil internationalen Milliardären zuzurechnen sind -, eine wichtige Rolle spielt die Familie-Benko-Privatstiftung. Die Mitaktionärin Signa Holding hält knapp 20 Prozent und soll im Rahmen ihres bereits eröffneten Insolvenzverfahrens saniert werden.
Berechnete wirtschaftliche Eigentümer sind laut Wirtschafts-Compass schlussendlich Ingeborg Benko, René Benko, TPA-Wirtschaftsprüferin und -Steuerberaterin Karin Fuhrmann sowie Marcus Mühlberg. Letztgenannter ist neben Christoph Stadlhuber Geschäftsführer der bereits Ende November insolvent gewordenen Signa Holding.
Verwirrungen haben System
Aus Medienberichten geht hervor, dass die Signa-Gruppe in den vergangenen Jahren viel Energie darin gesteckt hat, eine Konsolidierungspflicht des Gesamtkonzerns zu vermeiden. Die Firma habe gesellschaftsrechtliche Verschachtelungen innerhalb der Gruppe ganz bewusst so gestaltet, dass keine gesetzliche Konsolidierungspflicht entsteht, Unterstützerin war die Kanzlei TPA, zeigten jüngst veröffentlichte Unterlagen.
Zuletzt (2022) waren die Zahlen bereits tiefrot, das EGT war mit rund 1,2 Milliarden Euro negativ. Die Mitarbeiterzahl der Prime-Gruppe belief sich auf 313, nachdem es im Jahr 2021 noch 467 gewesen waren, zeigt der Wirtschafts-Compass.
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