Mit Frust und Zorn sieht man in Wien-Neubau die Baustelle des „Lamarr“-Kaufhauses, die nach dem Kollaps der Signa-Firmen verwaist ist. Viele trauern bereits früheren Leiner-Zeiten nach, manche kämpfen im Schatten des Rohbaus schon um ihre Existenz.
Nicht erst seit den Feiertagen steht die Baustelle des geplanten Signa-Kaufhauses „Lamarr“ still: Beim Trafikanten nebenan fehlen schon seit einiger Zeit die Bauarbeiter, die seinen Umsatz mit ihren Einkäufen über Wasser gehalten haben. Offiziell heißt es weiterhin, es gebe keinen Baustopp und die Arbeiten seien zu 99 Prozent abgeschlossen. Nur: Damit ist offenbar der Rohbau gemeint.
Gewöhnungsbedürftiges Gerippe
Vom Innenausbau, der inzwischen in vollem Gang sein sollte, findet sich nicht einmal die Spur eines Anfangs. Beruhigenden Worten trauen Anrainer und Kaufleute nicht mehr: Sie sind überzeugt, dass sich auf der Baustelle so bald niemand blicken lassen wird - und dass die Stadt noch länger von dem staubigen Betongerippe verschandelt wird.
Wehmütige Erinnerungen an verlässliche Tradition
Nicht wenige trauern bereits Zeiten nach, als an dieser Stelle noch „der Leiner“ für berechenbare Kaufmannstradition stand. Und der Ärger über die einstigen Versprechen der Signa-Holding über ein bald öffnendes Luxuskaufhaus als neuem Glanzstück für die Mariahilfer Straße wächst.
Ich bin überrascht, dass diese Signa in sich zusammenbrechen kann wie ein Kartenhaus. Ein schönes Kaufhaus würde schon gut herpassen.
Peter Mohn, Anrainer
Bild: Zwefo
Der Großteil der Passanten hat inzwischen überhaupt Zweifel daran, ob es dort noch ein weiteres Kaufhaus braucht. „Sie sollten ein reines Hotel draus machen“, meint eine Dame. „Fetzeng’schäfte haben wir auf der Mariahilfer Straße eh schon genug, alle großen Handelsketten sind auch schon da“, meint ein Passant.
Stadt mit gebundenen Händen
Die Stadt kann vorerst nicht viel mehr als relativ tatenlos zusehen. Baupolizeiliche Kontrollen stellen zwar sicher, dass die Baustelle den Vorschriften gemäß gesichert wird, das war‘s dann aber auch schon.
Bisher habe ich zumindest noch Bauarbeiter als Kunden gehabt. Wenn das in drei, vier Monaten nicht anders wird, muss ich mir etwas überlegen.
Julien Fabien, Trafikant
Bild: Zwefo
Bezirksvorsteher Markus Reiter betont: „Egal wer der Eigentümer ist, als Bezirk ist uns wichtig, dass die Arbeiten auf der Baustelle vorankommen.“ Er setze sich dafür ein, dass das auch beim Insolvenzverwalter ankomme. „Natürlich sind wir laufend vor Ort und verfolgen die Lage genau.“
Viele Kaufleute rund um die Baustelle sehen sich unterdessen mit dem Rücken zur Wand: Sie haben die letzten eineinhalb Jahre trotz sinkender Umsätze nur deshalb die Stellung gehalten, weil sie auf künftige gute Geschäfte im Windschatten des Konsumtempels gehofft hatten. Nun drohen auch sie zu indirekten Opfern der Signa-Pleite zu werden.
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