Nachruf

„Tschako“ ist vorausgegangen

Vorarlberg
29.12.2023 17:20

Der Bregenzer Musiker, Autor und Journalist Raimund „Tschako“ Jäger ist am Mittwoch nach schwerer Krankheit im Alter von 62 Jahren verstorben. Er beherrschte die Kunst der Provokation wie kaum ein anderer. Doch nicht nur wegen seiner Musik und seinen Texten wird „Tschako“ vielen Vorarlbergern abgehen.

Es gibt nicht allzu viele Menschen, die mit derart vielen Talenten gesegnet sind, wie Raimund Jäger es war. Und noch weniger leben sie wohl derart exzessiv aus, wie Tschako das getan hat. Geboren 1961 in Linz als Sohn des bekannten Musikers Otto Jäger (Bruno-Pinter-Trio), stand er bald selbst auf der Bühne: Er spielte im „Roten Engel“ in Wien und im „Metropol“ genauso wie im Hamburger „Schmidt-Theater“. Die Formationen, in denen er mitwirkte, waren zahlreich, etwa „Tschako & Kapelle“, „Drahdiwaberl“ oder das „Paranoia Orchestra“. Mit Markus Linder unterhielt er als „Tschako & der kleine Prinz“ das Publikum mit Songs der Comedian Harmonists, mit Falko Mätzler und Stefan „Frecher“ Rast bildete er die Avantgarde-Band „P“.

Mit Markus Linder stand Raimund Jäger als „Tschako & Der kleine Prinz“ auf internationalen Bühnen. (Bild: Altes Kino)
Mit Markus Linder stand Raimund Jäger als „Tschako & Der kleine Prinz“ auf internationalen Bühnen.

Nicht nur Tschako ist das musikalische Talent in die Wiege gelegt worden, auch seine Schwester Maria („Fräulein Jäger“) wurde mit dem Performer-Gen geboren, gemeinsam spielten sie sich in unzähligen Auftritten durch die besten Popsongs der vergangenen Jahrzehnte. Das Österreichische Musiklexikon nennt Tschako einen „der wichtigsten Vertreter der Neuen Deutschen Welle in Vorarlberg“. Weiter heißt es da: „Seine Texte sind teils parodistisch, teils aggressiv und stoßen oft auf Unverständnis.“

„Fräulein Jäger“: Tschako mit seiner Schwester Maria. (Bild: privat)
„Fräulein Jäger“: Tschako mit seiner Schwester Maria.

Letzteres nahm er bewusst in Kauf. Seine Lust an der Provokation lebte er nicht nur in seinen Songtexten aus, immer wieder sorgte er auch bei gesellschaftlichen Anlässen für jenes Quäntchen Humor, das vielen gerade im Künstler-Establishment verloren gegangen zu sein scheint.

Zudem arbeitete Tschako auch als Werbetexter und als Journalist, etwa im „Bregenzer Blättle“, wo er mit seiner Meinung nie hinterm Berg hielt, oder als Kulturredakteur bei der „Neuen Vorarlberger Tageszeitung“ und natürlich als Kolumnist bei der „Krone“.

Nicht zuletzt war Raimund Jäger Autor: Im Jahr 2008 erhielt er das Vorarlberger Literaturstipendium, kurz darauf erschien sein Roman „Listen“. Eine Liste anderer Art verfasste er in den vergangenen Jahren in mühevoller Detailarbeit: Sein Massenmörder-Lexikon, das ihn im Rahmen der „Montforter Zwischentöne“ auf eine Bühne mit Starpsychiater Reinhard Haller brachte. Dort fachsimpelten die beiden über spektakuläre Mordfälle, Motive und düstere Machenschaften.

Aus „Tschakos“ Faible für Massenmörder entstand ein ganzes Lexikon. Er war ganz generell ein „Meister der Listen“. (Bild: Lisa Mathis)
Aus „Tschakos“ Faible für Massenmörder entstand ein ganzes Lexikon. Er war ganz generell ein „Meister der Listen“.

Bis vor wenigen Wochen noch arbeitete Tschako fieberhaft an seinen neuesten Kompositionen, für die er mit klassischen Musikern kollaborierte. Erste Kostproben dieser Arbeiten waren beim Festival „Texte und Töne“ 2020 zu hören.

Raimund Jäger war aber nicht nur ein begnadeter Performer, er war auch ein treuer Freund und ein Mensch, der andere zu ermutigen verstand. Mit nur 62 Jahren ist er nun nach schwerer Krankheit vorausgegangen. Sein Witz, sein Humor, seine Ehrlich- und Liebenswürdigkeit, sie werden vielen fehlen.

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