Erfolg in Innsbruck

Forscher können Long Covid in Urin feststellen

Wissenschaft
03.01.2024 09:53

Rund jeder Zehnte leidet nach einer Infektion mit dem Coronavirus an Spätfolgen. Trotz Long Covid-Symptomen zeigten normale Laboruntersuchungen jedoch oft keinerlei Auffälligkeiten. Innsbrucker Wissenschaftlern ist es nun gelungen, charakteristische Muster in den Urinproben von Patienten zu entdecken, die bei gesunden Menschen nicht zu finden sind. 

Rund zehn Prozent der Menschen, die Covid-19 gehabt haben, leiden danach an anhaltenden Symptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Atemlosigkeit, Brust-, Gelenks- oder Muskelschmerzen, Schlafstörungen, kognitiven Störungen oder einer Einschränkung ihrer psychischen Gesundheit“, schrieben vor kurzem Maya Taenzer von der Universitätsklinik für Innere Medizin II (MedUni Innsbruck) und ihre Co-Autoren in der wissenschaftlichen Zeitschrift „International Journal of Tryptophan Research“.

Leicht untersuchbare Biomarker helfen bei Diagnose
Offenbar seien unterschiedliche Krankheitsursachen dabei involviert, besonders Entzündungsreaktionen sowie Veränderungen im Aminosäuren-Stoffwechsel, im Funktionieren des autonomen Nervensystems und des Darmtraktes. Das Problem, so die Experten: Weil Routinetests bei Long-Covid-Patienten nicht aussagekräftig sind, würde man dringend leicht untersuchbare Biomarker benötigen, um einerseits die Ursachen des Krankheitsbildes untersuchen zu können, andererseits aber auch Wege zu einer personalisierten Behandlung für die Betroffenen zu finden.

(Bild: stock.adobe.com)

Für die Labormedizin weiterhin der einfachste Zugang zu Stoffwechselparametern sind Urinproben. Die Innsbrucker Wissenschafter führten deshalb eine Pilotstudie durch. Untersucht wurden Proben von 25 Menschen mit Long Covid (davon 20 Frauen), von acht gesunden Kontrollpersonen (davon sieben Frauen) und von acht Personen mit sogenannter myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Fatigue Syndrom (ME/CFS), das ein zu Long Covid ähnliches Erscheinungsbild aufweisen kann.

Weil viele Symptome von Long Covid etwas mit Gehirn bzw. dem Nervensystem zu tun haben dürften, konzentrierten sich die Autoren der wissenschaftlichen Arbeit auf bestimmte Proteine in den Harnproben. „Die Konzentrationen von Neurotransmitter-Vorläuferproteinen wie Tryptophan, Phenylalanin und ihre Stoffwechselprodukte wurden untersucht, auch ihr Zusammenhang mit Symptomen (Müdigkeit, Angstzustände und Depressionen) der Patienten.“

Konzentration von Aminosäure bei Patienten niedriger
Ein wichtiges erstes Ergebnis: Die Konzentration der essenziellen Aminosäure Phenylalanin war bei den Probanden mit Long Covid und ME/CFS-Betroffenen signifikant niedriger als bei den Angehörigen der Kontrollgruppe. „Bei vielen Long Covid-Patienten wich die Konzentration der Stoffwechselprodukte von Tryptophan und Tyrosin, zum Beispiel Serotonin, Dopamin und Katecholamin von den Referenzwerten ab“, stellten die Wissenschafter fest. An vielen neurologischen oder psychischen Störungen sind bekanntermaßen die Neurotransmitter Serotonin, Dopamin oder Katecholamine beteiligt.

Je nach Symptom andere Aminosäuren-Konzentrationen
Long-Covid-Patienten, die an ständiger Erschöpfung und Abgeschlagenheit litten, wiesen jedenfalls geringere Konzentrationen an den Aminosäuren Kynurenin und Phenylalanin auf. Bei Patienten mit Angstzuständen zeigte sich zum Beispiel wiederum eine geringere Konzentration an Gamma-Aminobuttersäure (GABA). GABA ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter im Gehirn und ein Gegenspieler zum erregend wirkenden Glutamat. Verschiedene Arzneimittel gegen Epilepsie wirken, indem sie die GABA-Konzentration erhöhen.

Biomarker für personalisierte Behandlungsstrategien
Die Wissenschafter ziehen in ihrer Studie unter anderem folgende Schlussfolgerung aus den Laborergebnissen: „Zusammenfassend deuten unsere Resultate darauf hin, dass bei Patienten mit Long Covid und ME/CFS der Aminosäure-Stoffwechsel und die Synthese von Neurotransmittern gestört ist. Die identifizierten Abbauprodukte und deren Fehlregulierung könnten als potenzielle Biomarker für die Erforschung der Krankheitsursachen dienen und zu personalisierten Behandlungsstrategien für diese Patientengruppen führen.“

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt