Wirbel in Deutschland

Bauernprotest: Vizekanzler muss mit Fähre fliehen

Ausland
05.01.2024 11:28

Wütende Bauern haben am Donnerstagabend eine Fähre, die an der Nordseeküste angelegt hatte und in welcher sich der deutsche Vizekanzler befand, belagert. Robert Habeck, der aus seinem Weihnachtsurlaub auf dem Heimweg war, musste vorübergehend wieder zur Insel Hallig Hooge zurückkehren. Der Deutsche Bauernverbund hat sich von der Blockade-Aktion distanziert.

Grund für den Protest, an dem mehr als 100 Landwirte teilnahmen, waren Pläne der Ampel-Koalition, sowohl die Kfz-Steuer-Befreiung für die Landwirtschaft als auch die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel abzuschaffen. Die Demonstranten wollten den Grünen-Politiker, der auch Wirtschaftsminister ist, abfangen und ihn zur Rede stellen.

Doch dieses Unterfangen verhinderten die Polizei und die Sicherheitsleute des Ministers. Ein Polizeisprecher bestätigte auch den Einsatz von Pfefferspray. Von Verletzten ist nichts bekannt.

Vizekanzler Robert Habeck konnte erst zu später nächtlicher Stunde an Land. (Bild: APA/AFP/THOMAS KIENZLE)
Vizekanzler Robert Habeck konnte erst zu später nächtlicher Stunde an Land.

Laut Polizei beruhigte sich die Lage schnell, nachdem die Fähre abgelegt hatte. Anzeigen lagen am Abend nicht vor. „Landfriedensbruch steht schon im Raum“, sagte ein Polizeisprecher auf die Frage, ob trotzdem ermittelt werde. Laut bild.de konnte Habeck erst zu später nächtlicher Stunde heimkehren. Auf das Angebot, mit zwei Vertretern zu sprechen, waren die versammelten Landwirte nicht eingegangen (siehe auch Video unten).

Parteien entsetzt über „Grenzüberschreitung“
Vertreter der Regierungsparteien und der CDU zeigten sich über die Belagerung der Fähre entsetzt. „Es ist erschreckend, was dort passiert ist und empört mich zutiefst. Es ist eine völlige Grenzüberschreitung und ein Angriff auf die Privatsphäre von Robert Habeck“, teilte Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann.

Der deutsche Justizminister Marco Buschmann (FDP) schrieb auf der Plattform X (ehemals Twitter): „Dass man auch mal wütend ist: geschenkt. Aber klar ist: Gewalt gegen Menschen oder Sachen hat in der politischen Auseinandersetzung nichts verloren! Das diskreditiert das Anliegen vieler Landwirte, die friedlich demonstrieren.“

Auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb auf X: „Dort, wo Worte durch Gepöbel und Argumente durch Gewalt ersetzt werden, ist eine demokratische Grenze überschritten.“  Der frühere CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak erklärte auf X, es werde hier eine Grenze überschritten. „Wer die Ampel inhaltlich laut kritisiert, darf jetzt nicht schweigen. Das geht so nicht!“

Regierung lenkt bei Plänen ein
Die Bauern sind empört wegen des von der Ampel-Koalition geplanten Abbaus von Subventionen. Am Donnerstag reagierte die deutsche Regierung auf die massiven Bauernproteste: Die Koalition will auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichten. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll gestreckt und in mehreren Schritten vollzogen werden. Der Deutsche Bauernverband distanzierte sich von der Blockade-Aktion.

„Persönliche Angriffe, Beleidigungen, Bedrohungen, Nötigung oder Gewalt gehen gar nicht. Bei allem Unmut respektieren wir selbstverständlich die Privatsphäre von Politikern“, teilte Präsident Joachim Rukwied mit. An einer ab Montag geplanten Aktionswoche wird aber festgehalten.

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