Hier machen die Kleinen die Regeln: Im geschützten Rahmen des Kindercafés machen sie sich für zwei Stunden jeden Monat in Innsbruck ihre Welt, wie sie ihnen gefällt. Dafür übernehmen sie auch Verantwortung. Es zeigt sich: Kindern ist durchaus einiges zuzutrauen.
„Willst du vielleicht noch ein Gebäck dazu“, fragt die Bedienung freundlich und blickt mich fragend aus großen Kinderaugen an. Ich sitze am Tisch, sie steht vor mir – so sind wir in etwa gleich groß. In diesem Café haben die Kinder das Sagen.
Kleine Kellner sehr geschickt
Auf dem Weg zu einem freien Tisch musste ich ein paar rennenden Gästen ausweichen. Mehr oder weniger schnell habe ich mich an den Lärmpegel gewöhnt. Ich bekomme für 3,50 Euro einen Getränke- und Gebäckspass, auf dem ich ankreuzen kann, was ich gerne trinken würde.
Fotografin Johanna entscheidet sich für einen Holundersaft, ich selbst wähle einen Himbeersaft. Auch zu einem Stück Gebäck sage ich nicht „Nein“. Auf einem Tablett werden uns die Säfte und eine halbe Laugen-Semmel mit Butter und Erdbeermarmelade von einem Mädchen gebracht. Mit äußerster Vorsicht und sehr geschickt wird der Balanceakt vollzogen – mit Erfolg: Kein Tropfen ging daneben.
Es gibt eine Schicht, die dauert eine halbe Stunde, dann läutet Nina die Glocke und man wechselt.
Mark und Konstantin
Mark und Konstantin erklären Ablauf
Mark und Konstantin, beide neun Jahre alt, erklären mir, was das Kindercafé genau ist und wie es funktioniert. Wir erfahren, dass die Rollen der Gäste und auch der Bedienung nicht fix sind: Mal serviert der eine, mal der andere. „Es gibt eine Schicht, die dauert eine halbe Stunde, dann läutet Nina die Glocke und man wechselt“, erklären die beiden Burschen.
Projekt von Welt der Kinder
Nina Mahnert von SOS-Kinderdorf ist eine der wenigen Erwachsenen im Raum, der meistens von Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren besetzt ist. Das Kindercafé ist ein Projekt von Welt der Kinder in Kooperation mit dem SOS-Kinderdorf, gesponsert wird es von MPreis und Aydin. Einmal im Monat öffnet das Kindercafé für zwei Stunden in der Pfarre Wilten-West seine Türen. Dem Café sind Workshops zu Kinderrechten und Beteiligung, an denen die Kinder teilgenommen haben, vorangegangen. Wolfgang Pedevilla, Schulleiter der Volksschule Fischerstraße, ermöglichte den 3. und 4. Klassen eine Kinderkonferenz. Es geht dabei um das Mitspracherecht der Kinder, um ihre Rechte und um Demokratie.
„Eine Freude, das zu sehen“
„Kinder sollen Kind sein dürfen, spielen, sich austauschen – dafür gibt es immer noch zu wenig Plätze in Innsbruck“, erzählt auch Nina. Das sahen die Kinder ebenfalls so, denn aus dem Beteiligungsprozess entstand neben der Idee einer Spielstraße eben auch das Kindercafé. „Für uns ist es eine besondere Freude zu sehen, wie Kinder selbst ihre Meinung äußern, Ideen entwickeln und ihre Umwelt aktiv mitgestalten.“
Immer mehr Kinder kommen zum Kindercafé
„Der Service, der Ausschank, das Vorbereiten, Spaß zusammen haben“, antworten Mark und Konstantin auf die Frage, was ihnen am besten gefällt. Die Kinder der beteiligten Klassen bekommen jeweils drei Einladungen, die sie an Freunde weitergeben können. „Natürlich kennen wir die meisten hier. Aber es kommen auch immer mehr Leute. Heute etwa sind viele neue Menschen hier.“
Wunsch für die Zukunft? „Ein Lagerfeuer wäre gut“
Keine Lehrpersonen, keine Eltern – herrscht hier blanke Anarchie? Nein: „Es gibt Mahnpunkte“, erklären Mark und Konstantin, „wenn man jemanden schupft, dauernd auf das Handy schaut oder sich blöd benimmt. Heute hat schon jemand einen Mahnpunkt bekommen. Bei drei Mahnpunkten muss man insgesamt 15 Minuten draußen warten.“ „Und wenn es kalt ist“, frage ich. „Auch dann.“ „Ist das nicht ein bisschen hart?“ „Wer nicht hören will, muss eben ganz einfach fühlen“, lautet die Antwort. „Aber wir haben das noch nie erlebt, das war jetzt der erste Mahnpunkt überhaupt in diesem Haus.“
Kinder sollen Kind sein dürfen, spielen, sich austauschen - dafür gibt es immer noch zu wenig Plätze in Innsbruck.
Nina Mahnert von SOS Kinderdorf
Erwachsene Gäste als neue Idee
Ob die beiden noch Wünsche für das Kindercafé haben? „Ein Lagerfeuer wäre gut.“ Eine Idee wäre auch, dass Erwachsene ins Kindercafé kommen – als Gäste. „Weil wir die Kinder schon kennen. Und dann wäre das professioneller.“ „Aber wäre das nicht langweilig, wenn da nur Erwachsene sitzen würden?“ „Ja“, sagt einer, „Nein“ der andere. Ob Erwachsene jemals eingeladen werden, bleibt also fraglich. Bessere Chancen auf eine Umsetzung hat wohl das Lagerfeuer. Gebäck und Saft habe ich jedenfalls sehr genossen, nun überlassen wir aber den Raum wieder den Kindern ...
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