Radar war Staubsauger
Ukraine legt Russland mit Holzattrappen herein
Vor wenigen Tagen haben russische Soldaten stolz verkündet, ein Flugabwehrraketen-System des Typs IRIS-T SML der Ukraine mit Kamikaze-Drohen zerstört zu haben. Doch dabei dürften sie ausgetrickst worden sein. Experten nahmen ein Video zu dem Luftangriff unter die Lupe und sind sich sicher: Moskau ist auf eine Attrappe hereingefallen ...
Russland hat es nicht ohne Grund auf das aus Deutschland gelieferte Abwehrraketensystem abgesehen: Das Gerät der Firma Diehl Defence schützt das angegriffene Land vor Luftschlägen durch Drohnen, Flugzeuge oder Marschflugkörper. Die Ukraine besitzt nur vier dieser Systeme - die mutmaßliche Zerstörung eines davon sorgte daher für große Begeisterung.
Attrappe wurde auf Präsentierteller serviert
Doch Russland dürfte auf ein Täuschungsmanöver hereingefallen sein. Kundigen Betrachtern fiel in dem Video auf, dass weder Gefechtsstand noch Soldaten in dem Video zu sehen sind. Zudem sei es ungewöhnlich, dass das wertvolle Gerät derart exponiert auf einem freien Feld abgestellt worden war.
Details stimmen nicht mit Original überein
Es gebe noch weitere Unstimmigkeiten. Wo sich normalerweise die Reservereifen befinden, sei ein rechteckiger Block zu sehen. Auch die Form des Fahrerhauses sei etwas anders - Rückspiegel, die unter dem Tarnnetz zu erkennen sein sollten, fehlen laut den Beobachtern ebenfalls. Dass das Ziel erst beim zweiten Treffer in Flammen aufgegangen war, sei auch ein Indiz dafür, dass lediglich eine Attrappe angegriffen wurde. Schon beim ersten Treffer hätte mehr Rauch oder sogar Feuer zu sehen sein müssen, weil sich brennbare Flüssigkeiten wie Benzin und Hydrauliköl im Fahrzeug entzündet hätten, wie das Branchenmagazin „Army Recognition“ in einem Bericht vor Augen führt.
Su-25 Kampfjet entpuppte sich ebenfalls als Imitation
Es ist nicht das erste Mal, dass Moskau Kiew mit solchen Mitteln auf den Leim geht. Vor wenigen Wochen war ein vermeintlicher Su-25 Kampfjet angegriffen worden, der später von Kriegsbloggern als Attrappe identifiziert wurde - siehe den Beitrag auf der Plattform X weiter unten. Das Cockpit habe nämlich die falsche Form, stellten Experten fest.
Alufolie um Holz, um Wärmebildkameras zu täuschen
Wie der deutsche Militärexperte Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations gegenüber ntv.de erklärte, wurden in der Vergangenheit auch Attrappen von weiterem Kriegsgerät eingesetzt, wie vom Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystem HIMARS oder der US-Haubitze M-777. Die Lockvögel würden zumeist aus Holz oder Holz-Metall-Konstruktionen hergestellt. „Alles, was hochwertig ist und russisches Feuer anzieht, wird auf diese Art imitiert“, so Gressel. Um die Wärmesignatur korrekt darzustellen, werde oft Metall verwendet. Indem die Ukrainer Alufolie um Holz wickeln, würden die Konstruktionen auch von Wärmebildkameras entdeckt werden.
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Müll rund um Attrappen soll Szene realistisch machen
Um die Täuschung perfekt zu machen, wird auch die unmittelbare Umgebung rund um die Attrappen inszeniert. „Nicht nur die groben Umrisse, auch die Details müssen stimmen, da die Drohnenkameras teils recht gute Auflösungen haben“, erklärt der Experte. Essensmüll und Trinkflaschen rund um die Nachbildungen würden den Anschein erwecken, dass Stellungen in der Nähe seien. Damit sich das vermeintliche „Radar“ wie beim Original drehen kann, wird teilweise ein Staubsaugermotor umfunktioniert.
Auch Moskau setzt auf Attrappen
Auch Russland versucht, mit billigen Attrappen Angriffe der Ukraine zu provozieren, damit Munition verschwendet wird. Wie Satellitenbilder belegen, dürfte Moskaus Armee am Luftwaffenstützpunkt Primorsko-Achtarsk die Silhouette von Kampfflugzeugen auf den Boden gemalt haben, um den Gegner zu verwirren.
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