Neuer Roman

Mit Haruki Murakami Mauern überwinden

Literatur
11.01.2024 17:00

Der japanische Erfolgsschriftsteller feiert seinen 75. Geburtstag am 12. Jänner mit dem beeindruckenden Roman „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“.

(Bild: kmm)

Es war die Zeit, in der wir alle irgendwie von Mauern umgeben waren, mit diesen „ziemlich seltsamen und angespannten Bedingungen“ der Pandemie, die uns zum Zu-Hause-Sein verdonnerten - da fühlte sich der japanische Erfolgsautor Haruki Murakami 2020 plötzlich bereit. Bereit für eine Geschichte, die seit 40 Jahren in seinem Kopf arbeitete.

Wie eine Gräte in der Kehle
1980 veröffentlichte er die Erzählung „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“ in einem Magazin. Doch der Zweifel nagte an ihm - heute schiebt er es auf die mangelnde schriftstellerische Erfahrung, die ihn daran hinderte, auf den wahren Kern der Geschichte zu stoßen. „Der Text hat mich immer beschäftigt, ja, gestört, wie eine kleine Gräte, die in meiner Kehle feststeckte“, bekennt er im Nachwort seines neuen Romans, der anlässlich seines 75. Geburtstags am 12. Jänner erscheint.

Es ist genau jene Erzählung von damals, die er nun in diesem opulenten gleichnamigen Werk vollendet hat. Und wie so oft bei Murakami treffen hier surreale Welten ganz selbstverständlich auf die Wirklichkeit.

Haruki Murakami: „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“, aus dem Japanischen übersetzt von Ursula Gräfe, DuMont Verlag, 640 Seiten (Bild: DuMont Verlag, Krone KREATIV)
Haruki Murakami: „Die Stadt und ihre ungewisse Mauer“, aus dem Japanischen übersetzt von Ursula Gräfe, DuMont Verlag, 640 Seiten

Die titelgebende Stadt befindet sich in einem ganz eigenen „Lockdown“, niemand kann einfach so hinein- oder hinausgehen - nur wer seinen Schatten beim Torwächter abgibt, dem wird Zugang gewährt. Es ist das 16-jährige Mädchen, in das der namenlose Erzähler mit 17 Jahren unsterblich verliebt ist, das ihm davon erzählt. „Mein wahres Ich lebt in der Stadt mit der hohen Mauer“, bekennt sie - in der Realität sei sie nur ihr Schatten.

Flucht vor der wirklichen in die surreale Welt
Als das Mädchen plötzlich verschwindet, beginnt seine jahrzehntelange Suche, die ihn zwischen den Welten wandeln lässt. Er findet sie wieder in dieser Stadt, die sie gemeinsam erdacht haben - mit ihrer Hilfe wird er in der Bibliothek zum Traumleser. Doch an diesem seltsam gefühllosen Ort erkennt sie ihn nicht wieder.

Auch im realen Leben findet er nach einer freudlosen Karriere im Buchhandel schließlich eine entrückte Bibliothek in der fernen Provinz. Hier lässt ihn Murakami auf ungewöhnliche Nebenfiguren treffen, die alle wie er nicht ganz in diese Welt zu passen scheinen.

Wahrheit im steten Wandel
Nie lässt ihn die Sehnsucht nach der Stadt mit der Mauer los - und doch lernt er, Mauern zu überwinden. Gut Ding braucht Weile - Murakamis Werk wurde nach all den Jahrzehnten sogar ganz wunderbar. „Die Wahrheit liegt nicht im unveränderlichen Stillstand, sondern im steten Wandel. Das ist das Wesen des Erzählens, wie ich es sehe“, resümiert er selbst im Nachwort. Und mit diesem erzählerischen Wesen, mit einer besonderen Sogkraft lässt er uns die Mauern seiner Traumwelten mühelos überwinden.

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