Das Oberlandesgericht Graz hat die Ermittlungen gegen zwei ursprünglich aus Syrien stammende Brüder und die diesen zugeschriebenen „Liga Kultur“-Vereine in Graz und Wien beendet. Die Begründung: Die Ermittlungen haben mit drei Jahren und acht Monaten zu lange gedauert.
Die Staatsanwaltschaft Graz hatte seit Mitte März 2020 im Zuge der „Operation Luxor“ gegen die beiden ermittelt und sie verdächtigt, zwischen Oktober 2002 und November 2020 die Organisation des Österreich-Ablegers der Muslimbruderschaft sowie der terroristischen Hamas mitaufgebaut zu haben.
Maximale Ermittlungsdauer liegt bei drei Jahren
Das Oberlandesgericht (OLG) gab bereits Mitte Dezember einer Beschwerde des Wiener Rechtsanwalts Andreas Schweitzer, der die beiden vertritt, wegen überlanger Ermittlungsdauer Folge. Die Strafprozessordnung sieht vor, dass staatsanwaltschaftliche Ermittlungen grundsätzlich drei Jahre nicht übersteigen dürfen. Bis dahin ist entweder eine Anklage einzubringen oder das Verfahren einzustellen.
Insofern sind die beiden Gerichtsbeschlüsse keine große Überraschung. Gegen die Entscheidungen gibt es keine Beschwerdemöglichkeit mehr, sie sind rechtskräftig.
Verteidiger attestiert Staatsanwalt „Verfolgungswahn“
„Wo nichts ist, da ist nichts. Ich hoffe, dass der Staatsanwalt das jetzt auch endlich einsieht“, hielt Schweitzer dazu Donnerstagmittag fest. Er attestierte dem zuständigen Staatsanwalt, „mit Verfolgungswahn“ gegen seine Mandanten vorgegangen zu sein: „Das entspricht nicht der Rechtsstaatlichkeit.“
Lange Liste an Vorwürfen
Ermittelt worden war gegen die seit vielen Jahren in Österreich aufhältigen Männer wegen terroristischer Vereinigung, krimineller Organisation und staatsfeindlicher Verbindungen. Der eine Bruder hätte - auch im Rahmen ein Lehr- und Werbetätigkeit an der Islamischen Religionspädagogischen Akademie - die Ziele der Muslimbruderschaft und der Hamas, insbesondere die Errichtung eines islamischen Parallelstaates in Österreich, beworben, neue Mitglieder angeworben und diese ideologisch ausgebildet, vermeinte der Staatsanwalt.
Den anderen Bruder verdächtigte er, zur Umsetzung der radikalislamistischen Ideologie sowie der Ziele der Muslimbruderschaft und der Hamas ein „Netzwerk aus Verbänden“ aufgebaut und damit terroristische Propaganda betrieben zu haben.
Die solcherart Beschuldigten bekannten sich zwar zur allgemeinen Strömung der Muslimbruderschaft, stritten im Ermittlungsverfahren aber eine Mitgliedschaft ab und wiesen sämtliche gegen sie gerichteten Vorwürfe - vor allem was die Hamas betrifft - zurück. Sie waren im Zug der „Operation Luxor“ neben etlichen weiteren Verdächtigen in den Fokus des Staatsschutzes geraten.
Ermittlungsakt mit 45 Bänden
Gegen 80 Beschuldigte und 26 Verbände wurde strafrechtlich ermittelt, 45 Bände und 2780 Ordnungsnummern umfasste der Ermittlungsakt, sichergestelltes Datenmaterial im Umfang von 200 Terabyte musste aus dem Arabischen ins Deutsche übersetzt werden.
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