Mord-Prozess in Graz

Angeklagter (29): „Alles was zählte, war sie!“

Steiermark
12.01.2024 14:35

Vergangenen April erstach ein 29-jähriger Oberösterreicher in Graz-Wetzesdorf seine Freundin und raste danach frontal gegen ein Auto. Ein ihm völlig unbekannter Mann starb dadurch. Am Freitag stand er wegen zweifachen Mordes vor den Geschworenen. Der junge Mann bekannte sich zum Totschlag schuldig. Die Frontalkollision sei aber ein Unfall gewesen.

„Am 22. April 2023 hat der Angeklagte zwei Menschenleben beendet. Das seiner Lebensgefährtin und das eines völlig fremden Mannes“ - als Staatsanwältin Katharina Tauschmann ihr Plädoyer beginnt, ist es mucksmäuschenstill im bummvollen Schwurgerichtssaal am Straflandesgericht in Graz.

Es kam zur Eskalation
„Die Beziehung stand an der Kippe und er wollte keine Trennung“, führt die Anklägerin aus. Als sie zu ihm sagte, er könne nach einem Streit gehen, er solle verschwinden, kam es zur Eskalation. „Und dann ist das passiert, was im vergangenen Jahr leider viel zu oft passiert ist: Eine Frau muss sterben, weil ein gekränkter, überforderter, wütender Mann das Beziehungsende nicht akzeptieren kann.“

„Der Angeklagte hat überlebt“
„Danach beschloss er, sich selbst das Leben zu nehmen“, schildert Katharina Tauschmann. Der 29-Jährige stieg ins Auto, beschleunigte in der schnurgeraden Straßganger Straße auf 130 km/h und lenkte in den Gegenverkehr. „Der entgegenkommende Lenker verstirbt, der Angeklagte überlebt.“

Staatswanwältin Katharina Tauschmann: „Die Rahmenbedingungen sind durchaus besonders.“ (Bild: Sepp Pail)
Staatswanwältin Katharina Tauschmann: „Die Rahmenbedingungen sind durchaus besonders.“

Neuerliche Tötung zu befürchten
Dass der Angeklagte an einer psychischen Erkrankung leidet, sei laut Staatsanwältin der Grund, warum er die Taten begangen hat. „Und es ist zu befürchten, dass er neuerlich Intimpartnerinnen tötet.“ Deshalb sei es dringend notwendig, dass er psychiatrisch behandelt wird, weshalb Tauschmann auch eine Unterbringung beantragte.

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Es ist ein besonderer Fall, weil uns diese Art der Beziehung fremd ist und der Täter psychisch krank ist.

Staatsanwältin Katharina Tauschmann

In die Domina verliebt
Kennengelernt hatte sich das Paar vier Monate vor der Tat. Sie hat als Domina in einem Laufhaus gearbeitet und er ihre Dienste in Anspruch genommen. „Er fühlte sich vom ersten Treffen an zu ihr hingezogen“, sagte Verteidiger Gerald Ruhri in seinem Eröffnungsplädoyer. Die beiden gingen auch eine private Beziehung ein.

Rechtsanwalt Gerald Ruhri (Bild: Sepp Pail)
Rechtsanwalt Gerald Ruhri

„Eine, die von Überordnung und Unterordnung geprägt war“, so Ruhri. „Am Anfang habe ich das nicht ernst genommen“, erzählt der Angeklagte. Doch die 39-Jährige wollte von ihm durchgehend mit „Herrin“ und „Sie“ angesprochen werden - „weil sie immer eine Stufe über mir stehen wollte.“

„Ich habe mich nicht gewehrt“
„Sie erwartete, dass ich immer nur für sie da war. Alles was zählte, war sie.“ Hat er nicht gefolgt, gab es Scheitelknien, Schläge auf die Ferse und Ohrfeigen. „Und sie waren mit den Bestrafungen einverstanden“, will Richterin Andrea Schwinger-Wagner wissen. „Ja, ich habe mich nicht gewehrt“. 

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Meine Gefühle für sie waren echt. Ich habe sie geliebt. Ich wollte sie nicht töten, ich wollte ihr nur wehtun, so wie sie mir wehgetan hat.

Der Angeklagte

„Die Beziehung war eigentlich gut“, erzählt der junge Oberösterreicher, der eigentlich Polizist werden wollte und kurz vorm Eignungstest stand. Er konnte mit ihr über alles reden. „Sie wusste alles von mir, auch meine psychischen Probleme, meine Depressionen und meine Panikattacken. Sie hat mich verstanden, weil sie selbst diese Monster schon bekämpft hat.“

„Sadonismus und Manipulation“
Doch sie wollte, dass er seine Antidepressiva absetzt, weil sie seine Männlichkeit negativ beeinflussten. „Ein Supergau für seine Psyche“, erklärt der Verteidiger. „Er war abhängig und gefangen. Es war Sadonismus und Manipulation auf der einen Seite und grenzenlose Liebe und Abhängigkeit auf der anderen.“

Das blieb vom BMW des mutmaßlichen Mörders nach dem tödlichen Verkehrsunfall übrig. (Bild: Christian Jauschowetz)
Das blieb vom BMW des mutmaßlichen Mörders nach dem tödlichen Verkehrsunfall übrig.

„Ich war voll enttäuscht“
Als er Nachrichten von einem anderen Mann auf ihrem Handy fand und sie sagte, dass er sich verpissen soll, kam es zur Explosion. „Ich war einfach voll enttäuscht. Ich wollte nur weg“, sagt er, doch dann sah er das Messer in der Abwasch. „Ich hab dann auf sie eingestochen.“ Mindestens 20 Mal laut Gerichtsmedizin.

Als er realisierte, dass er sie getötet hat, kam ihm der Gedanke, dass er damit nicht leben könne. Also stieg er ins Auto und wollte im Plabutschtunnel gegen eine Wand fahren. Doch dazu kam es nicht, denn kurz nach dem Wegfahren krachte er mit 130 km/h frontal gegen einen entgegenkommenden Pkw.

„Keine Absicht oder geplant“
„Die Kollision mit dem Citroen war keine Absicht oder geplant“, betont Gerald Ruhri. Der Angeklagte sagt, dass er seinen linken Arm wegen einer Verletzung, die er sich bei der Tötung seiner Lebengefährtin zuzog, nicht bewegen konnte. Die Wunde habe ihn abgelenkt.

Die Verhandlung wird am 26. Jänner mit den Gutachten fortgesetzt.

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