Streit über Ukraine
Russische Bevölkerung dreht durch – viele Morde!
Während Russland mittlerweile bereits seit fast zwei Jahren den brutalen Angriffskrieg gegen sein Nachbarland führt, dreht die Bevölkerung im Aggressor-Staat allmählich durch. Die Gerichte im flächenmäßig größten Land der Erde registrieren immer mehr schreckliche Verbrechen, die auf Streitereien rund um die Haltung zur „militärischen Spezialoperation“ zurückzuführen sind. Sogar zu tödlichen Messerstechereien sollen die Fernsehnachrichten bereits geführt haben.
„Jeder fünfte Rubel fließt in die militärische Spezialoperation“, predigt ein Plakat auf der Tür eines Pubs in der knapp 100.000 Seelen zählenden Stadt Berdsk in der Oblast Nowosibirsk. Daneben: eine typische russische Sauna, die auch „Banja“ genannt wird. Im November vor einem Jahr musste Nikolaj B. dort einen furchtbaren Tod sterben, wie eine Untersuchung der russischen oppositionellen Medien „Mediazona“ und „Nowaja kladka“ vor Augen führt. Als Täter entpuppte sich ein 30 Jahre alter Kriegsdiener, der beim Saunieren zu tief ins Glas geschaut hatte. Ihm wurde demnach vorgeworfen, Nikolaj B. zusammengeschlagen und ein Messer in die Brust gerammt zu haben. Dabei habe er die Lunge durchbohrt, so das schreckliche Fazit.
Der schockierenden Bluttat war ein heftiger Streit über den Ukraine-Krieg vorausgegangen. „Was macht ihr überhaupt dort (in der Ukraine, Anm.)?“, soll Nikolaj B. gefragt und damit sein eigenes Todesurteil gesprochen haben. Bestürzte Augenzeugen gaben an, dass sich die Mobilisierten nach dem kaltblütigen Mord einfach in ein Taxi gesetzt hätten und wieder in ihr Camp zurückgekehrt seien. Später verlegte man sie in eine ursprünglich als Ferienlager für Kinder dienende Einrichtung. Zimperlich ist es dort nicht zugegangen - jede Menge Alkohol sei geflossen. Irgendwann sei ein Wehrpflichtiger durchgedreht und habe einen Kameraden erstochen. Einen Monat später schlug dort für einen weiteren Soldaten das letzte Stündlein. Nach der „offiziellen Version“, soll er „geschubst“ und mit solcher Wucht gegen einen Sessel geprallt sein, dass er noch an Ort und Stelle verstarb.
Selbst Veteranen mit Invalidenstatus werden attackiert
Wer glaubt, dass sich im rauen Russland die Gewalt nur gegen Soldaten und Kriegsgegner richtet, irrt. Auch Veteranen der „militärischen Spezialoperation“ werden immer wieder Opfer von Verbrechen. In einem kleinen Dorf in Transbaikalien wurde laut der Untersuchung etwa der ehemalige Wagner-Söldner Michail T. zusammengeschlagen. Er war im Jahr 2020 zu neun Jahren Strafkolonie verurteilt worden, da er wegen eines Parkplatzstreits drei Menschen mit einer Schusswaffe töten wollte. Im finsteren Gefängnis sei er von der berüchtigten Wagner-Gruppe angeworben worden und habe sich an der Front seine Freiheit zurückerkämpft. Vom Kriegsschauplatz sei er als Invalide zurückgekehrt, ihm fehle nun ein Bein. Im Sommer dieses Jahres sei er mit an der Front „verdienten“ Medaillen auf der Brust in ein Café gegangen. Den Angaben nach war sein Verhalten dort nicht von großem Anstand gekrönt. Gleich mehrere Male soll er der Kellnerin seine Krücke nachgeworfen haben. Kriegsgegner wollten dieses Gehabe nicht einfach hinnehmen. Sie hätten ihn, so heißt es, verprügelt und ihm alle Orden heruntergerissen. Laut der Polizei sollen die aufgebrachten Menschen nicht zu stoppen gewesen sein. Sie hätten dann auch noch das Auto des heimgekehrten Soldaten gerammt, die Fensterscheiben eingeschlagen und die Reifen des Wagens aufgeschlitzt.
Leiche mit blutigem „Z“ auf dem Bauch
Einen besonders grausigen Fund mussten Polizisten in einem Haus in der Oblast Irkutsk machen. Dort sei eine Leiche mit Dutzenden Verletzungen und einem mit Blut gemalten „Z“ auf dem Bauch entdeckt worden. Der Buchstabe gilt in Russland als Symbol der Unterstützung der „Spezialoperation“. Laut den Angaben hatte der von Bekannten als „verantwortungsbewusst und nett“ beschriebene Bauer Maxim H. bei seinem Nachbarn auf ein paar Gläschen Wodka vorbeigeschaut. Beim Leeren der fünften Flasche (!) des hochprozentigen Gesöffs sei man zu dem Thema Armee und Krieg übergegangen. Ein folgenschwerer Fehler. Der Bauer meinte demnach nämlich, dass er gerne in der Ukraine kämpfen würde. „Was soll denn das für eine Armee sein, wenn man sich sogar die Uniform selbst kaufen muss?“, soll ihn der Nachbar ausgelacht haben. Der Bauer fand den Kommentar allem Anschein nach gar nicht lustig. Er schlug dem Nachbarn offenbar mit der Faust ins Gesicht, traktierte ihn mit einem Schürhaken und ermordete ihn schließlich mit einem Messer, dessen Griff in den Farben der russischen Trikolore gehalten war. Mit dem blutigen Schürhaken habe er den Buchstaben „Z“ auf den Bauch der Leiche gemalt, heißt es in den Dokumenten. Im vom Gericht zitierten Geständnis wird angegeben, dass es aufgrund „unterschiedlicher politischer und ideologischer Ansichten zu der von Russland durchgeführten militärischen Spezialoperation in der Ukraine“ zu der grausamen Bluttat gekommen war. „Ich war dafür, er war dagegen“, erklärte der Bauer nüchtern. Das Gericht wertete das „unmoralische Verhalten des Opfers“, das zum Motiv der Straftat erklärt wurde, als „mildernden Umstand“.
Das ist wahrscheinlich ein Merkmal jedes Krieges, dass seine Teilnehmer von der ideologischen auf eine fast tierische Ebene übergehen - mit einem gewissen Maß an Intoleranz sowie der Bereitschaft zum Verstümmeln und Töten.
Andrej Posdnjakow, russischer Soziologe
Nicht weniger empört eine Schreckenstat, die sich in der südrussischen Stadt Orenburg zugetragen hat. Der Mitarbeiter einer Geflügelfarm Anton R. bat demnach einen Freund, ihm bei der Reparatur seines Autos Hilfe zu leisten. Nach getaner Arbeit gönnten sie sich noch ein „paar Flaschen Wodka“, heißt es in den „Mediazona“ und „Nowaja kladka“ vorliegenden Materialien. Ein paar Stunden später hätten die trinkfesten Russen begonnen, über den Krieg in der Ukraine zu philosophieren. „Jeder Mann muss sein Vaterland verteidigen“, wollte der bei der Geflügelfarm Tätige seinem Freund demnach eintrichtern. Dieser habe jedoch nur sehr schlecht über Russland und die Russen gesprochen. Anton R. verlor die Fassung. Er schlug seinen Freund derart heftig, dass es nicht mehr möglich gewesen sei, festzustellen, „von wo das Blut fließt“. Irgendwann, so heißt es, merkte er dann, dass sich das Opfer nicht mehr wehrte, sondern nur noch jämmerlich keuchte. Er erbarmte sich und rief die Rettung. Vor dem Eintreffen der Einsatzkräfte soll er allerdings noch schnell ein Video mit dem blutverschmierten halbtoten Freund gedreht haben. „Das wird mit jedem passieren, der meine Ansichten nicht teilt“, drohte Anton R. Der Freund sei kurze Zeit später im Krankenhaus den schweren Verletzungen erlegen.
Häusliche Gewalt wegen des Kriegs
Unterschiedliche Haltungen zum Ukraine-Krieg führen auch zu einer Zunahme häuslicher Gewalt. Im März 2023 soll Wladimir T. in Petropawlowsk-Kamtschatski in der Küche aus diesem Grund mit einem Jagdgewehr seinen Neffen erschossen haben. Aus nur zwei Metern Entfernungen habe er seinem Verwandten im Streit eine Schussladung in den Bauch verpasst.
In der Stadt Jegorjewsk in der Oblast Moskau attackierte ein aufgebrachter Mann seinen Sohn mit einem Messer, weil die Ansichten zum Krieg auseinandergingen - dabei hatten beide bereits an der Front gekämpft, heißt es. Der junge Mann trug demnach Stiche in den Bauch und in die Brust davon und fuhr blutüberströmt zu seiner Mutter. Die verängstigte Frau habe sofort die Rettung gerufen und der Polizei danach geschildert, dass ihr armer Sohn dem eigentlich nicht zugestimmt hatte - damit der Vater nicht ins Gefängnis müsse.
Auch Frauen werden straffällig
Auch russische Frauen werden bei ideologischen Streitereien straffällig. In der Region Altai wurde etwa Anna T. immer wieder von ihrem Ehemann geschlagen. Anzeige wollte sie laut den vorliegenden Dokumenten keine erstatten. Zu Ostern hätten dann ihr Mann und sie zu tief ins Glas geschaut. Dabei habe Anna T. ihrem Gemahl eröffnet, dass sie gerne in die Ukraine reisen würde. Der Mann verlor den Verstand: „Ich bringe dich um, du Arschloch“, soll er geschrien haben und auf sie losgegangen sein. Anna T. habe daraufhin zum Küchenmesser gegriffen und es dem Angreifer in den Bauch gerammt.
Selbst Feierlichkeiten rund um Verdienste im Krieg geraten aus den Fugen. Alexandr S. aus der russischen Stadt Brjansk zelebrierte laut den Angaben mit einem Bekannten die an der Front verdiente Auszeichnung seines Sohnes. Als sich der Trinkkumpan demnach abfällig äußerte - „die Soldaten kämpfen doch eh nur wegen des Geldes und dein Sohn ist auch so einer“ - attackierte Alexandr S. ihn mit einem Messer.
Selbst der Fernseher beschwört blutige Auseinandersetzungen herauf
Mittlerweile brodelt es so schlimm in der russischen Gesellschaft, dass selbst das gemeinsame Verfolgen der Nachrichten zu tödlichen Messerstechereien führt. In der russischen Großstadt Slatoust soll Viktor K. mit seinem Bekannten Wodka getrunken und dabei die TV-Nachrichten verfolgt haben. Bei der Berichterstattung über den Ukraine-Krieg hätten sich die beiden Männer in heftige Diskussionen verstrickt. Als der Freund Partei für das kriegsgebeutelte Land ergriff, verlor Viktor K. wohl die Fassung und ging mit einem Messer auf ihn los.
In der Stadt Iwanowo in der Oblast Moskau gönnte sich laut den Dokumenten Michail W. ein paar Stamperl mit seiner Freundin. Dabei hätten sie sich die Nachrichten zu Gemüte geführt und begonnen, über die „militärische Spezialoperation“ zu debattieren. Ein heftiger Streit sei entbrannt, in dem die Russin ihren Partner als „Nazi“ beschimpfte. Michail W. sprang der Frau an die Gurgel und schlug sie kurze Zeit später unter anderem mit einem Metallstuhl, heißt es. Die Frau habe schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen, der Mann sitze mittlerweile in einer Strafkolonie.
In Krasnojarsk sollen Nachrichten über das Kriegsgeschehen in der Ukraine eine tödliche Messerstecherei ausgelöst haben. Eine Gruppe von Leuten soll bereits feuchtfröhlich vor dem TV-Gerät gesessen sein. Einer der Männer verkündete demnach in feierlicher Manier, an der Spezialoperation teilnehmen zu wollen, schnappte sich ein Messer und fuchtelte wild damit herum. Dabei habe er unbeabsichtigt das Bein seines Kumpels Sergej I. gestreift. Sergej I. habe gedroht, er solle sofort damit aufhören, sonst würde er ihm die Klinge „in den Hintern stecken“. Als das nichts brachte, habe er das Messer an sich gerissen und dem Möchtegern-Kriegsdiener in den Rücken gerammt. Die Attacke endete laut den vorliegenden Informationen tödlich.
Verbrechen zeugen von tiefer Spaltung der Gesellschaft
Der bekannte russische Soziologe Andrej Posdnjakow gibt gegenüber „Mediazona“ und „Nowaja kladka“ zu bedenken, dass Verbrechen dieser Art aufzeigen, wie sehr die russische Gesellschaft gespalten sei: „Es gibt auf der einen Seite Leute, die mit den aktuellen Entwicklungen einverstanden sind und es gibt Leute, die damit nicht einverstanden sind.“ Eigentlich sei es Aufgabe des Staates dafür zu sorgen, dass solche Konflikte nicht eskalieren. Stattdessen würden Konfrontationen geschürt. „Und das ist wahrscheinlich ein Merkmal jedes Krieges, dass seine Teilnehmer von der ideologischen auf eine fast tierische Ebene übergehen - mit einem gewissen Maß an Intoleranz sowie der Bereitschaft zum Verstümmeln und Töten“, schloss der Experte.
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