30 Jahre nach Jack Unterwegers Tod hat nun Ex-Chefermittler Ernst Geiger einen Roman über den Serienkiller geschrieben. „Ich werde den Verdacht nicht los“, so der pensionierte Fahnder, „dass er noch öfter gemordet hat.“
Jack Unterweger - ein Täter, über den immer wieder berichtet wird. Wegen seiner komplexen Lebensgeschichte; wegen der extremen Perfidität und Grausamkeit, mit der er bei seinen Verbrechen vorgegangen ist.
Jack Unterweger - heuer ist es 30 Jahre her, dass er bei seinem Prozess im Landesgericht Graz des neunfachen Prostituiertenmordes schuldig gesprochen wurde. Wonach er sich in seiner Zelle erhängt hat.
Die letzten Geheimnisse in der Causa
„30 Jahre danach“ - der Anlass für Ernst Geiger, einst Chefermittler in der Causa, ein Buch über seinen, wie er sagt, „wichtigsten Fall“ zu schreiben. Dieses Buch mit dem Titel „Mordsmann“ - ein Roman, in dem Fiktion und Realität verschwimmen; in dem Vermutungen des pensionierten Top-Fahnders, „für die ich leider nie Beweise gefunden habe“, angedeutet werden.
Aber welche Geheimnisse sollte es noch über Unterweger geben? „Ich werde den Verdacht nicht los“, so Geiger, „dass seine Opferzahl höher sein könnte.“
Damit meint der frühere Ermittler vor allem das - offiziell ungeklärte - Delikt an einer Frau, die der Killer schon vor seinem ersten, ihm nachgewiesen Mord 1974, begangen haben dürfte.
Aus dem Buch: „Es war der 1. April 1973, ein Sonntag. Ein Mann ging mit seinem Sohn am Salzachsee fischen. Unweit vom Ufer sahen sie etwas im Wasser treiben. (...) Die Leiche lag zusammengerollt in einer Fötusstellung. Ihre Hände waren vor ihrem Körper gefesselt worden, mit einer roten Krawatte. Ihre Beine waren oberhalb der Knöchel mit einer braunen Strumpfhose zusammengebunden worden. Um ihr Gesicht war ein Stoffverband gewickelt ...“
Fest steht: Zahlreiche Intellektuelle hatten sich Ende der 1980er-Jahre für Unterweger, der während Verbüßung seiner - eigentlich lebenslangen - Freiheitsstrafe zum „Häfn-Poeten“ avanciert war, eingesetzt. Weil er in Romanen seinen Weg zum Schwerstverbrecher vorgeblich sehr reflektiert beleuchtet und damit als Musterbeispiel für eine gelungene Resozialisierung gegolten hatte: „Mit erfundenen Geschichten über seine angeblich schlimme Kindheit. Den Wahrheitsgehalt seiner Erzählungen hat damals niemand überprüft.“
Ohnehin: Unterwegers „ganzes Ich“ bleibt für Geiger ein Rätsel. „Ich weiß nur, dass er zu bestialischsten Handlungen fähig - und der manipulativste Mensch war, der mir je begegnet ist.“ Eben wegen seiner Manipulationskraft hatte er es geschafft, Männer und Frauen jeden Alters und jeder Herkunft für sich einzunehmen. „Ich habe nach seiner Verhaftung 1992 viele seiner Geliebten gefragt, was sie an ihm anziehend gefunden hatten. Die Antworten waren stets dieselben: Jack sei ein guter Zuhörer gewesen.“
„Er war einfach grundböse“
„,Ich lade dich auf einen Kaffee ein. Und wenn du keine Lust mehr hast, gehst du halt, okay?‘, sagte Jack. Katharina nickte. Sie mochte es, dass Jack sie ernst nahm. Dass er sich um sie bemühte, sich für sie interessierte.“
Ernst Geiger: „Unterweger hatte die Gabe, immens empathisch zu wirken. Obwohl er in Wirklichkeit grundböse war.“ Wie ist das Böse in ihm entstanden? „Es gibt dafür keine echte Erklärung. Diese ungeheure Eiseskälte war einfach in ihm, vielleicht schon von Kindheit an.“
Zurück ins Jahr 1994, zu dem Indizien-Prozess gegen den Serienkiller: „Es gab Hunderte Personen, die fest zu ihm hielten und von seiner Unschuld überzeugt waren. Und tatsächlich: Manchmal, während der Verhandlung, fürchtete ich, er könnte freigesprochen werden.“
Und wäre das geschehen? „Das hätte ich kaum ertragen. Denn ich bin mir sicher: Er hätte nach einiger Zeit irgendwo weiter gemordet ...“
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