Im August entrissen ein Marokkaner und eine Ukrainerin in einer Rangelei ihren zweijährigen Sohn einem Betreuer der Einrichtung in Wien-Ottakring. Das Paar floh mit dem Kind nach Frankreich und wurde schließlich in Paris aufgespürt. Jetzt fasste der 29-jährige Vater im Wiener Landl Haft aus.
„Das Jugendamt nimmt hier Kinder nicht zum Spaß ab. Erst wenn es keine andere Wahl hat, als das Kind den Eltern wegzunehmen. Man darf es sich nicht eigenhändig zurückholen “, versucht der Staatsanwalt dem Angeklagten im Saal 16 des Wiener Landesgerichts zu erklären. Doch der Marokkaner schüttelt nur den Kopf. Gemeinsam mit der Mutter seines Sohnes, einer Ukrainerin, sprang er am 27. August 2023 in Wien-Ottakring aus dem Gebüsch.
„Ich schlag’ dich, das ist mein Kind“
Der 29-Jährige fiel über den Betreuer her, der mit dem damals Zweijährigen unterwegs war. „Ich hab gemerkt, dass sich von hinten schnell jemand nähert, den Buben hochhebt und mit ihm wegläuft“, erinnert sich der geschockte Sozialarbeiter. „Ich bin ihm nach und hab ihn zu Boden gebracht. Auf einmal ist die Mutter aufgetaucht und brachte das Kind in den Wald.“ - „Ich schlag’ dich, das ist mein Kind“, soll der Angeklagte mehrfach gerufen haben. „Hatten Sie Angst?“, will Richter Matthias Funk wissen. „Natürlich“, antwortet der Betreuer.
Ich habe mir nie gedacht, dass ich meinen eigenen Sohn entführen werde.
Der Angeklagte zum Richter
Handschellen klickten in Frankreich
Das Paar flüchtete mit dem Sohn, der seit einer Kindesabnahme im September 2022 in Obhut der MA 11 ist, per Taxi. Die Reise mündete in Frankreich, wo eine Tante der Mutter wohnt. Am 12. September klickten für den Angeklagten dort die Handschellen. „Ich habe mir nie gedacht, dass ich meinen eigenen Sohn entführen werde“, sagt der Angeklagte zum Richter. „Wir waren an einem schönen Platz picknicken, plötzlich sah ich unseren Sohn“, spricht der Angeklagte von einer spontanen Entführung.
Weiterer Vorfall am 10. August 2023
Die ihm der Richter freilich nicht abkauft. Der vorbestrafte Mann fasste wegen Kindesentziehung zwölf Monate Haft aus. Zur Mutter wird ein Gutachten abgewartet. Sie hatte einen kurzen, wirren Zeugenauftritt, der ausreichte, um einen Einblick zu bekommen, was sich in der Familie abgespielt haben dürfte.
Zum Vorfall aussagen wollte sie nicht. Schon am 10. August 2023 kam es zu einem Vorfall nach einem Besuchskontakt des Vaters. Damals drang die Mutter in die Einrichtung ein und ging auf eine junge Sozialarbeiterin der MA 11 los. Der Vater entriss dieser damals den Torschlüssel und brachte seinen Sohn ins Freie. Der diesbezüglich angeklagte Entführungsversuch wurde aber freigesprochen.
Vor der Entführung fragte er öfters: Wo ist Papa? Das ist seither kaum noch der Fall.
Ein Sozialarbeiter als Zeuge
Das Kind ist nun wieder in Obhut der Kinder- und Jugendhilfe. Ob sich der mittlerweile dreijährige Kenan (Name geändert) seit der Entführung verändert hat, will das Gericht wissen. „Vor der Entführung fragte er öfters: Wo ist Papa? Das ist seither so gut wie nicht mehr der Fall“, berichtet der Betreuer.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.