Mladic-Prozess

Ankläger: “Können Srebrenica-Horror niemals begreifen”

Ausland
17.05.2012 13:53
Der zweite Tag im Prozess gegen den früheren bosnisch-serbischen Militärchef Ratko Mladic ist am Donnerstag in Den Haag bereits gegen Mittag zu Ende gegangen. Die Beweislage ist laut Staatsanwalt Peter McCloskey "erdrückend". Das Massaker von Srebrenica etwa, bei dem rund 7.000 Männer und Burschen ermordet wurden, "war und bleibt Genozid", so McCloskey vor dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien. "Wir können diesen Horror niemals begreifen", betonte er.

Nur streng von der Führung selbst kontrollierte Truppen konnten nach Meinung des Anklägers den Mord an den Tausenden Menschen aus Srebrenica in nur vier Tagen - vom 11. bis zum 14. Juli 1995 - durchführen. Die Ankläger würden beweisen, dass Mladic das Kommando über den Truppen hatte und "persönlich vor Ort war und persönlich in die Verbrechen" verwickelt gewesen sei, sagte McCloskey. Aus Massengräbern wurden nach seinen Angaben bis dato 5.977 der über 7.000 ermordeten Srebrenica-Einwohner exhumiert.

Im Laufe des Prozesses werden im Fall Srebrenica auch elf Überlebende des Massakers aussagen, kündigte der Ankläger an, der am Donnerstag einen Großteil seiner Ausführungen der früheren ostbosnischen muslimischen Enklave widmete. Dem Gericht wurden zahlreiche Aufnahmen und auch Aussagen Mladics wie jene aus Srebrenica vorgeführt, dass es die Zeit gekommen sei, sich "an den Türken" (serbische beleidigende Bezeichnung für Muslime, Anm.) zu rächen.

"Massives menschliches Desaster" in Srebrenica
Die Anklage legte Videos vor, die "ein massives menschliches Desaster" in Srebrenica zeigen. Die Stadt sollte eigentlich als UNO-Schutzzone vor den Serben gesichert sein. Ziel der Mladic-Truppen sei "die Schaffung von totaler Unsicherheit, Untragbarkeit und Perspektivlosigkeit für die Muslime" gewesen, "ohne Hoffnung, überleben zu können", zitierte der Staatsanwalt aus internen Militärdokumenten. Die Serben hätten deshalb mehr als 40.000 Muslime auf einem Gebiet von nur zwei Quadratkilometern zusammengepfercht.

Mladic verfolgte die Ausführungen des Anklägers - ebenso wie am Vortag - sehr aufmerksam und machte sich Notizen. In seinem Gesicht zeichnete sich hie und da ein selbstgefälliges Lächeln ab, jedoch keine Spur von Reue.

Mladic-Tagebücher als wichtige Beweisquelle
In seinen vor Jahren in der Belgrader Familienvilla sichergestellten Tagebüchern, die eine wichtige Beweisquelle im Gerichtsverfahren darstellen, notierte Mladic am 27. Juli 1995 die Worte des damaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic: "Srebrenica und Zepa (eine weitere ostbosnische muslimische Enklave, die von Mladics Truppen im Juli 1995 eingenommen wurde, Anm.) haben uns großen Schaden angerichtet."

Ein Termin für die Weiterführung des Prozesses ist bisher nicht bekannt. Die Fortführung des Verfahrens sei wegen formaler Fehler - die Anklage hatte der Verteidigung wichtige Dokumente zu spät zugestellt - der Staatsanwaltschaft noch offen, berichtete der Vorsitzende Richter, Alphons Orie. Eigentlich sollte die Beweisaufnahme am 29. Mai beginnen. Das Gericht werde einen neuen Termin festlegen. Wann das geschehen werde, sagte der Richter nicht.

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