Tausende bei Demo
„Hau ab“: Deutsche Bauern wüten gegen Regierung
Montagmittag haben in Berlin Bauernproteste gegen das geplante Aus von Diesel-Vergünstigungen für die deutsche Landwirtschaft stattgefunden. Die Polizei, die mit 1300 Beamten für Ordnung sorgte, sprach von 8500 Teilnehmern vor dem Brandenburger Tor. Die Demonstranten seien mit mehr als 6000 Fahrzeugen vor Ort gewesen. Die Demonstration setzte laut Bauernchef Joachim Rukwied ein Zeichen an die rot-grün-gelbe Bundesregierung: „Es reicht, zu viel ist zu viel.“ Die Landwirte forderten eine Rücknahme von Subventionskürzungen. Mit einer Mischung aus Kuhglocken-Läuten, „Hau ab“- und Buh-Rufen und wurde Finanzminister Christian Lindner (FDP) empfangen.
„Wir stehen zu einer stabilen Demokratie. Dazu gehört die sichere Versorgung mit Lebensmitteln“, betonte Rukwied in seiner Rede. Er kündigte weitere Proteste an, wenn die Politik nicht auf die Forderungen eingeht. Die Regierung habe es selbst in der Hand, sagte Rukwied. Sollte sie zurückrudern, würden die Traktoren abziehen. „Zuviel ist zuviel. Nehmen Sie die Vorschläge zurück.“
Livestream von der Mega-Demo:
Pfiffe gegen Politiker
Während der Rede gab es Jubel von den Demonstranten, wenn es um die Forderungen ging, Pfiffe, als Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) genannt wurden. „Ich habe Respekt vor Ihnen, Herr Lindner, wenn Sie sich hier stellen. Wir behandeln unsere Gäste mit Respekt“, so Rukwied. Er forderte vor von ihm geschätzt 30.000 Unterstützern einen Neuanfang. „So kann es nicht weitergehen.“
Lindner: „Ich habe Verständnis für Protest“
Lindner trat selbst vor das Rednerpult, konnte wegen des Lärms jedoch erst nach einem beschwichtigenden Appell von Rukwied das Wort ergreifen. Die versammelten Landwirte begleiteten seine Rede dennoch weiter mit lauten „Hau ab!“-Rufen, Hupen und Pfiffen. Aus einigen Hundert Metern Entfernung war Lindner trotz Lautsprecherübertragung höchstens bruchstückhaft zu verstehen, wie dpa-Reporter berichteten. Lindner in seiner Rede: „Ich habe Verständnis für den Protest.“ Er sei beeindruckt vom Bild der Tausenden Landwirte, die nach Berlin gekommen sind. „Mich beeindruckt der Zusammenhalt, den Sie hier zeigen. Ihr Protest ist legitim und ihr Protest ist friedlich.“
Gleichzeitig versuchte er zu beruhigen: „Ich bin Jäger, aber ich bin fertig, wenn ich den Pferdestall ausgemistet habe. Ich bin Chef einer Partei, die sich seit Jahrzehnten für den Mittelstand einsetzt. Ich kenne die immer teurer werdenden Klima-Auflagen.“
„Ohne Landwirte keine Zukunft“
Bereits in der Früh waren zahlreiche Teilnehmer mit Traktoren in Richtung der Berliner Innenstadt aufgebrochen. Auf Fahrzeugen waren Slogans zu lesen wie „Tank leer - aus die Maus“, „Ohne Landwirte keine Zukunft“ und „Transport made in Germany - wie lange noch?“. Auf anderen Transparenten war von Regierungsversagen die Rede, von Widerstand gegen Unrecht, von Veruntreuung, Freunderlwirtschaft und Kriegstreiberei.
Auch Transportbranche fordert ein Umdenken der Politik
Zu der Großdemonstration hatten Bauernverbände und der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung aufgerufen. Auch an weiteren Orten in Deutschland waren wieder Proteste angekündigt, etwa in Chemnitz, Freiburg und Bitburg. Auf der Großdemonstration in Berlin rief auch die Transportbranche die Bundesregierung zum Umsteuern auf. „Unserer Branche reicht es auch“, rief der Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt.
Bauernverband fordert Rücknahme der Mehrbelastungen
Die Großkundgebung in Berlin sollte der Höhepunkt einer Aktionswoche sein, mit der Landwirte in den vergangenen Tagen deutschlandweit gegen die schon abgeschwächten Pläne der Ampel-Koalition mobil gemacht haben. Für Einsparungen im Haushalt 2024 soll die seit mehr als 70 Jahren bestehende Agrardiesel-Begünstigung wegfallen.
Noch können sich Betriebe die Energiesteuer teilweise zurückerstatten lassen - mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Ursprünglich sollte die Hilfe sofort ganz wegfallen. Nun soll sie über drei Jahre auslaufen. Eine zunächst geplante Streichung auch der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirtschaftsfahrzeuge hat die Regierung ganz fallen lassen. Dem Bauernverband reichen die Korrekturen nicht, er fordert eine Rücknahme der Mehrbelastungen.
Lindner dämpft Erwartungen
Lindner dämpfte im Voraus Erwartungen, dass auf die Subventionsstreichungen komplett verzichtet werde. Ähnlich äußerte sich Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. Die Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP haben ebenfalls für diesen Montag die Spitzen der Landwirtschaftsverbände zu einem Gespräch eingeladen. Die Zustimmung des Bundestags zum Bundeshaushalt 2024 sowie den geplanten Kürzungen beim Agrardiesel steht noch aus.
Regierung will Begünstigungen für Agrardiesel abschaffen
Die deutsche Regierung will Steuerbegünstigungen für Agrardiesel schrittweise abschaffen. Auf eine ursprünglich geplante Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft will die Regierung verzichten. Der Deutsche Bauernverband fordert aber, die Kürzungen komplett zurückzunehmen. „Für eine wettbewerbsfähige Landwirtschaft sind eine Förderung von Agrardiesel sowie die Kfz-Steuerbefreiung unerlässlich“, hieß es.
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