Wer eine barrierefreie Wohnung benötigt, muss auch im sozialen Wohnbau mit höheren Kosten rechnen. Für Betroffene ist das oft nur schwer zu stemmen. Diese Vorgehensweise hat Gründe, sorgt aber auch für Kritik.
Im Jahr 2022 änderte sich das Leben von Sladana S. schlagartig. Die Kindergartenbetreuerin hatte Käse mit verseuchten Bakterien (der Gerichtsprozess um fünf Tote läuft) gegessen, erlitt eine schwere Gehirnhautentzündung und sitzt seither im Rollstuhl. Pflegestufe 4.
Seit mehr als einem Jahr versucht die 50-Jährige, ihre Gemeindewohnung gegen eine kleinere, behindertengerechte einzutauschen. Bisher erfolglos. Einerseits benötigt Wiener Wohnen noch einige medizinische Unterlagen. Andererseits hat das finanzielle Gründe.
Bei der Wohnberatung, begleitet durch Bezirksrat und Wohnexperten Günter Kasal (Österreichische Bürgerplattform), wurde Frau S. aufgeklärt: Rollstuhlfahrer müssten mitunter Eigenmittel von 150 Euro je Quadratmeter erbringen. Umgerechnet: Das wären bei 50 Quadratmetern 7500 Euro. Das hat im sozialen Wohnbau nicht jeder schnell bei der Hand.
Pro Monat um 100 Euro mehr
Zudem sei die Monatsmiete in der Regel um 100 Euro höher als bei „normalen“ Wohnungen. Kasal, der sich seit Jahrzehnten mit dem Wohnthema in Wien beschäftigt, kritisiert diese Praxis scharf: „Die Ärmsten der Armen werden zu einer dauerhaft höheren Miete genötigt, und es wird noch eine Strafgebühr für ihre Beeinträchtigung abverlangt“, so der Politiker.
Unverhältnismäßig hohe Eigenmittel und erhöhte Monatsmieten - die Ärmsten der Armen werden hier bestraft. Das ist eine Frechheit.
Bezirksrat Günter Kasal
Das sagt die Gemeindebau-Verwaltung
Wiener Wohnen betont, dass es keine (!) Extra-Aufschläge für Rollstuhlfahrer gebe. Dennoch fallen faktisch durch die Hintertür oft höhere Kosten an.
Die Gründe: Barrierefreie Wohnungen liegen fast immer in neueren Wohnanlagen und sind speziell ausgestattet (größere Badezimmer, Nebenräume). Daher sind die Monatskosten im Schnitt höher als im Altbau. „In einigen Wohnanlagen ist teilweise wohnförderungsbedingt noch ein Finanzierungsbeitrag zu entrichten, wofür meist ein Durchschnittswert von 150 Euro genannt wird“, erklärt die Gemeindebau-Verwaltung gegenüber der „Krone“.
Wer finanzielle Unterstützung benötigt, könne sich an diverse Stellen der Stadt Wien (MA 40, MA50 Fonds Soziales Wien) wenden.
Und zu Frau S. teilt Wiener Wohnen mit: „Sie hat Anspruch auf eine rollstuhlgerechte Wohnung, sofern sie der Wohnberatung die notwendigen Unterlagen übermittelt.“ Das will die Floridsdorferin in den nächsten Tagen machen.
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