Ukraine-Hilfe stockt

Minister: „Dann kämpfen wir mit Schaufeln“

Ukraine-Krieg
16.01.2024 13:23

Angesichts des bröckelnden internationalen Rückhalts hat der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba in einem Interview insbesondere die USA um weitere Militärhilfe gebeten. Zugleich betonte er den Kampfeswillen seiner Landsleute. In Davos will unterdessen Präsident Selenskyj den kriegsmüden Westen wachrütteln.

„Was auch immer der Preis für die Unterstützung der Ukraine jetzt ist: Der Preis, im Falle einer ukrainischen Niederlage das Chaos in der Welt zu beseitigen, wird viel höher sein“, sagte Kuleba dem US-Sender ABC News. Auch unter schwersten Bedingungen werde sich die Ukraine Russland nicht ergeben, fügte der Minister hinzu. „Selbst wenn uns die Waffen ausgehen, werden wir mit Schaufeln kämpfen. Denn was für die Ukraine auf dem Spiel steht, ist die Existenz dieser Nation.“ Für mögliche Friedensverhandlungen mit Russland müsse sein Land erst eine bessere Ausgangslage auf dem Schlachtfeld schaffen, sagte Kuleba.

Militärhilfe stockt
Beim Verteidigungskrieg gegen Russland ist die Ukraine auf westliche Unterstützung angewiesen. Beim wichtigsten Unterstützer USA jedoch steckt die Gewährung neuer Militärhilfen in einem innenpolitischen Streit fest, was Kiew große Sorge bereitet. Auch in Brüssel stocken derzeit die Ukraine-Hilfen. Dort pochte EU-Wirtschaftskommissar am Dienstag am Rande eines Treffens der EU-Finanzminister auf weitere Unterstützung. Er nahm dabei auch internationale Partner außerhalb Europas in die Pflicht.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bekräftigt den Kampfeswillen der ukrainischen Bevölkerung. (Bild: AFP)
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba bekräftigt den Kampfeswillen der ukrainischen Bevölkerung.
In den vergangenen zwei Jahren hatte Selenskyj in Videoansprachen um Unterstützung geworben. Nach Davos reiste er diesmal selbst, um den mehr und mehr kriegsmüden Westen aufzurütteln. (Bild: APA/AFP/UKRAINIAN PRESIDENTIAL PRESS SERVICE/Handout)
In den vergangenen zwei Jahren hatte Selenskyj in Videoansprachen um Unterstützung geworben. Nach Davos reiste er diesmal selbst, um den mehr und mehr kriegsmüden Westen aufzurütteln.

Im Dezember war ein 50 Milliarden schweres Hilfsprogramm der EU für die Ukraine noch durch das Veto von Ungarns Regierungschef Viktor Orban blockiert. Für den 1. Februar ist nun ein EU-Sondergipfel dazu geplant. In Brüssel wird gehofft, dass Ungarn bis dahin seinen Widerstand aufgibt.

Selenskyj gibt Hoffnung auf NATO-Beitritt nicht auf
Unterdessen wirbt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in der Schweiz um Unterstützung für sein Land. Bei einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos bekräftigte er Hoffnungen auf einen Beitritt zu dem Militärbündnis. Kiew erwarte beim NATO-Gipfel im Juli in Washington Entscheidungen, die eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Allianz näherbrächten, sagte Selenskyj am Dienstag.

Russland begründet seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch mit dem Streben des Landes in die NATO. Eine Aufnahme der Ukraine in das Bündnis ist bisher jedoch nicht in Sicht. Selenskyj teilte zum Treffen mit Stoltenberg mit, bis zu einem Beitritt der Ukraine wolle das Land weiter, wie zuletzt mit Großbritannien, bilaterale Sicherheitsabkommen schließen.

Selenskyj dankte Stoltenberg für die unerschütterliche Unterstützung durch das Militärbündnis. Er habe den NATO-Generalsekretär auch über die Lage an der Front informiert und betont, dass Kiew weiter Hilfe bei der Verstärkung seiner Luftverteidigung brauche. Selenskyj will bei einer Rede auf dem Weltwirtschaftsforum um weitere Milliarden und Waffenlieferungen für die Ukraine werben. Zudem hofft er auf Unterstützung beim Wiederaufbau des Landes.

Laut Innenministerium in Kiew wurden im Donezker New York sechs dreistöckige Gebäude und fünf Privathäuser zerstört. (Bild: Facebook/Vadym Filashkin)
Laut Innenministerium in Kiew wurden im Donezker New York sechs dreistöckige Gebäude und fünf Privathäuser zerstört.
Auswirkungen des russischen Raketenangriffs (Bild: Facebook/Vadym Filashkin)
Auswirkungen des russischen Raketenangriffs

Evakuierungen in Region Charkiw
Wegen verstärkter russischer Angriffe ist unterdessen die Lage im Nordosten der Ukraine gefährlicher geworden. Die Behörden in der Region Charkiw haben die Bewohner zahlreicher Dörfer in Frontnähe aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen. Für 26 Orte wurde „Angesichts der Sicherheitslage“ die Evakuierung angeordnet, mehr als 3000 Menschen sind betroffen.

Zuvor hatten die Behörden einen russischen Angriff mit Lenkraketen auf die ostukrainische Stadt New York in der Region Donezk gemeldet. Mindestens drei Menschen seien dabei verletzt worden, fünf weitere Personen seien „wahrscheinlich unter den Trümmern“ begraben, teilte das Innenministerium in Kiew mit. Mehrere Wohnhäuser wurden zerstört. Auf der Suche nach Verschütteten durchkämmten Rettungskräfte in der Nacht auf Dienstag die Trümmer eines zum Teil eingestürzten Wohnblocks.

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