Wegen Saudi-Deal
D: Webgemeinde jagt ‘Panzerfamilie’ per Kopfgeld
Ein wenig kurios ist die Situation schon: Ausgerechnet eine Familie von Intellektuellen, Künstlern und Schöngeistern zieht beim Panzerhersteller "Krauss-Maffei Wegmann" die Fäden. Menschen, von denen man glaubt, dass ihnen Frieden und konstruktive Konfliktlösung am Herzen liegen. Ein Psychologe zählt ebenso zu dem Clan wie ein Lehrer und ein Mozart-Biograph. Einer der Besitzer war gar der führende Kopf der 68er-Bewegung im deutschen Heidelberg. Er protestierte damals zum Beispiel gegen den Vietnamkrieg.
Doch nun protestieren andere gegen ihn - und gegen seine Verwandten. Und zwar mit einer raffinierten Aktion. Weil Strafanzeigen gegen den Waffendeal mit den Saudis ebenso erfolglos blieben wie Appelle an die Politik, greifen die Gegner des Waffengeschäfts jetzt zur Guerilla-Taktik. Am Montag stellten die Aktivisten eine Seite ins Netz, auf der sie 25.000 Euro Belohnung für all jene ausloben, die dabei helfen, eines der Familienmitglieder für mindestens zwei Jahre hinter Gitter zu bringen.
Geldwäsche, Betrug, Steuerdelikte - alles wird genommen
Das Delikt, wegen dem die Verurteilung letztendlich erfolgt, ist dem "Zentrum für politische Schönheit" dabei völlig egal. "Vorstellbar wären zum Beispiel Steuerhinterziehung, Betrug oder Geldwäsche", so einer der Initiatoren. Die Tat müsse nicht im direkten Zusammenhang zur Firma stehen, auch private Verfehlungen interessieren die Macher.
Jeder der Panzerschmieden-Mitbesitzer wird auf "25000-Euro.de" mit eigener Seite vorgestellt. Dort befindet sich auch ein Barometer, das anzeigt, wie nahe eine Verurteilung bereits ist. Die ungewöhnliche Aktion hat das Künstlerkollektiv dabei vorab von einem Rechtsanwalt prüfen lassen. "Was wir tun, ist nicht illegal", sagen die Aktivisten.
Einer der zehn autoritärsten Staaten der Welt
Moralisch sehen sich die Initiatoren der Aktion ohnehin im Recht. "Ein despotischerer Staat als Saudi-Arabien ist kaum vorstellbar", sagen sie - und haben damit wohl recht. Bei Freiheitsrechten und politischen Rechten stuft die Organisation "Freedom House" das Land auf einer Skala von 1 bis 7 mit schlechtesten Werten ein. Und im 168 Staaten umfassenden "Demokratie-Rating" des "Economist" belegt Saudi-Arabien den 161. Platz. Im vergangenen Jahr half die Armee zum Beispiel dabei, den demokratischen Aufstand im Nachbarland Bahrain niederzuschlagen. "Aber auch im Inland gibt es Repressionen", so die deutschen Aktivisten.
Kein Geheimnis ist, dass der Leopard 2A7+ speziell für die asymmetrische Kriegsführung gegen Einzelpersonen konzipiert wurde, nicht etwa für Panzerschlachten. Als "so wendig und so schnell wie eine Wildkatze" bewirbt der Hersteller sein Produkt. "Die Ausstattungsliste klingt in den Ohren von Diktatoren wie Musik: Räumschild, geringerer Wendekreis, verkürztes Kanonenrohr, Klimaanlage und ferngesteuerte Waffenstationen sind mit an Bord", so das "Büro für politische Schönheit".
"Das ist also der deutsche Beitrag zur Demokratisierung"
Sauer ist das Künstlerkollektiv übrigens nicht nur auf die Besitzer der Waffenschmiede, sondern auch auf die Regierung Merkel, die den Deal politisch durchgewinkt hat. Die Gegner des Geschäfts sind der Meinung, dass es ausreichend deutsche und europäische Gesetze gibt, die den Handel mit Diktatoren untersagen. Hämischer Kommentar der Aktivisten: "So sieht er also aus, der deutsche Beitrag zur Demokratisierung Arabiens."
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