Für den morgigen Freitag kursieren im Internet Aufrufe zu einer Bauerndemonstration in Wien am Ballhausplatz. Die FPÖ unterstützt die Proteste, der ÖVP-Bauernbund ist dagegen. Sollte die Veranstaltung stattfinden, dürften die Leidtragenden allerdings besonders Geschäftstreibende und Besucher der Wiener Innenstadt sein.
Dutzende, vielleicht sogar Hunderte Traktoren in Wiens Innenstadt - für die Verkehrsteilnehmer wohl eher ein Horrorszenario, besonders am stautechnisch ohnedies angespannten Freitag. Auf Nachfrage von krone.at bestätigte die Wiener Polizei eine durch die FPÖ angemeldete Veranstaltung, es wird von 200 bis 300 Teilnehmern ausgegangen. Mit Verkehrsbehinderungen rechnet man bei der Exekutive jedenfalls.
FPÖ ruft zur Teilnahme auf
Die geplante Aktion lässt zwischen ÖVP und FPÖ die Wogen hochgehen. Die Freiheitlichen unterstützen den Protest, deren Agrarsprecher Peter Schmiedlechner rief auf Facebook zur Teilnahme auf. „Zeigen wir den politischen Verantwortlichen, dass wir Bauern keine Knechte sind!“, ist da zu lesen. Auch FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz teilte den Aufruf.
Die Replik des ÖVP-Bauernbundes ließ nicht lange auf sich warten. „Die FPÖ instrumentalisiert die Bauern für ihre Parteizwecke“, beklagte die Interessensvertretung und betonte: „Der Bauernbund distanziert sich klar von Wahlkampfspielchen der Freiheitlichen auf Kosten der Bäuerinnen und Bauern.“ Grundsätzlich gelte: „Besser als auf der Straße zu diskutieren ist es, seine Meinung in den zuständigen Gremien zu vertreten.“ Hier glänze aber die FPÖ durch Abwesenheit.
„Großer Unterschied zu Deutschland“
Weiters betonte der Bauernbund zu der für Freitag, 13 Uhr in der Wiener Innenstadt geplanten Demo: „In Österreich gibt es einen großen Unterschied zum deutschen Nachbarland, wo derzeit Proteste herrschen: In Österreich sind die Bäuerinnen und Bauern in der Bundesregierung vertreten.“
Bereits am Montag hatte die FPÖ ihre Unterstützung für die zu Ende gegangene Bauerndemonstration in Deutschland kundgetan. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass die österreichischen Agrarier mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hätten. „In ganz Europa geht es mit Landwirten bergab. Wir müssen uns daher in unserem Protest vernetzen, um für die Landwirtschaft etwas zu bewegen. Die Bauern werden von den Regierungen an die Wand gespielt, Auflagen und Richtlinien werden immer mehr“, so Schmiedlechner.
Österreichische Landwirtschaft steht gut da
Schaut man sich die Faktenlage an, wird das FPÖ-Argument allerdings nicht wirklich untermauert. Für 2024 hat die österreichische Bundesregierung das Agrarbudget auf 3,07 Milliarden Euro angehoben, das sind um 129,5 Millionen Euro mehr als 2023.
Wie es der Landwirtschaft geht, darüber gibt der jährliche Grüne Bericht Auskunft. In der Ausgabe 2023 (für das Jahr 2022) ist zu lesen: „Nach den Buchführungsergebnissen betrugen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Durchschnitt aller Betriebe 45.757 Euro pro Betrieb und erhöhten sich damit um 13.611 Euro (plus 42,3 Prozent) zu 2021. Je Biobetrieb betrugen sie durchschnittlich 37.416 Euro (plus 18,2 Prozent) und je Bergbauernbetrieb durchschnittlich 34.603 Euro (plus 44,8 Prozent). Bezogen auf den Arbeitseinsatz konnte ein Betrieb durchschnittlich 34.507 Euro Einkünfte je betrieblicher Arbeitskraft erzielen.“
Spitzenjahr 2022, leichter Einbruch 2023
Wobei 2022 ein besonders gutes Jahr für die Bauern war, für 2023 wird von schlechteren Zahlen ausgegangen. Die Einkünfte aller Bergbauernbetriebe lagen übrigens um 40 Prozent unter denen der Nichtbergbauernbetriebe. Im Vergleich zu 2021 hat sich der Einkommensabstand vergrößert.
Der primäre Sektor trug 2022 rund 1,5 Prozent zur Bruttowertschöpfung der Volkswirtschaft bei. Bei Rinder- und Schweinefleisch produziert Österreich mehr als hier gegessen wird, bei Milch liegt der Selbstversorgungsgrad gar bei 178 Prozent. Hierzulande gab es 2022 knapp 155.000 land- und forstwirtschaftliche Betriebe - um elf Prozent weniger als 2010.
Landwirte von Rechts-Parteien instrumentalisiert?
In Deutschland hatten die bundesweiten Bauernproteste mit Tausenden tonnenschweren Traktoren für eine Diskussion darüber gesorgt, inwiefern die Landwirte für Interessen weit rechts stehender Parteien instrumentalisiert werden. Die rechtspopulistische AfD hatte mehrfach die Demos unterstützt.
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