Der Naschmarkt ist Wiens Genussmeile. Doch statt Vielfalt gleicht hier jeder Marktstand dem nächsten. Obst- und Gemüsestände werden weniger. Jetzt sorgt auch die geplante Markthalle für jede Menge Aufregung. Wo liegen die Probleme? Und gibt es auch Lichtblicke?
Der Naschmarkt ist eines von Wiens wichtigsten Aushängeschildern. Wie lange noch? Wer durch den Naschmarkt streift, dem wird auffallen, dass ein Stand dem anderen gleicht. Oliven, Hummus und Trockenfrüchte - überall wird dasselbe angeboten, Vielfalt sieht anders aus. Jetzt schlagen die Standler selbst schon Alarm. Sie bemängeln die fehlende Produktvielfalt. Denn der Einheitsbrei bei den angebotenen Waren werde früher oder später auch die Touristen vertreiben - viele einheimische Stammkunden haben dem Markt ohnehin schon den Rücken gekehrt.
Besucher pro Woche hat der Naschmarkt im Jahr 2022 im Durchschnitt angezogen. Für 2023 liegen noch keine Zahlen vor.
Es gibt aber auch Positives: Im November ist der Obst- und Gemüseverkäufer Himmelsbach - einer der letzten österreichischen Traditionsstände - in Pension gegangen und hat seinen Stand übergeben. Ein „Krone“-Lokalaugenschein zwei Monate später lässt aufatmen: Der Stand hat lediglich seinen Namen auf Alex am Naschmarkt gewechselt, die Waren und die Qualität sind dabei gleichgeblieben.
Übernahme als Lichtblick
„Das Geschäft läuft weiterhin gut, die Kunden sind uns treu geblieben“, erzählt Mitarbeiter Erdal Dede, der seit 32 Jahren auf dem Naschmarkt tätig ist. Für die Käufer gäbe es keine Alternative, die Supermärkte könnten in Sachen Frische nicht mithalten. Wenn jedoch nicht so viele Parkplätze weggefallen wären, würde das Geschäft noch mehr florieren.
Gerhard Urbanek, Betreiber eines Feinkostwarenladens am Markt hat den Verfall der einst berühmt-berüchtigten Genussmeile Wiens hautnah miterlebt. „Der Schmäh ist verloren gegangen“, beklagt Urbanek. Auch ihm sind aufgrund der miserablen Parkplatzsituation Kunden verloren gegangen.
Zwar ist der Naschmarkt für Touristen noch immer ein Magnet, von diesen profitieren aber hauptsächlich die Gastrolokale. Die nebenbei immer mehr werden. Genauso wie die Ramsch- und Souvenirläden. „Die haben auf einem Markt nichts zu suchen. Die Standvergabe muss strenger geprüft werden“, sagt FPÖ-Bezirksparteiobmann in Mariahilf Leo Kohlbauer.
Standler pfeift auf Vorgaben
Auch unter den Standlern wird der Ton daher rauer. In der Kritik steht aktuell ein erst vor zwei Jahren übernommener Laden. Dieser habe mit seinem Konzept das Marktamt überzeugt und bei der Ausschreibung den Zuschlag bekommen. Vereinbart waren Milch- und Käseprodukte - um eben die Angebotspalette zu erweitern. „Doch dann hat der gemerkt, dass er anscheinend mit anderen Produkten mehr Geschäft macht - und bietet erst recht wieder ähnliche Waren wie die anderen an. Der tanzt allen auf der Nase herum“, so ein Standler. Das hat auch das Marktamt bereits auf den Plan gerufen. Einsicht? Fehlanzeige. Die Causa liegt derzeit beim Verwaltungsgericht, wie man gegenüber der „Krone“ bestätigt.
Auch Umbau sorgt für Unruhe
Der Naschmarkt hat in den vergangenen Jahren seine Führungsrolle unter Wiens Märkten bei den Besucherzahlen eingebüßt. Der Brunnenmarkt hat ihm den Toprang abgelaufen. Die Stadt will mit der Umgestaltung des großen Parkplatzes (Detailplanung läuft noch) nicht nur eine Hitzeinsel beseitigen, sondern auch dem Markt eine Frischzellenkur verpassen.
Im Herbst soll Umbau starten
Das sorgt - wie berichtet - auch für Kritik und mitunter für Wirbel. Jüngstes Beispiel: Kunden berichten gegenüber der „Krone“, dass der beliebte Würstelstand an der Linken Wienzeile wegen des Umbaus geschleift werden soll. Auch die Bezirks-Blauen haben sich eingeschaltet und orten bereits einen Skandal.
Die „Krone“ hat im Rathaus nachgefragt: Muss die ehrwürdige Würstelinsel tatsächlich weichen? Martin Jank, Geschäftsführer vom zuständigen Wiener Gewässer Management, beruhigt: „Nach einem mehrstufigen Prozess wartet eine umfassende, klimafitte Neugestaltung. Dabei bleibt der Würstelstand selbstverständlich erhalten. Es werden keine Stände verschwinden.“
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