„Krone“-Interview

Natalie O‘Hara huldigt großer jüdischer Pianistin

Kultur
03.02.2024 09:00

Die beliebte Fernseh- und Theaterschauspielerin Natalie O‘Hara verkörpert in drei Vorstellungen am Wiener Theater Akzent die legendäre Holocaust-Überlebende und Pianistin Alice Herz-Sommer. Ein Gespräch über unbändige Lebensfreude während düsterer Tage, die Kraft der Musik und den Drahtseilakt zwischen Unterhaltung und Ernsthaftigkeit.

In der Hölle des KZ Theresienstadt spielte Alice Herz-Sommer während des Zweiten Weltkriegs mehr als 100 Konzerte. Während rund um sie herum Hunger, Leid und Tod herrschten, spielte sie Beethoven, Bach und die 24 Etüden Chopins. Ohne Partituren, aus dem Gedächtnis heraus. „Die Musik ist ein Zauber“, sagte Herz-Sommer später in einem Interview, „die Musik war für die Leute das Essen.“ Für das Holocaust-Opfer war die Musik der Schlüssel zum Überleben und zur Fröhlichkeit in den dunkelsten Zeiten der Menschheit. Ihrem Sohn Raphael konnte Herz-Sommer im KZ jahrelang eine heile Welt vorgaukeln. So heil, dass er in seinen Memoiren davon sprach, in Theresienstadt eine glückliche Kindheit erlebt zu haben. Die aus einer musikalischen Familie stammende Künstlerin verbot sich zeit ihres Lebens schlechte Laune. „Mein Optimismus hat mir durch die dunkelste Zeit in meinem Leben geholfen. Ich interessiere mich für die schönen Dinge im Leben.“

Ihren Lebensabend verbrachte Herz-Sommer in einer Einzimmerwohnung in London, bis sie im Februar 2014 als älteste Holocaust-Überlebende im biblischen Alter von 110 Jahren verstarb. Bis zuletzt spielte sie täglich auf ihrem Steinway-Flügel, ihr Vermächtnis wurde bereits in Bücher und Filme gegossen. In „Alice - Spiel um dein Leben“ nimmt sich nun die deutsche Schauspielerin Natalie O’Hara der unvergesslichen Geschichte Herz-Sommers an. Im szenischen Ein-Personen-Stück spielt sie mehr als 20 Rollen, übte dafür akribisch am Klavier und taucht tief in eine Welt zwischen Freude und Gräuel ein, die für immer unvergessen bleibt. Im März kommt das ambitionierte Stück für drei Abende ins Wiener Theater Akzent.

(Bild: Christian A. Pichler)

„Krone“: Frau O’Hara, im März kommen Sie mit dem Programm „Alice - Spiel um dein Leben“ für drei Vorstellungen auf die Bühne des Theater Akzent …
Natalie O‘Hara:
 Ich spiele schon mein Leben lang Theater, aber Wien ist natürlich etwas ganz Besonderes. Vor allem mit diesem Stück. Die Nervosität ist bereits da und wird sich bis zur Premiere wahrscheinlich weiter steigern. (lacht)

Die Geschichte von Alice Herz-Sommer ist ungemein spannend und einzigartig. Wie viel Recherche und Vorbereitungszeit waren nötig?
Ich habe 2004, als ihre Biografie herauskam, das erste Mal von ihr erfahren. Ihre Energie und Begeisterung haben mich sofort inspiriert. Diese uralte Frau, die trotz ihres schweren Schicksals so positiv und sonnig blieb. Sie war auch mit unheimlicher Weisheit gesegnet und setzte sich mit knapp über 100 immer noch vors Klavier. Ich wollte eigentlich eine Lesung mit Klavierbegleitung machen, weil ihre Biografie an die Chopin-Etüden angelehnt ist. Mit dieser Idee ging ich zu einer Freundin von mir, einer Autorin, die daraus ein Ein-Personen-Stück schrieb. Es ist ein szenisches Stück und der Monolog geht nicht ins Publikum, sondern ich springe zwischen den Rollen hin und her. Uns war schnell klar, dass Francois Camus das Stück inszenieren muss. 2019 waren wir gemeinsam in Prag, Theresienstadt und Tel Aviv. Wir haben ihre Alice‘ Familie kennengelernt und versucht, so nahe wie möglich an sie heranzukommen. Die Familie hat das Projekt komplett mitgetragen und nach Kräften unterstützt.

Anfang 2020 hatten wir das Stück fertig und probierten die allererste Szene im Wohnzimmer aus. In zehn Tagen inszenierten wir dann die erste halbe Stunde und haben sie abgefilmt. Die Theater waren im Vorfeld daran interessiert, aber niemand konnte sich vorstellen, dass das Stück von nur einer Person getragen werden kann. Das Programm ist bis auf die Sekunde genau inszeniert. Wir haben uns Übergänge einfallen lassen und überlegt, wie man eine neue Figur auf die Bühne holen kann, wenn schon drei da sind. Die Figuren bekamen über die Zeit immer mehr Facetten und mehr Raum. Die letzte halbe Stunde haben wir im Mai 2022, ein halbes Jahr vor der Premiere, inszeniert. Bei den letzten Proben hatten wir eine achte Schulklasse im Publikum. Es war ein toller Test mit Zusehern.

Muss man sich für ein szenisches Ein-Personen-Stück eine Art künstlerische Schizophrenie draufschaffen?
(lacht) Sehr schön formuliert. Weil es so ein langer Prozess war, fühlt es sich für mich eher wie eine große schauspielerische Choreografie an. Jede Figur braucht für die Dauer des Auftritts meine ganze Liebe und Aufmerksamkeit. Man muss immer sehr im Moment sein. Ich fühle mich nicht schizophren, aber in der allerersten Szene komme ich diesem Gefühl nahe. Wenn Alice Mann Leopold in die Szene einsteigt, denke ich mir immer, dass ich jetzt nicht mehr alleine bin. In den ersten fünf Minuten brauchen die Menschen im Publikum Zeit, um diese Sprünge zu verstehen, aber wenn Leopold kommt, dann sind sie im Stück drinnen und das Zusammenspiel funktioniert. Viele Leute sind öfter gekommen und haben dann wiederum andere Leute mitgenommen. Es übertrifft all meine kühnsten Erwartungen um Leben.

Bedarf dieses Stück viel mehr Energie als alle anderen Rollen, die Sie sonst so spielten?
Es erfordert unfassbar viel Mut. Ich muss mich sehr konzentrieren, was viel Kraft kostet. Beim Klavierteil des Stücks befinde ich mich noch nicht in meiner Komfortzone. Ich habe schon viel Theater gemacht, aber so einen Applaus habe ich noch nie bekommen. Dadurch komme ich aber auch in eine Euphorie, mit der ich mich sehr auf das nächste Mal freue. Nur wenn ich hinter der Bühne warte, dass es wieder losgeht, bin ich doch jedes Mal aufs Neue verunsichert. (lacht)

Sie sind Theater- und Film- bzw. Serienschauspielerin. Sind die Unmittelbarkeit und Direktheit dem Publikum gegenüber das, was Theater für Sie besonders macht?
Natürlich herrscht im Live-Kontext eine eigene Magie. Grundsätzlich macht das Publikum im Theater immer mit. Es ist ein energetischer Prozess, die Leute zu erreichen und mitzunehmen. Ich kann sie direkt spüren. Ich mag die Langprobenzeit am Theater. Man kann die Wahrheit einer Geschichte suchen und verbringt viel Zeit miteinander. Zudem gibt es das chronologische Spiel. Im Film sehe ich immer nur Häppchen, beim Theater setze ich mich in die Achterbahn, fahre alle Loopings und kann mich treiben lassen. Im Film muss man immer wieder neu anknüpfen. Ich bin sehr privilegiert und glücklich, dass ich beides machen darf.

(Bild: Christian A. Pichler)

Die Geschichte von Alice ist eine wunderschöne, die aber in einem sehr tragischen Rahmen stattfindet. Wie nähert man sich einem solchen Thema an, um es dann so locker wie möglich umsetzen zu können?
Das war bereits im Entwicklungsprozess die große und spannende Gratwanderung. Einerseits ist es eine große Verantwortung Herz-Sommer gegenüber, aber sie war so ein positiver, sonniger Mensch, dass man am Ende des Stücks kein so graues Gefühl haben darf wie etwa bei „Schindlers Liste“. Es muss immer ein hoffnungsvolles und lebensbejahendes Element drinnen sein. Wir haben uns sehr bemüht, dass wir nie das große Ganze aus den Augen verlieren, aber es ist auch ein Stück über die Kraft der Musik. Ich wollte erlebbar machen, was die Musik unter diesen Umständen für die Leute bedeutet hat. Alice hat irrsinnig viel gelacht und versuchte, die Zeit im KZ für ihren Sohn möglichst leicht zu gestalten. Er selbst sagt, er hatte eine großartige Kindheit und hat die Zeit von sechs bis acht dort überhaupt nicht schlimm erlebt. Man muss sich Leichtigkeit erhalten, um Alice gerecht zu werden. Vor diesem Drahtseilakt hatte ich große Sorge. Jemanden zu spielen, den es wirklich gab, ist immer eine besondere Verantwortung. Hier sogar doppelt und dreifach.

Fiel Ihnen die Ausarbeitung und Umsetzung des Stückes leichter, weil der gespielte Mensch Sie nicht mehr sehen kann und sich dadurch mehr Freiheiten ergeben?
Ich hätte mir sehr gewünscht, dass sie es gesehen hätte. Teile ihrer Familie und ihre 80-jährige Klavierstudentin waren bei der Premiere in Hamburg und sagten mir danach, dass Alice es geliebt hätte. Das ist das schönste Kompliment, dass man mir geben konnte. Es klingt vielleicht vermessen, aber ich hatte immer das Gefühl, Alice will, dass wir das hier so tun.

Das Stück über Alice kann man sehr gut auf die Gegenwart transferieren, denn Themen wie Grausamkeit, Tod, Genozid und Co. haben von ihrem Schrecken leider nichts verloren.
Absolut. Auch die Resilienz, die sie zeigte. Wie sie mit all dem umging. Sie sagte einmal, dass die Musik sie vor Verbitterung geschützt hätte. Über das ganz Schlimme wollte sie nie sprechen und das haben wir auch nicht im Stück, aber es wird angedeutet. Die Musik hat ihre Seele heiler gehalten, das geht ganz klar aus ihrer Geschichte hervor. Wenn ich in dieser Rolle auch nur einen Menschen dazu animieren kann, sich ans Klavier zu setzen oder ein Instrument zu spielen anzufangen, dann bin ich sehr glücklich. Viele Leute erzählen mir, dass sie diesen Traum haben und es nicht machen. Es ist aber nie zu spät, damit anzufangen. Alice ist das beste Beispiel dafür.

Alice Herz-Sommer hat bis ins höchste Alter noch Klavier gespielt.
Bis 110 - bis zwei Wochen, bevor sie ins Krankenhaus kam und dann verstarb. Mit 109 spielte sie noch auswendig Beethoven und Schubert, das ist unglaublich. sie ist allgemein nicht so bekannt wie in der Musikbranche. Maximal fünf Prozent der Zuschauer haben vorher von ihr gehört und für mich ist es toll, sie den Leuten vorzustellen. Vielleicht kaufen sie dann doch ihr Buch oder schauen mal bei YouTube rein.

Inwieweit hat das Hineinleben in die einzigartige Geschichte von Alice Herz-Sommer Sie selbst und Ihr Denken verändert oder geprägt?
Ich habe jetzt ein ganz anderes Verhältnis zum Klavierspielen und mich sehr stark mit Harmonielehre und Aufführungstechnik befasst. Mein Zugang zur Musik an sich hat sich verändert. Am meisten mitgegeben hat sie mir, für alles dankbar zu sein. Für das Positive wie auch das Negative. Dankbarkeit macht glücklich, sie ist der beste Schlüssel zum Glücklichsein. Während der Corona-Pandemie war das Klavier manchmal auch mein Rettungsanker. Man kann das natürlich nicht mit Alice vergleichen, aber ich habe in dieser Zeit gemerkt, dass ich meine Einstellung zum Leben so verändern kann, dass es immer Sinn macht, dankbar zu sein. Gerade als Deutsche ist es mir wichtig, das Thema weiterzuerzählen, nachdem die Zeitzeugen langsam aussterben. Dass wir die Geschichte von damals noch einmal mahnend erzählen, ist ein Nebeneffekt, nicht aber das Zentrum.

Wenn man sich die politische Landschaft in Österreich und Deutschland so ansieht, wird Geschichtsvergessenheit zu einem zunehmenden Problem. Ist es nicht auch deshalb wichtig, Geschichten wie jene von Alice weiterzutragen?
Das ist mir ein großes Anliegen. Mit 110 war sie zu ihrer Zeit die älteste Holocaust-Überlebende, sie war aber auch schon 40, als sie im Warschauer Ghetto war. Bald sind diese Personen leider alle weg und dann müssen wir neue Wege finden, die Geschichte weiterzuerzählen.

Was war bei der Umsetzung des Stücks für Sie das Herausforderndste?
Das Klavierspielen, denn ich spiele alles auswendig. Ich habe schon als Kind Klavier gespielt und bin auch mal aufgetreten, aber das ist nicht mein „Safe Space“. Ich wollte mein persönliches Niveau so weit hochbringen wie nur möglich. Das Spielen so vieler Rollen benötigt enorm viel Konzentration und Energie. Wenn ich dann in das Klavierspielen gehe, bin ich aber voll bei mir und finde komplette Ruhe. Ich habe das Stück mehr als 25 Mal gespielt und vielleicht kann ich beim 50. Mal sagen, jetzt wird es easy. (lacht) Meine Klavierlehrerin aus der Kindheit hat mir immer gesagt, ich muss und soll am Instrument nicht locker sein, auch wenn ich mir das immer gewünscht habe. Mit zu viel Lockerheit ist man nicht mehr achtsam. Als Schauspieler wird es schwierig, wenn man aufhört, an sich zu zweifeln. Am Klavier habe ich immer Angst davor, ein Blackout zu haben oder nicht mehr zu wissen, wie es weitergeht.

Sie setzen auf der Bühne unterschiedliche Komponisten in Szene. Von Beethoven über Chopin bis zu Bach. Verschiedene Stile, verschiedene Zugänge …
Im Prozess des Klavierspielens habe ich in den letzten vier Jahren gelernt, dass ich alles schwierig finde. Selbst langsame Stücke fordern einen heraus. Ein paar Stücke liegen mir natürlich mehr, andere weniger. Ein Chopin-Prelude ist recht leicht, aber auch dort habe ich mich mal verfangen. Möglicherweise habe ich es auch schon mal zu lässig genommen. Meine Klavierlehrerin hatte wohl recht mit allem, was sie sagte. (lacht)

Ist es naiv zu denken, dass Musik die Welt zu einem besseren Ort machen kann, oder ist da etwas Wahres dran?
Nicht nur die Musik. Auch das Schauspiel hält der Welt den Spiegel vor und erklärt das Menschsein. Es gibt in der Musik eine religiöse Komponente und mich erstaunt es, dass Künstler wie Beethoven, Mozart oder Bach heute noch genauso berühren wie damals. Die Musik ist eine Sprache, die uns sofort über alle Grenzen hinweg im Kern trifft. Keiner kann sich ihr entziehen. Ich glaube auch, dass Musik die Welt besser macht. Vor allem dann, wenn noch mehr Leute selbst musizieren.

(Bild: Christian A. Pichler)

Alice hat einmal gesagt, dass ihr die Musik so wichtig wäre wie essen. Würden Sie das für sich auch auf die Kunst und Kultur im Allgemeinen ummünzen?
Eine schwierige Frage. Ich kann mir kein anderes Leben vorstellen. Wenn ich keine Rolle habe, setze ich mich ans Klavier. Wenn ich mir in den Finger schneide, male ich ein Bild. Die Kunst ist bei mir omnipräsent. Kreativ zu sein, ist für mich mein Lebensinhalt.

Parallel zu diesem Projekt drehen Sie beispielsweise auch beim „Bergdoktor“ weiter. Ist es manchmal schwierig, inhaltlich so extreme Spagate erfassen zu können und gleich zu verarbeiten?
In Österreich und Deutschland interpretiert man einen Wechsel ins ernstere Fach immer als großen Sprung. Das ist ein bisschen ein Spezifikum dieser Gegend, das es international sonst so nicht gibt. Ich bin Schauspielerin, ich kann natürlich alles spielen.

Ich meine damit eher, ob es für Sie in einer Rolle schwierig ist, zwischen seicht und ernst in sehr kurzem Rhythmus zu wechseln?
Ich nehme alles gleich ernst, egal was ich spiele. Beim „Bergdoktor“ spiele ich nebenbei großes Drama. Welcher Hintergrund herrscht, spielt bei meiner Rolle keine Arbeit. Ob Musical, Kino, Drama, Fernsehen oder Holocaustrolle macht keinen Unterschied in meiner Herangehensweise. Deshalb würde ich mir wünschen, dass eine Familienserie mit einem großen Anteil an Eskapismus gar nicht anders bewertet wird wie diese Rolle als Alice - ich stecke überall dieselbe Portion Ernsthaftigkeit und Liebe hinein.

Es ist kein Problem, sich als Schauspielerin in verschiedenen Welten austoben zu können.
Genau. Ich wünschte mir nur, wir wären da mehr wie die Briten oder die Amerikaner, wo Schauspieler alles machen dürfen. Da gibt es nicht so schnell Schubladisierungen zwischen Komödie, Fernsehen und ernstem Theater.

Haben Sie das Gefühl, dass sie durch die medialen Einordnungen in einer sehr ernsten Rolle wie jener der Alice Herz-Sommer von Anfang an einen Nachteil haben?
Ich habe versucht, es zu meinem Vorteil zu drehen, weil ich dadurch vielleicht „Bergdoktor“-Fans ins Theater bringe, die dort sonst nicht hingehen würden. Ich sehe das Ganze aber positiv. Für Intendanten ist es ein Anreiz, mich zu besetzen, weil ich vielleicht zum Ticketkauf animiere. In Hanau spielte ich „Wie ihr wollt“ von Shakespeare und dann kam ein „Bergdoktor“-Fan zu mir und sagte, er hätte nichts verstanden, weil er noch nie Shakespeare sah. Er fand das Stück aber ganz toll. (lacht) Das ist doch schön. Von dort weg kann man sich weiterbewegen und dieselbe Frau kam drei Wochen später nochmal in die Vorstellung und sagte mir, sie hätte jetzt alles verstanden und wolle öfter ins Theater gehen. Ich sehe mich auch gar nicht in Schubladen, das machen die anderen.

Beim „Bergdoktor“ haben Sie seit 16 Jahren eine fixe Rolle, was natürlich auch finanzielle Sicherheit bringt, die im Kulturbereich nicht selbstverständlich ist. Ist es Ihnen deshalb ein noch größeres Anliegen, für andere Rollen wie bei Alice ins kalte Wasser zu springen?
Die Rolle im „Bergdoktor“ alleine würde mich nicht künstlerisch ausfüllen, dafür ist sie zu klein. Das Alice-Projekt kam zu mir. Es war nie geplant, dass es einmal zu einer so großen Sache wird. Die Herausforderung wurde mir vom Universum serviert und ich musste ja sagen.

Ist es der übliche Weg, dass Ihnen Ideen und Projekte zuspringen, die Sie dann mit beiden Händen fassen?
Es ist gut, wenn einem klar ist, was man will. Diese Gedanken schicke ich ins Universum und zwischendurch passiert es, dass mir von dort solche Zeichen gegeben werden. Ob das dann die Funken sind, die sich übertragen, das weiß ich nicht. Gedanken können die Realität aber sicher manifestieren. Ich darf demnächst wieder eine Theaterrolle spielen, von der ich seit 20 Jahren träume.

(Bild: Christian A. Pichler)

Rückt das Theater für Sie nun wieder stärker in den Fokus?
Ich spiele seit 2009 kontinuierlich Theater - jedes Jahr ein bis zwei Stücke. Ich habe auch einiges abgesagt, denn Theater kostet viel Lebenszeit und da müssen die Projekte passen. Es ist ein magischer Raum, in dem magische Dinge passieren. Es wird zwar immer tot gesungen, ist aber nicht totzukriegen, das hat noch nicht einmal Corona geschafft. Ein gemeinschaftliches Live-Erlebnis ist mit nichts zu vergleichen. Man erlebt einen einmaligen Abend, der nicht reproduzierbar ist. Das möchte ich auf keinen Fall missen.

Die finanziellen Unterstützungen für Kulturprojekte sind prekär und scheinen auch bei uns sukzessive zurückzugehen. Macht Ihnen das für Sie und im kreativen Bereich allgemein Sorgen?
Für Alice haben wir zweimal Förderung angefragt und sie wurde uns zweimal abgelehnt. Die Premiere war fixiert und uns fehlten einige Tausend Euro, aber wir gingen „all in“. Mein Mann und ich haben es selbst gestemmt. Mir war das wichtig und dieses Risiko konnte ich auch eingehen. Es sieht gut aus, dass wir das alles rückfinanzieren können. Von monetären Gedanken muss man sich in der Kunst immer freimachen. Geld als Motivation für Schauspielerei oder ein Projekt ist schwierig. Dieses Stück war eine kleine Investition und kein Musical für Millionen. Mich macht das Stück aber umso stolzer, weil wir aus eigener Kraft, aus dem eigenen Wohnzimmer und vom eigenen Konto heraus ein eigenes kleines Theater kreiert haben.

„Wie viel Tirolerin steckt nach 16 Jahren „Bergdoktor“ schon in Ihnen?
(lacht) Ich warte schon auf die Ehrenbürgerschaft. Ich fühlte mich unglaublich wohl, mag den Schmäh, die netten Menschen und natürlich die Küche. Ich liebe auch die Dirndl, auch wenn meine Rolle sie nicht mehr trägt, weil die Produktion das so entschied. Als junge Frau habe ich viel gekellnert, deshalb gefällt mir die Rolle sehr gut. Ich habe über die Jahre eine wirklich enge Freundin aus dem Tal in Tirol gewonnen und wenn wir länger zusammensitzen, muss ich sie immer darum bitten, zwischendurch ein bisschen Hochdeutsch zu sprechen, weil ihr sonst gar nicht mehr folgen kann. (lacht) Was das angeht, bin ich noch nicht sehr tirolerisch.

Live im Theater Akzent
Das Stück „Alice - Spiel um dein Leben“ ist von 14. bis 16. März an drei Abenden im Wiener Theater Akzent zu sehen. Unter www.oeticket.com und www.akzent.at erhalten Sie die Karten und alle weiteren Informationen.

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