Das von der schwarz-roten Tiroler Landesregierung am Mittwoch präsentierte „Fernpass-Paket“, das etwa den Bau von Tunneln sowie die Einhebung einer Maut vorsieht, hat bei der Opposition zu einer Welle an Kritik geführt. Die FPÖ „tobt“ gar aufgrund der fehlenden Mautbefreiung für Außerferner. Die Liste Fritz forderte eine Volksbefragung. LH Anton Mattle (ÖVP) war jedoch schon dabei, das Paket auf Schiene zu bringen und erteilte erste Aufträge.
Der geplante Neubau einer zweiten Tunnelröhre für den Lermooser Tunnel, der Neubau des Fernpasstunnels sowie die Einführung einer Maut zur Benützung der Fernpassstraße sind für die Freiheitlichen „unausgegorene Maßnahmen“, die „weder ökologisch noch ökonomisch“ etwas bringen würden und auch nicht zu einer Verkehrsentlastung beitragen. „Eine echte Lösung durch einen Großtunnel ist damit dann wohl auch gestorben“, ärgerte sich Landesparteiobmann Markus Abwerzger.
„Melkkuh der Landesregierung“
Der Reuttener Bezirksparteiobmann Vinzenz Schedle sieht eine Benachteiligung des Bezirks: „Die Abtrennung von Innsbruck und das Raubrittertum am Fernpass sind ein Schlag ins Gesicht aller Außerferner. Ihre lächerlichen Almosen für den ,Hungerleiderbezirk‘ können sie sich auch sparen. Ehrlicher wäre gewesen, uns einfach an Bayern abzutreten.“
Das Außerfern werde so nur zur „Melkkuh der Landesregierung“: „Man opfert quasi einen ganzen Bezirk, um das Landesbudget aufzufetten“, waren sich die beiden einig.
Liste Fritz fordert Volksbefragung im Außerfern
Liste Fritz-Parteiobfrau und Verkehrssprecherin Andrea Haselwanter-Schneider lobte die Regierung zwar dafür, „Worten auch Taten folgen zu lassen“ - allerdings sah sie noch „viele Fragezeichen.“ Bezirkssprecher Josef Lutz fragte etwa nach den Verkehrsuntersuchungen zum Fernpasstunnel - die alle „in der Schublade verschwunden“ seien. Für ihn bestehe außerdem „die große Gefahr, dass durch den Bau dieses Tunnels auch die 7,5 Tonnen-Beschränkung für Lkw fällt.“ Die Bemautung würde zudem an den Mautstellen „nur weitere Staus“ produzieren: „Die Mautstelle in Schönberg lässt grüßen!“
Für uns ist klar, kein Fernpass-Gesamtpaket ohne Volksbefragung und ohne die Zustimmung der Bevölkerung.
Andrea Haselwanter-Schneider
Bild: Christof Birbaumer / Kronenzeitung
Haselwanter-Schneider bemängelte, dass „wenig bis gar nichts“ zum Öffi-Ausbau gesagt worden war. „Zwar versprach der zuständige Verkehrslandesrat René Zumtobel (SPÖ) einen Ausbau des Schienenverkehrs bis 2040“, dies sei aber „nicht mehr als nur ein Lippenbekenntnis.“ Die Bevölkerung im Bezirk Reutte müsse in die Entscheidung eingebunden werden, forderten beide eine Volksbefragung zum rund 500 Millionen Euro schweren Paket.
Grüne Wut über „Stau-Schweigegeld“
Kritik am geschnürten Paket kam indes erneut von den oppositionellen Grünen. „Am Fernpass kommen noch mehr Stau, Tunnels und Maut und die Außerfernerinnen und Außerferner sollen dafür mit 150 Euro Schweigegeld abgespeist werden“, ließ Grünen-Landessprecher und Klubobmann Gebi Mair wissen.
Die Grünen würden „Nein“ sagen „zu dieser Maut und zur neuen Transitstrecke“, solange es keinen Bahntunnel gebe. Die Bevölkerung in der Region solle „immer mehr Stau, Lärm und Dreck schlucken und dafür dann auch noch zahlen“, ging Mair mit der Landesregierung hart ins Gericht. Bezirkssprecherin Margit Dablander bezeichnete die Stimmung im Bezirk als „wütend“, zumal die Bevölkerung keinen Fernpasstunnel wolle, meinte sie und verwies auf eine Mobilitätsbefragung.
Die Außerfernerinnen und Außerferner erwarten sich zurecht, dass wir vom Reden ins Tun kommen und sich am Fernpass endlich etwas tut.
LH Anton Mattle (ÖVP)
Bild: Christof Birbaumer
Landesregierung drückt aufs Gas
Landeshauptmann Mattle zeigte sich am Donnerstag unterdessen voller Tatendrang: „Die Außerfernerinnen und Außerferner erwarten sich zurecht, dass wir vom Reden ins Tun kommen und sich am Fernpass endlich etwas tut. Deshalb habe ich heute die zuständigen Abteilungen und Regierungsmitglieder bereits mit der konsequenten Umsetzung des Fernpass-Pakets beauftragt.“
Zudem seien die Planungsleistungen für den Lermooser Tunnel bereits EU-weit ausgeschrieben worden. Bereits in den nächsten Tagen werden die Unterlagen für das Bauprojekt Fernpasstunnel zur Erreichung der straßenbaurechtlichen Bewilligung eingereicht, hieß es von Straßenbaureferent LHStv. Josef Geisler (ÖVP). Damit erfolge der Start der Behördenverfahren. Ein UVP-Verfahren sei bei beiden Tunnelprojekten nicht notwendig.
Gesetzliche Grundlagen im März-Landtag?
Bereits Anfang Jänner sei von der Landesregierung die Novelle des Tiroler Straßengesetzes in Begutachtung geschickt worden, um die Anforderungen der EU-Wegekostenrichtlinie in nationales Recht umzusetzen. Am Donnerstag sei die gesetzliche Grundlage für die Gründung einer Maut- und Erhaltungsgesellschaft im Außerfern ebenfalls in Begutachtung geschickt worden. Eine Bemautung erfolge aber erst mit Inbetriebnahme des Fernpasstunnels im Jahr 2028.
Beide Gesetzesmaterien werden dem Tiroler Landtag im März zur Abstimmung vorgelegt, kündigten die Politiker an und Geisler verwies erneut darauf, dass die EU-Wegekostenrichtlinie generelle Mautausnahmen verbieten würde. „Tirol wird sich deshalb aktiv in die Überarbeitung der EU-Wegekostenrichtlinie im Jahr 2026 einbringen“, kündigte er an.
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