Stärke 5,8
Mindestens 17 Tote bei neuem Beben in Italien
Der erste Erdstoß der Stärke 5,8 erschütterte am Dienstag in den Morgenstunden die Region, in der erst vor neun Tagen mehrere Menschen bei einem heftigen Beben getötet und schwere Schäden angerichtet worden waren. Gegen 13 Uhr kam es dann zu einer Reihe von Nachbeben der Stärke von über 5 auf der Richterskala, was die Bevölkerung noch zusätzlich in Panik versetzte.
Sechs Todesopfer wurden bereits am Dienstag in der Ortschaft Medolla nahe Modena gemeldet, am Mittwoch wurde zudem ein weiterer Vermisster tot aus den Trümmern einer Fabrik geborgen. Weitere drei Tote gab es in San Felice sul Panaro, ebenso drei im Dorf Mirandola. Dort waren mehrere Arbeiter in einem Lagerhaus verschüttet worden. Zu den Opfern zählen auch ein Pakistaner und ein Marokkaner, die in der betroffenen Gegend arbeiteten. Weitere Todesopfer gab es in der Gemeinden Concordia und Finale, in Rovereto di Novi starb der Dorfpriester.
8.000 Menschen obdachlos
Rund 200 Menschen wurden laut einer vorläufigen Bilanz verletzt, knapp 8.000 Menschen sind zudem infolge des neuen Erdbebens obdachlos. Die Zahl könnte nach Einschätzung der Polizei weiter steigen, da zahlreiche Menschen unter den Trümmern von Wohn- und Geschäftshäusern eingeschlossen wurden.
In Dutzenden Gemeinden rund um das Epizentrum wurden riesige Sachschäden gemeldet. Ein Teil des Doms der Stadt Carpi nahe Modena stürzte wegen des Erdbebens ein. Soldaten wurden eingesetzt, um die Straßen von den Trümmern zu räumen. Der Sportwagenproduzent Ferrari in Maranello unweit von Modena schloss seine Produktionswerke.
"Unermesslicher Schaden" an historischen Bauten
Die Schäden an Monumenten und Gebäuden mit historischer Bedeutung seien unermesslich, sagten Experten des Kulturministeriums in Rom. Das Erdbeben hatte aber auch für historische Gebäude außerhalb der Emilia-Romagna Folgen: In Padua etwa fielen einige Fragmente der Basilika des Heiligen Anton herab, während sich mehrere Gläubige darin aufhielten.
Das neuerliche Erdbeben hatte auch Auswirkungen auf die Bahn: Aus Sicherheitsgründen wurde der Zugverkehr in Bologna gestoppt. Das Beben war auch in Venedig, Mailand und Florenz zu spüren. Hier mussten mehrere Gebäude aus Sicherheitsgründen evakuiert werden.
Bis nach Kärnten und Tirol zu spüren
Die Erdstöße waren am Dienstag im gesamten Norden Italiens von Südtirol über Mailand bis in die Toskana und Ligurien zu spüren. Das heftigste der Beben wurde auch in Kärnten deutlich registriert. Seismologe Anton Vogelmann sprach von über 1.000 gemeldeten Wahrnehmungen aus der Bevölkerung. Die Betroffenen berichteten von Gläserklirren, rüttelnden Türen und wankenden Hochhäusern. Schäden gibt es laut Vogelmann nicht. Noch zwei Monate sei mit Nachbeben im Raum Bologna zu rechnen, die ab einer Magnitude von fünf in Kärnten wahrgenommen würden.
Auch im Raum Innsbruck wurden die Erdstöße registriert. Besonders die Bewohner in der Inntalfurche und zum Teil im Wipptal hätten sich bei der Landeswarnzentrale Tirol gemeldet und die Wahrnehmung des Bebens angezeigt, erklärte ein Sprecher. Schäden seien aber nicht gemeldet worden. Rund 15 Sekunden lang bebte zudem die Erde in Südtirol. Dort wurden in Meran, Neumarkt und Salurn sogar drei Schulen evakuiert, teilte die Landesregierung mit. "Glücklicherweise sind aber im ganzen Land keine Menschen zu Schaden gekommen", sagte Hanspeter Staffler, Direktor des Südtiroler Landeszivilschutzes.
Am Montag Trauertag in ganz Italien
Italiens Premier Mario Monti zeigte sich bestürzt. "Der Staat wird alles in seiner Macht Stehende unternehmen, um den Bürgern in dieser schwierigen Situation beizustehen", betonte er. Präsident Giorgio Napolitano appellierte an die Bevölkerung, nicht zu verzweifeln. Die Regierung Monti erklärte den kommenden Montag zum Nationaltrauertag.
Auch den Fußball erreichte das Beben. Wegen der Erdstöße sagte der italienische Verband das für Dienstagabend geplante EM-Testspiel gegen Luxemburg in Parma ab. Nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA traf der Verband die Entscheidung in Absprache mit der Stadt, der Provinzregierung und der örtlichen Polizei.
Experten kritisieren mangelnde Vorsorge
In Italien bebt seit Tagen immer wieder die Erde. Das Beben vom 20. Mai hatte schwere Schäden an historischen Bauten und Kirchen angerichtet und Wohnhäuser und Fabriken zerstört. 14.000 Menschen wurden insgesamt in der betroffenen Region obdachlos.
Italienische Geologen kritisieren mangelnde Vorsorge vor schweren Erdbeben. Fast drei Millionen Menschen leben in Gebieten mit einem hohen Erdbeben-Risiko, 21 Millionen in Gebieten mit einem erhöhten Erdbeben-Risiko. In Italien gebe es "keine Kultur der Prävention", so der Vorwurf die Geologen. 725 Gemeinden in Italien sind von der Erdbebengefahr schwer bedroht, ein erhöhtes Erdbeben-Risiko bestehe in 2.344 Gemeinden, vor allem in Mittel- und Süditalien. Auf seismischen Gebieten befinden sich demnach zwölf Millionen Privatwohnungen und sechs Millionen öffentliche Gebäude.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.