Ehrgeizige Ziele hat Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bis 2030 für Österreich und auch sich selbst gesteckt. In seinem umfassenden „Österreichplan“ will er sie am Freitag endgültig präsentieren. Vieles aus dem rund 80 Seiten umfassenden Programm ist bereits bekannt, ins Auge sticht ein neuer Vollzeitbonus und ein überraschender Griff in die Mottenkiste.
Die Entlastung jener, die arbeiten und etwas leisten, hat sich der ÖVP-Chef etwa auf die Fahnen geschrieben. Im Rahmen einer Reform des Steuersystems bis 2030 soll dafür - wie berichtet - der Eingangssteuersatz auf Einkommen von 20 auf 15 Prozent gesenkt werden. Dadurch soll ein Unterschied zwischen jenen, die arbeiten gehen, und jenen, die nicht erwerbstätig sind, gewährleistet werden.
1000 Euro Vollzeitbonus
Einen deutlichen Unterschied soll es auch zwischen Vollzeit- und der, von der ÖVP wenig goutierten, Teilzeitarbeit geben. Um sicherzustellen, dass durch den niedrigen Eingangssteuersatz nicht plötzlich Teilzeitangestellte mehr verdienen als solche mit Vollzeitjobs, sieht Nehammers „Österreichplan“ die Einführung eines jährlichen steuerlichen Vollzeitbonus in Höhe von 1000 Euro vor. Dabei sollen auch „notwendige familiäre Betreuungspflichten“ berücksichtigt werden, heißt es im Programm, das in Wels vorgestellt wird.
Viel Raum nimmt darin auch der Dauerbrenner-Themenkomplex Migration, Integration und Asyl ein, der im Superwahljahr 2024 sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene eine große Rolle spielen wird. Unter dem Motto „Land der österreichischen Identität“ sind dabei einige bereits bekannte Forderungen aufgeführt. Etwa, dass es zukünftig statt Geld- ausschließlich Sachleistungen für Migranten geben soll.
„Integration heißt Anpassung“
Neu im Wortschatz der ÖVP ist der Slogan „Integration heißt Anpassung“, unter dem eine österreichische Leitkultur gefordert wird, die sicherstellen soll, „dass Symbole und Verhaltensweisen, die unseren Grundwerten entgegenstehen, rechtlich differenziert behandelt werden können“. Wer meint, das Wording komme ihm doch bekannt vor, liegt richtig: Die Wiener FPÖ setzte im Wahlkampf 2010 in ihrem Programm auf den Spruch „Integration heißt Anpassung“. Auch davor fand er in Aussendungen der Freiheitlichen Gebrauch.
Dass jetzt Karl Nehammer die Devise übernimmt, zeigt, dass die ÖVP immer weiter nach rechts gedriftet ist. In einem Antrittsinterview mit der „Kleinen Zeitung“ als junger Integrationsstaatssekretär 2011 hatte Sebastian Kurz auf die Frage, ob Integration nicht auch Anpassung bedeute, noch geantwortet: „Integration heißt, die eigenen Wurzeln nicht vergessen.“ Auch ein Fan des Wortes „Leitkultur“ war der damals nicht.
Milliarden für Infrastruktur und neues Nationalstadion
Viele der nun im „Österreichplan“ enthaltenen Forderungen hat Nehammer bereits im März vergangenen Jahres aufgestellt. Damals sprach er sich gegen das Aus für Verbrennungsmotoren aus und pries „grüne Verbrenner“, die mit E-Fuels laufen, als Zukunft. Dafür will er jetzt bis zum Jahr 2030 eine Milliarde Euro an Investitionen lockermachen. Bis zum Jahr 2040 soll es seinen Vorstellungen nach zudem ein Straßenbauprogramm im Volumen von 20 Milliarden Euro geben. Auch im Sport will Nehammer neue Infrastruktur schaffen: Er fordert den Bau eines neuen Nationalstadions anstelle des baufälligen Wiener Ernst-Happel-Stadions.
Im Gesundheitsbereich will Nehammer zu den aktuell 100 bis 2030 noch weitere 700 zusätzliche Kassenarztstellen ausschreiben, außerdem soll - nach Vorbild der Bundesheer-Stellung - eine Jugendlichenuntersuchung eingeführt werden. In der Kategorie Identitätspolitik findet sich das Ansinnen, beim Gendern Sonderzeichen und an Schulen und Hochschulen ein Einfließen geschlechtergerechter Sprache in die Benotung zu verbieten.
Eigentumsquote soll steigen
Familien werden in dem Papier zum „Schlüssel zur Vermittlung unserer Werte und unserer Lebenskultur“. Für sie sind etwa Erleichterungen am Weg zum Eigenheim vorgesehen, die Eigentumsquote soll von 48 Prozent auf 60 steigen. Um die Kinderbetreuung zu verbessern, soll nicht nur das Kindergarten-Angebot ausgebaut, sondern auch ein neues Modell einer „Großelternkarenz“ geschaffen werden.
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