Mama erzählt

Schwerhörige Kinder warten Monate auf Ohren-OP

Oberösterreich
26.01.2024 08:00

Durch sogenannte Paukenergüsse - Sekret, das sich im Mittelohr ansammelt - werden Kinder mitten in ihrer Sprachentwicklung schwerhörig. Der nötige Eingriff, um die Flüssigkeit abzusaugen, dauert nur wenige Minuten, aber Termine sind schwierig zu bekommen. Eine betroffene Mama erzählt.

Zum ersten Mal aufgefallen ist es ihr beim Tennistraining ihres Sohnes (7): „Der Trainer hat dreimal gesagt, dass die Kinder die Bälle einsammeln sollen, aber mein Sohn hat nicht gehört. Dann wurde er zusammengeschrien und hat zu weinen angefangen.“ Zuhause habe die Mutter, die anonym bleiben möchte, dann gemerkt: Ihr siebenjähriger Bub ist schwerhörig.

„Ich habe in der Schule angerufen und gebeten, dass die Lehrerin lauter spricht, weil mein Sohn daheim teilweise nicht mehr gewusst hat, welche Hausübungen er in der Schule bekommen hat. Er hat es einfach nicht verstanden“, so die Mutter. Mittlerweile weiß sie, woran ihr Kind leidet: an einem Paukenerguss.

„Wie wenn man sich die Ohren zuhält“
Darunter versteht man Flüssigkeit, die sich im Mittelohr ansammelt und eine Hörstörung verursacht. „Wie wenn man Ohropax drinnen hat oder sich die Ohren zuhalten würde“, erklärt Georg Langmayr, Fachgruppenvertreter der HNO-Ärzte in OÖ.

Paukenerguss

Unter Paukenergüssen versteht man ein Sekret, das sich im Mittelohr sammelt und das Hörvermögen vermindert. Sie werden durch Erkältungen oder Mittelohrentzündungen ausgelöst. Heilen sie nicht von alleine ab, kann die Flüssigkeit mit einer kleinen Operation abgesaugt werden.

OP dauert wenige Minuten
Das Problem, das durch Infekte wie einen Schnupfen ausgelöst wird, wäre an sich rasch behoben: Die OP, um die Flüssigkeit loszuwerden, dauert nur zehn bis 15 Minuten. Aber: Bis die Kinder drankommen, vergehen oft Monate. „Wir haben in zwei Monaten einen Termin zur Voruntersuchung und bis zum Eingriff vergehen bis zu neun weitere Monate“, erzählt die Mutter des Siebenjährigen. Auch HNO-Arzt Langmayr kennt die Problematik: „Wenn ich einer Mutter mit Kind eine Überweisung mitgebe, haben sie eine Wartezeit bis zu einem Jahr. Das ist für die Sprachentwicklung inakzeptabel. Bis zum vierten Lebensjahr ist jeder Tag wichtig, an dem das Kind gut hört.“

Wartezeiten variieren je nach Spital
In Oberösterreich bieten die Paukenguss-Operation sieben Spitäler an. Die Wartezeiten betragen laut ihrer Auskunft auf „Krone“-Anfrage zwar kein Jahr, aber mitunter viele Monate. Im Linzer Uniklinikum sowie in Steyr müssen sich die kleinen Patienten bis zu neun Monate gedulden. Im Krankenhaus Braunau sind es knappe fünf Monate, in Ried und bei den Barmherzigen Schwestern Linz 18 bis 20 Wochen, im Salzkammergut-Klinikum zehn bis zwölf Wochen, im Klinikum Wels-Grieskirchen sechs bis acht Wochen. Akute Fälle werden aber sofort erledigt, heißt es aus den Spitälern.

Zitat Icon

Verzögerte Eingriffe sind für die Sprachentwicklung inakzeptabel. Bis zum vierten Lebensjahr ist jeder Tag wichtig, an dem das Kind gut hört.

Georg Langmayr, Fachgruppenvertreter HNO-Ärzte in OÖ

Als Grund für die ansonsten längeren Wartezeiten nennen die Krankenhäuser die angespannte Personalsituation. Und: Infolge der Corona-Pandemie gibt es mehr Infekte und daher derzeit auch mehr Paukenergüsse.

Logopädisches Screening
Auffallen kann die Erkrankung zum Beispiel beim „logopädischen Screening“ in Kindergärten, das Jugendlandesrat Michael Lindner (SPÖ) verantwortet. „Wenn Auffälligkeiten aber, wie bei einem Paukenerguss, durch einen Routineeingriff behoben werden könnten, können monatelange Wartezeiten weitreichende Folgen für die weitere Entwicklung eines Kindes haben“, warnt Lindner.

Kommentar
Reden wir über die, die nicht hören

Kinder, erzählt mir ein HNO-Arzt, können ihre Schwerhörigkeit gut kompensieren, etwa durch Lippenlesen, und verraten ihr Leiden nur selten. Viele Eltern, die darüber klagen, dass ihr Schützling plötzlich nicht mehr folgt, seien dann ganz überrascht, wenn sie erfahren: Ihr Kind kann sie nicht hören.

(Bild: Krone KREATIV, Harald Dostal)

Dieses Gefühl, nicht verstehen zu können und nicht verstanden zu werden, muss furchtbar sein für betroffene Kinder. Und für die Eltern. Neben den langen OP-Wartezeiten gibt es daher offensichtlich noch eine weitere Herausforderung: Die Erkrankung muss bekannter werden. Damit Eltern wissen, was los ist.

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