Ein Klassiker der Popmusik feiert heuer seinen 50er mit einer Neuauflage: „Band On The Run“ von Paul McCartney & The Wings. Die Entstehung von McCartneys fünftem Album nach Trennung der Beatles ist längst zum Mythos geworden: Zwei wichtige Mitglieder der Wings verabschiedeten sich noch vor den Aufnahmen in Nigeria, wo die restliche Gruppe auf ein halb fertiges Studio stieß und auf der Straße überfallen wurde. Darüber hinaus musste der Ex-Beatle in Spitalsbehandlung.
1973 hatte McCartney mit The Wings das Album „Red Rose Speedway“ herausgebracht, ein Verkaufserfolg, aber kein Liebling der Kritiker. Innerhalb der Gruppe kam es in den Folgemonaten zu Spannungen, Drummer Denny Seiwall und Gitarrist Henry McCullough fühlten sich unterbezahlt und zu wenig in den kreativen Prozess einbezogen. McCartney wollte das nächste Album außerhalb Großbritanniens einspielen und entschied sich für Lagos, wo EMI ein Studio besaß. Kurz vor dem Abflug stiegen Seiwall und McCullough - bisher integraler Bestandteil der Wings - aus.
Spezielle Erfahrungen
Aber Paul McCartney wollte es wissen und bestieg mit Ehefrau Linda sowie mit dem verbliebenen zweiten Wings-Gitarristen Denny Laine ein Flugzeug nach Afrika. In Nigeria stieß man auf ein Studio, das alles andere als den erforderlichen Bedingungen entsprach: Es war spartanisch eingerichtet, nicht fertig und besaß veraltete und teils nicht funktionierende Technik. Damit nicht genug: „Wir erwischten das Ende der Regenzeit und es gab ständig tropische Stürme“, erzählte McCartney im Rückblick.
Der nigerianische Musiker Fela Kuti, Begründer des Afrobeats und politischer Aktivist, zeigte sich wenig begeistert vom Besuch der Wings in seiner Heimat und wetterte im Radio gegen die europäischen Musiker: Er warf ihnen - letztlich unbegründet - vor, sie würden sich nigerianische Kultur und Musik aneignen. Auch deshalb war nur Remi Kabaka als einziger nigerianischer Musiker an den Aufnahmen beteiligt - allerdings lebte dieser längst in London, wo er Percussions für den Album-Track „Bluebird“ einspielte.
Plötzlich Panik
Eines Nachts wurden Paul und Linda in Nigeria überfallen, den Räubern fielen auch sämtliche Demos und Song-Notizen in die Hände. Und dann schnappte McCartney während der Arbeit an Overdubs plötzlich nach Luft - eine befürchtete Herzattacke entpuppte sich im Spital als Erschöpfung bzw. Panikattacke, angeblich auch herbeigeführt durch exzessives Rauchen. „Ich dachte, er ist tot“, zitiert Philip Norman in seiner Paul-McCartney-Biografie Ehefrau Linda.
Sechs Wochen arbeiteten schließlich die zum Trio geschrumpften Wings in Nigeria. Ein Song, „Picassos Last Word‘s (Drink To Me)“ wurde auf Einladung von Drummer Ginger Baker (Cream) in dessen ARC Studio in Ikeja (Hauptstadt des Bundesstaates Lagos) aufgenommen - Baker steuerte Percussions bei. Fertiggestellt wurde das Album, das den passenden Titel „Band On The Run“ und ein ikonisches Coverartwork bekam (das die Musiker sowie Gäste wie Christopher Lee als Ausbrecher auf der Flucht zeigt), in London. Die Kritiker waren begeistert, bezeichneten die LP als „kreativen Triumph“.
Wundervolle Neuauflage
Der Titelsong sowie das ebenfalls als Single ausgekoppelte Lied „Jet“ wurden schnell zu Hits. Das Album selbst verkaufte sich zunächst langsam, entwickelte sich dann aber zu einem Top-Seller und gilt heute als Meisterwerk. In den vergangenen 50 Jahren gab es bereits Neuauflagen mit Bonustracks. Anfang Februar kommt nun bei Universal eine Vinyl-Version im Half Speed Mastering heraus, das optimalen Sound bietet. Zeitgleich erscheint eine Doppel-LP mit zusätzlich einem „Underdubbed“-Mix des kompletten Albums. Das britische Musikmagazin „Uncut“ gab den reduzierten Arrangements zehn von zehn Punkten.
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